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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837.

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23.
Der Mond rollt um die Erd', und um die Sonne sie,
Und die um höhere Sonn', und um noch höhere die!
Und immer weiter so, und immer weiter nur?
In der Unendlichkeit verliert der Geist die Spur.
Unendlich sei die Kraft, unendlich sei das Leben,
Doch nicht unendlich sei der Raum deswegen eben.
Was wär' Unendlichkeit die äußerliche so?
Der innerlichen nur des Geistes bin ich froh.
Jenseit der Körperwelt muß eine Lichtwelt stehn,
Aus der sie niedersank, in die sie auf will gehn.
Die Sonnen leuchten nicht von ihrem eignen Lichte,
Sie leuchten von dem Licht auf Gottes Angesichte.
Licht ist das geistige Kleid, das diese Welt umfließt,
Das sich an jedes Glied des großen Leibes schließt.
Dis geistige Netz, gewebt aus Gottes Liebesblicken,
Will immer brünstiger die Körperwelt umstricken.
23.
Der Mond rollt um die Erd', und um die Sonne ſie,
Und die um hoͤhere Sonn', und um noch hoͤhere die!
Und immer weiter ſo, und immer weiter nur?
In der Unendlichkeit verliert der Geiſt die Spur.
Unendlich ſei die Kraft, unendlich ſei das Leben,
Doch nicht unendlich ſei der Raum deswegen eben.
Was waͤr' Unendlichkeit die aͤußerliche ſo?
Der innerlichen nur des Geiſtes bin ich froh.
Jenſeit der Koͤrperwelt muß eine Lichtwelt ſtehn,
Aus der ſie niederſank, in die ſie auf will gehn.
Die Sonnen leuchten nicht von ihrem eignen Lichte,
Sie leuchten von dem Licht auf Gottes Angeſichte.
Licht iſt das geiſtige Kleid, das dieſe Welt umfließt,
Das ſich an jedes Glied des großen Leibes ſchließt.
Dis geiſtige Netz, gewebt aus Gottes Liebesblicken,
Will immer bruͤnſtiger die Koͤrperwelt umſtricken.
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[14/0024] 23. Der Mond rollt um die Erd', und um die Sonne ſie, Und die um hoͤhere Sonn', und um noch hoͤhere die! Und immer weiter ſo, und immer weiter nur? In der Unendlichkeit verliert der Geiſt die Spur. Unendlich ſei die Kraft, unendlich ſei das Leben, Doch nicht unendlich ſei der Raum deswegen eben. Was waͤr' Unendlichkeit die aͤußerliche ſo? Der innerlichen nur des Geiſtes bin ich froh. Jenſeit der Koͤrperwelt muß eine Lichtwelt ſtehn, Aus der ſie niederſank, in die ſie auf will gehn. Die Sonnen leuchten nicht von ihrem eignen Lichte, Sie leuchten von dem Licht auf Gottes Angeſichte. Licht iſt das geiſtige Kleid, das dieſe Welt umfließt, Das ſich an jedes Glied des großen Leibes ſchließt. Dis geiſtige Netz, gewebt aus Gottes Liebesblicken, Will immer bruͤnſtiger die Koͤrperwelt umſtricken.

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Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 2. Leipzig, 1837, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane02_1837/24>, abgerufen am 29.03.2024.