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Rubens, Heinrich: Gedächtnisrede auf Friedrich Kohlrausch. Berlin, 1910.

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Friedrich Kohlrausch wurde der deutschen Wissenschaft am 17. Januar
d. J. durch den Tod entrissen. Mit ihm ist einer der großen Männer dahin-
gegangen, welchen der mächtige Bau der modernen Physik seine Aufrichtung
verdankt. Uns Hinterbliebenen ist es Pflicht und Trost, die großen Verdienste
des Verstorbenen zu verstehen und zu würdigen.


Friedrich Kohlrausch hat unserer Akademie 11 Jahre als korrespon-
dierendes Mitglied, 10 Jahre als ordentliches Mitglied und 5 Jahre als Ehren-
mitglied angehört. Er entstammt einer alten Gelehrtenfamilie, welche seit
mehreren Generationen bedeutende Männer hervorgebracht hat. Sein Groß-
vater Heinrich Friedrich Theodor, geboren 1780 in Landolfshausen bei
Göttingen, war ursprünglich Theologe und widmete sich später vorwiegend
der Geschichtswissenschaft und Pädagogik. Seine deutsche Geschichte, ein
viel gelesenes zweibändiges Werk, hat die stattliche Zahl von 16 Auflagen
erreicht. Er starb 1867 in hohem Ansehen, nachdem er lange als Chef des
Oberschulkollegiums zu Hannover gewirkt hatte. Sein Sohn Rudolf, ge-
boren 1809 in Göttingen, studierte in seiner Vaterstadt, in welcher damals
das Doppelgestirn Gauß und Weber leuchtete, Physik und Mathematik.
Er wurde 1833 Lehrer an der Ritterakademie zu Lüneburg und lehrte dann
nacheinander an den Gymnasien zu Rinteln, Cassel und Marburg, wo er zu-
gleich als Professor extraordinarius an der Universität Vorlesungen hielt.
1857 folgte er einem Ruf als ordentlicher Professor nach Erlangen; doch ist
ihm daselbst nur eine kurze Zeit des Wirkens beschieden gewesen. Schon
im darauffolgenden Jahre raffte ein inneres Leiden den im besten Mannesalter
stehenden Forscher nach längerem Krankenlager dahin. Rudolf Kohlrausch
hat sich durch seine berühmte, in Gemeinschaft mit Wilhelm Weber
ausgeführte Messung des Verhältnisses der elektrostatischen und elektro-
magnetischen Stromeinheit ein bleibendes Denkmal in der Geschichte unserer
Wissenschaft errichtet. Seinem Sohne Friedrich aber war es beschieden,
den angestammten väterlichen Namen zu noch höherem Ansehen zu bringen.


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Friedrich Kohlrausch wurde der deutschen Wissenschaft am 17. Januar
d. J. durch den Tod entrissen. Mit ihm ist einer der großen Männer dahin-
gegangen, welchen der mächtige Bau der modernen Physik seine Aufrichtung
verdankt. Uns Hinterbliebenen ist es Pflicht und Trost, die großen Verdienste
des Verstorbenen zu verstehen und zu würdigen.


