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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839.

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91.
Ein Geist, der schöpferisch den meinen angehaucht,
In dessen Glanz ich mich mit Sehnsucht eingetaucht;
Ich habe doch von ihm nichts als die Form genommen,
Und aller Stoff ist mir von andern hergekommen.
Die Welt ist lauter Stoff; du nimmst von denen eben
Den Stoff, nimmst sie als Stoff, die sonst nichts können geben.
Und nur dem Geiste selbst, der dir das Höchste gab,
Das geistige Gepräg, nimmst du nichts Ird'sches ab.
So hat die Sonnenblum' ihr Himmelsbild in Augen,
Und läßt die Wurzel rings im Boden Nahrung saugen.

91.
Ein Geiſt, der ſchoͤpferiſch den meinen angehaucht,
In deſſen Glanz ich mich mit Sehnſucht eingetaucht;
Ich habe doch von ihm nichts als die Form genommen,
Und aller Stoff iſt mir von andern hergekommen.
Die Welt iſt lauter Stoff; du nimmſt von denen eben
Den Stoff, nimmſt ſie als Stoff, die ſonſt nichts koͤnnen geben.
Und nur dem Geiſte ſelbſt, der dir das Hoͤchſte gab,
Das geiſtige Gepraͤg, nimmſt du nichts Ird'ſches ab.
So hat die Sonnenblum' ihr Himmelsbild in Augen,
Und laͤßt die Wurzel rings im Boden Nahrung ſaugen.

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[95/0105] 91. Ein Geiſt, der ſchoͤpferiſch den meinen angehaucht, In deſſen Glanz ich mich mit Sehnſucht eingetaucht; Ich habe doch von ihm nichts als die Form genommen, Und aller Stoff iſt mir von andern hergekommen. Die Welt iſt lauter Stoff; du nimmſt von denen eben Den Stoff, nimmſt ſie als Stoff, die ſonſt nichts koͤnnen geben. Und nur dem Geiſte ſelbſt, der dir das Hoͤchſte gab, Das geiſtige Gepraͤg, nimmſt du nichts Ird'ſches ab. So hat die Sonnenblum' ihr Himmelsbild in Augen, Und laͤßt die Wurzel rings im Boden Nahrung ſaugen.

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Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 5. Leipzig, 1839, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane05_1839/105>, abgerufen am 29.03.2024.