Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
77.
Einst sprach ein frommer Mann, der stets im Geiste lebte,
Der in der Nacht bald rang und bald im Lichte schwebte:
Herr, wenn dir immer so, wie mir zuweilen, ist,
Wenn in dir selber du so süß als in mir bist;
So führest du ein alzuwonnigliches Leben.
Darauf hat Gott in ihm die Antwort ihm gegeben:
Wärst du im Kampfe nicht, du schmecktest nicht den Frieden,
Noch Süßes, wäre nicht auch Bittres dir beschieden.
Ich bin die Seligkeit, und fühlte selbst in mir
Die Seligwerdung nicht, fühlt' ich sie nicht in dir.

77.
Einſt ſprach ein frommer Mann, der ſtets im Geiſte lebte,
Der in der Nacht bald rang und bald im Lichte ſchwebte:
Herr, wenn dir immer ſo, wie mir zuweilen, iſt,
Wenn in dir ſelber du ſo ſuͤß als in mir biſt;
So fuͤhreſt du ein alzuwonnigliches Leben.
Darauf hat Gott in ihm die Antwort ihm gegeben:
Waͤrſt du im Kampfe nicht, du ſchmeckteſt nicht den Frieden,
Noch Suͤßes, waͤre nicht auch Bittres dir beſchieden.
Ich bin die Seligkeit, und fuͤhlte ſelbſt in mir
Die Seligwerdung nicht, fuͤhlt' ich ſie nicht in dir.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0185" n="175"/>
        <div n="2">
          <head>77.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Ein&#x017F;t &#x017F;prach ein frommer Mann, der &#x017F;tets im Gei&#x017F;te lebte,</l><lb/>
              <l>Der in der Nacht bald rang und bald im Lichte &#x017F;chwebte:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Herr, wenn dir immer &#x017F;o, wie mir zuweilen, i&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Wenn in dir &#x017F;elber du &#x017F;o &#x017F;u&#x0364;ß als in mir bi&#x017F;t;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>So fu&#x0364;hre&#x017F;t du ein alzuwonnigliches Leben.</l><lb/>
              <l>Darauf hat Gott in ihm die Antwort ihm gegeben:</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Wa&#x0364;r&#x017F;t du im Kampfe nicht, du &#x017F;chmeckte&#x017F;t nicht den Frieden,</l><lb/>
              <l>Noch Su&#x0364;ßes, wa&#x0364;re nicht auch Bittres dir be&#x017F;chieden.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Ich bin die Seligkeit, und fu&#x0364;hlte &#x017F;elb&#x017F;t in mir</l><lb/>
              <l>Die Seligwerdung nicht, fu&#x0364;hlt' ich &#x017F;ie nicht in dir.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0185] 77. Einſt ſprach ein frommer Mann, der ſtets im Geiſte lebte, Der in der Nacht bald rang und bald im Lichte ſchwebte: Herr, wenn dir immer ſo, wie mir zuweilen, iſt, Wenn in dir ſelber du ſo ſuͤß als in mir biſt; So fuͤhreſt du ein alzuwonnigliches Leben. Darauf hat Gott in ihm die Antwort ihm gegeben: Waͤrſt du im Kampfe nicht, du ſchmeckteſt nicht den Frieden, Noch Suͤßes, waͤre nicht auch Bittres dir beſchieden. Ich bin die Seligkeit, und fuͤhlte ſelbſt in mir Die Seligwerdung nicht, fuͤhlt' ich ſie nicht in dir.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/185
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/185>, abgerufen am 28.03.2024.