Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
53.
Solange du nur denkst, ohn' es in dir zu fühlen,
Wird ein Gedanke nur den andern weiter spülen.
Nicht wahr ist was du denkst, nur was du fühlst ist wahr;
Durchs Denken machst du dir nur das Gefühlte klar.
Was du Gefühltes denkst, das wirst du auch behalten,
Und im Gedächtnis wird dirs ewig nicht veralten.
Das seinen Namen zwar vom Denken hat empfangen,
Doch nur Gefühltes bleibt im Angedenken hangen.

54.
Weil du der ganzen Welt nicht kannst als Herrscher walten,
Gib ganz sie auf! schlimm ist von ihr ein Theil behalten.
Im Tode mußt du es, thu's, weil du kannst, im Leben;
Gib auf die falsche Welt, eh sie dich auf wird geben.
Statt der Demüthigung gezwungener Entsagung
Sei dein das Hochgefühl freiwilliger Entschlagung.

53.
Solange du nur denkſt, ohn' es in dir zu fuͤhlen,
Wird ein Gedanke nur den andern weiter ſpuͤlen.
Nicht wahr iſt was du denkſt, nur was du fuͤhlſt iſt wahr;
Durchs Denken machſt du dir nur das Gefuͤhlte klar.
Was du Gefuͤhltes denkſt, das wirſt du auch behalten,
Und im Gedaͤchtnis wird dirs ewig nicht veralten.
Das ſeinen Namen zwar vom Denken hat empfangen,
Doch nur Gefuͤhltes bleibt im Angedenken hangen.

54.
Weil du der ganzen Welt nicht kannſt als Herrſcher walten,
Gib ganz ſie auf! ſchlimm iſt von ihr ein Theil behalten.
Im Tode mußt du es, thu's, weil du kannſt, im Leben;
Gib auf die falſche Welt, eh ſie dich auf wird geben.
Statt der Demuͤthigung gezwungener Entſagung
Sei dein das Hochgefuͤhl freiwilliger Entſchlagung.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0165" n="155"/>
        <div n="2">
          <head>53.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Solange du nur denk&#x017F;t, ohn' es in dir zu fu&#x0364;hlen,</l><lb/>
              <l>Wird ein Gedanke nur den andern weiter &#x017F;pu&#x0364;len.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Nicht wahr i&#x017F;t was du denk&#x017F;t, nur was du fu&#x0364;hl&#x017F;t i&#x017F;t wahr;</l><lb/>
              <l>Durchs Denken mach&#x017F;t du dir nur das Gefu&#x0364;hlte klar.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Was du Gefu&#x0364;hltes denk&#x017F;t, das wir&#x017F;t du auch behalten,</l><lb/>
              <l>Und im Geda&#x0364;chtnis wird dirs ewig nicht veralten.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Das &#x017F;einen Namen zwar vom Denken hat empfangen,</l><lb/>
              <l>Doch nur Gefu&#x0364;hltes bleibt im Angedenken hangen.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head>54.</head><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Weil du der ganzen Welt nicht kann&#x017F;t als Herr&#x017F;cher walten,</l><lb/>
              <l>Gib ganz &#x017F;ie auf! &#x017F;chlimm i&#x017F;t von ihr ein Theil behalten.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Im Tode mußt du es, thu's, weil du kann&#x017F;t, im Leben;</l><lb/>
              <l>Gib auf die fal&#x017F;che Welt, eh &#x017F;ie dich auf wird geben.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Statt der Demu&#x0364;thigung gezwungener Ent&#x017F;agung</l><lb/>
              <l>Sei dein das Hochgefu&#x0364;hl freiwilliger Ent&#x017F;chlagung.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[155/0165] 53. Solange du nur denkſt, ohn' es in dir zu fuͤhlen, Wird ein Gedanke nur den andern weiter ſpuͤlen. Nicht wahr iſt was du denkſt, nur was du fuͤhlſt iſt wahr; Durchs Denken machſt du dir nur das Gefuͤhlte klar. Was du Gefuͤhltes denkſt, das wirſt du auch behalten, Und im Gedaͤchtnis wird dirs ewig nicht veralten. Das ſeinen Namen zwar vom Denken hat empfangen, Doch nur Gefuͤhltes bleibt im Angedenken hangen. 54. Weil du der ganzen Welt nicht kannſt als Herrſcher walten, Gib ganz ſie auf! ſchlimm iſt von ihr ein Theil behalten. Im Tode mußt du es, thu's, weil du kannſt, im Leben; Gib auf die falſche Welt, eh ſie dich auf wird geben. Statt der Demuͤthigung gezwungener Entſagung Sei dein das Hochgefuͤhl freiwilliger Entſchlagung.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/165
Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/165>, abgerufen am 29.03.2024.