Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
Doch, steht sie wirklich fest? sie dreht sich auch bestimmt
Um einen Mittelpunkt, den man nur wahr nicht nimmt.
Und so, was die Vernunft sich mühet zu vernehmen,
Hat richtig dein Gefühl erkannt im Schein und Schemen.

10.
Wie du verschieden hast den Gott in dir empfunden,
Verschieden findest du ihn auch in Schrifturkunden.
Ist er in dir darum dir wen'ger offenbar,
Die Offenbarung dort deswegen minder wahr?
Er zeigt dir dieses bald, bald jenes Angesicht,
Doch immer ist es klar und schön und hold und licht.
Die Urkund' ist von ihm in Herz und Buch gesenkt,
Wie goldner Lebenswein in buntes Glas geschenkt.
Als flüssigen Smaragd, als thauenden Rubin,
Als schmelzenden Sapphir, doch immer trinkst du ihn.

Doch, ſteht ſie wirklich feſt? ſie dreht ſich auch beſtimmt
Um einen Mittelpunkt, den man nur wahr nicht nimmt.
Und ſo, was die Vernunft ſich muͤhet zu vernehmen,
Hat richtig dein Gefuͤhl erkannt im Schein und Schemen.

10.
Wie du verſchieden haſt den Gott in dir empfunden,
Verſchieden findeſt du ihn auch in Schrifturkunden.
Iſt er in dir darum dir wen'ger offenbar,
Die Offenbarung dort deswegen minder wahr?
Er zeigt dir dieſes bald, bald jenes Angeſicht,
Doch immer iſt es klar und ſchoͤn und hold und licht.
Die Urkund' iſt von ihm in Herz und Buch geſenkt,
Wie goldner Lebenswein in buntes Glas geſchenkt.
Als fluͤſſigen Smaragd, als thauenden Rubin,
Als ſchmelzenden Sapphir, doch immer trinkſt du ihn.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0019" n="9"/>
            <lg n="3">
              <l>Doch, &#x017F;teht &#x017F;ie wirklich fe&#x017F;t? &#x017F;ie dreht &#x017F;ich auch be&#x017F;timmt</l><lb/>
              <l>Um einen Mittelpunkt, den man nur wahr nicht nimmt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Und &#x017F;o, was die Vernunft &#x017F;ich mu&#x0364;het zu vernehmen,</l><lb/>
              <l>Hat richtig dein Gefu&#x0364;hl erkannt im Schein und Schemen.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>10.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Wie du ver&#x017F;chieden ha&#x017F;t den Gott in dir empfunden,</l><lb/>
              <l>Ver&#x017F;chieden finde&#x017F;t du ihn auch in Schrifturkunden.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>I&#x017F;t er in dir darum dir wen'ger offenbar,</l><lb/>
              <l>Die Offenbarung dort deswegen minder wahr?</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Er zeigt dir die&#x017F;es bald, bald jenes Ange&#x017F;icht,</l><lb/>
              <l>Doch immer i&#x017F;t es klar und &#x017F;cho&#x0364;n und hold und licht.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Die Urkund' i&#x017F;t von ihm in Herz und Buch ge&#x017F;enkt,</l><lb/>
              <l>Wie goldner Lebenswein in buntes Glas ge&#x017F;chenkt.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Als flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen Smaragd, als thauenden Rubin,</l><lb/>
              <l>Als &#x017F;chmelzenden Sapphir, doch immer trink&#x017F;t du ihn.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[9/0019] Doch, ſteht ſie wirklich feſt? ſie dreht ſich auch beſtimmt Um einen Mittelpunkt, den man nur wahr nicht nimmt. Und ſo, was die Vernunft ſich muͤhet zu vernehmen, Hat richtig dein Gefuͤhl erkannt im Schein und Schemen. 10. Wie du verſchieden haſt den Gott in dir empfunden, Verſchieden findeſt du ihn auch in Schrifturkunden. Iſt er in dir darum dir wen'ger offenbar, Die Offenbarung dort deswegen minder wahr? Er zeigt dir dieſes bald, bald jenes Angeſicht, Doch immer iſt es klar und ſchoͤn und hold und licht. Die Urkund' iſt von ihm in Herz und Buch geſenkt, Wie goldner Lebenswein in buntes Glas geſchenkt. Als fluͤſſigen Smaragd, als thauenden Rubin, Als ſchmelzenden Sapphir, doch immer trinkſt du ihn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/19
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/19>, abgerufen am 20.04.2024.