Friedrich Kohlrausch hat unserer Akademie 11 Jahre als korrespon-
dierendes Mitglied, 10 Jahre als ordentliches Mitglied und 5 Jahre als Ehren-
mitglied angehört. Er entstammt einer alten Gelehrtenfamilie, welche seit
mehreren Generationen bedeutende Männer hervorgebracht hat. Sein Groß-
vater Heinrich Friedrich Theodor, geboren 1780 in Landolfshausen bei
Göttingen, war ursprünglich Theologe und widmete sich später vorwiegend
der Geschichtswissenschaft und Pädagogik. Seine deutsche Geschichte, ein
viel gelesenes zweibändiges Werk, hat die stattliche Zahl von 16 Auflagen
erreicht. Er starb 1867 in hohem Ansehen, nachdem er lange als Chef des
Oberschulkollegiums zu Hannover gewirkt hatte. Sein Sohn Rudolf, ge-
boren 1809 in Göttingen, studierte in seiner Vaterstadt, in welcher damals
das Doppelgestirn Gauß und Weber leuchtete, Physik und Mathematik.
Er wurde 1833 Lehrer an der Ritterakademie zu Lüneburg und lehrte dann
nacheinander an den Gymnasien zu Rinteln, Cassel und Marburg, wo er zu-
gleich als Professor extraordinarius an der Universität Vorlesungen hielt.
1857 folgte er einem Ruf als ordentlicher Professor nach Erlangen; doch ist
ihm daselbst nur eine kurze Zeit des Wirkens beschieden gewesen. Schon
im darauffolgenden Jahre raffte ein inneres Leiden den im besten Mannesalter
stehenden Forscher nach längerem Krankenlager dahin. Rudolf Kohlrausch
hat sich durch seine berühmte, in Gemeinschaft mit Wilhelm Weber
ausgeführte Messung des Verhältnisses der elektrostatischen und elektro-
magnetischen Stromeinheit ein bleibendes Denkmal in der Geschichte unserer
Wissenschaft errichtet. Seinem Sohne Friedrich aber war es beschieden,
den angestammten väterlichen Namen zu noch höherem Ansehen zu bringen.


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[5/0005] Friedrich Kohlrausch wurde der deutschen Wissenschaft am 17. Januar d. J. durch den Tod entrissen. Mit ihm ist einer der großen Männer dahin- gegangen, welchen der mächtige Bau der modernen Physik seine Aufrichtung verdankt. Uns Hinterbliebenen ist es Pflicht und Trost, die großen Verdienste des Verstorbenen zu verstehen und zu würdigen. Friedrich Kohlrausch hat unserer Akademie 11 Jahre als korrespon- dierendes Mitglied, 10 Jahre als ordentliches Mitglied und 5 Jahre als Ehren- mitglied angehört. Er entstammt einer alten Gelehrtenfamilie, welche seit mehreren Generationen bedeutende Männer hervorgebracht hat. Sein Groß- vater Heinrich Friedrich Theodor, geboren 1780 in Landolfshausen bei Göttingen, war ursprünglich Theologe und widmete sich später vorwiegend der Geschichtswissenschaft und Pädagogik. Seine deutsche Geschichte, ein viel gelesenes zweibändiges Werk, hat die stattliche Zahl von 16 Auflagen erreicht. Er starb 1867 in hohem Ansehen, nachdem er lange als Chef des Oberschulkollegiums zu Hannover gewirkt hatte. Sein Sohn Rudolf, ge- boren 1809 in Göttingen, studierte in seiner Vaterstadt, in welcher damals das Doppelgestirn Gauß und Weber leuchtete, Physik und Mathematik. Er wurde 1833 Lehrer an der Ritterakademie zu Lüneburg und lehrte dann nacheinander an den Gymnasien zu Rinteln, Cassel und Marburg, wo er zu- gleich als Professor extraordinarius an der Universität Vorlesungen hielt. 1857 folgte er einem Ruf als ordentlicher Professor nach Erlangen; doch ist ihm daselbst nur eine kurze Zeit des Wirkens beschieden gewesen. Schon im darauffolgenden Jahre raffte ein inneres Leiden den im besten Mannesalter stehenden Forscher nach längerem Krankenlager dahin. Rudolf Kohlrausch hat sich durch seine berühmte, in Gemeinschaft mit Wilhelm Weber ausgeführte Messung des Verhältnisses der elektrostatischen und elektro- magnetischen Stromeinheit ein bleibendes Denkmal in der Geschichte unserer Wissenschaft errichtet. Seinem Sohne Friedrich aber war es beschieden, den angestammten väterlichen Namen zu noch höherem Ansehen zu bringen. 1*

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Zitationshilfe: Rubens, Heinrich: Gedächtnisrede auf Friedrich Kohlrausch. Berlin, 1910, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rubens_kohlrausch_1910/5>, abgerufen am 19.04.2024.