Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Die functionelle Anpassung.
Recht, sie als hierher gehörig zu betrachten. Das Gleiche gilt
von den blasenförmigen Organen: bei ihnen verlaufen die Fasern
blos in aequatorialer und meridionaler Richtung, wiederum den
Richtungen stärkster Leistungsfähigkeit.

Auch von den Organen mit quergestreiften Muskeln gehört
eines hierher, das Herz, dessen Faserrichtung bei derartiger
Betrachtung, nachdem einmal das Princip festgestellt ist, uns
belehrende Rückschlüsse über die Art seiner Function und die
Richtungen der grössten Leistungen bei der Action zu gestatten
verspricht.

Alle diese Bildungen in Knochen-, Binde- und Muskelgewebe
hätte die Auslese aus formalen Einzelvariationen nach Darwin
nie in solcher Regelmässigkeit und Vollkommenheit hervor-
bringen können, da hier schon Tausende zufällig in dieser Weise
zweckmässig geordneter Fasern resp. Bälkchen nöthig gewesen
wären, um nur den geringsten im Haushalte bemerkbaren und
durch die Auslese züchtbaren Vortheil durch Materialersparniss
hervorzubringen und da bei Hungersnoth gerade diese Theile
(abgesehen vom Herzen) in Folge ihres geringen Stoffwechsels
am spätesten leiden würden, viel später als die anderen lebens-
wichtigeren Organe mit grösserem Stoffwechsel.

Alle diese Bildungen können deshalb nicht durch Auslese
aus formalen Einzelvariationen, wie sie die Grundlage der
Darwin'schen Lehre bilden, hervorgehen, sondern blos von
Qualitäten der betreffenden Gewebe abgeleitet werden, welche
das Zweckmässige bis ins Einzelnste hinein direct gestalten; von
derartigen Qualitäten, wie wir sie in dieser Schrift vertreten und
in den folgenden Kapiteln in der Nothwendigkeit ihrer Entstehung
und der Thatsächlichkeit ihres Bestehens darzulegen beab-
sichtigen.

Die bezüglichen Bildungen der bindegewebigen Organe und
der aus den glatten Muskelfasern gebildeten Häute werden schon

I. Die functionelle Anpassung.
Recht, sie als hierher gehörig zu betrachten. Das Gleiche gilt
von den blasenförmigen Organen: bei ihnen verlaufen die Fasern
blos in aequatorialer und meridionaler Richtung, wiederum den
Richtungen stärkster Leistungsfähigkeit.

Auch von den Organen mit quergestreiften Muskeln gehört
eines hierher, das Herz, dessen Faserrichtung bei derartiger
Betrachtung, nachdem einmal das Princip festgestellt ist, uns
belehrende Rückschlüsse über die Art seiner Function und die
Richtungen der grössten Leistungen bei der Action zu gestatten
verspricht.

Alle diese Bildungen in Knochen-, Binde- und Muskelgewebe
hätte die Auslese aus formalen Einzelvariationen nach Darwin
nie in solcher Regelmässigkeit und Vollkommenheit hervor-
bringen können, da hier schon Tausende zufällig in dieser Weise
zweckmässig geordneter Fasern resp. Bälkchen nöthig gewesen
wären, um nur den geringsten im Haushalte bemerkbaren und
durch die Auslese züchtbaren Vortheil durch Materialersparniss
hervorzubringen und da bei Hungersnoth gerade diese Theile
(abgesehen vom Herzen) in Folge ihres geringen Stoffwechsels
am spätesten leiden würden, viel später als die anderen lebens-
wichtigeren Organe mit grösserem Stoffwechsel.

Alle diese Bildungen können deshalb nicht durch Auslese
aus formalen Einzelvariationen, wie sie die Grundlage der
Darwin’schen Lehre bilden, hervorgehen, sondern blos von
Qualitäten der betreffenden Gewebe abgeleitet werden, welche
das Zweckmässige bis ins Einzelnste hinein direct gestalten; von
derartigen Qualitäten, wie wir sie in dieser Schrift vertreten und
in den folgenden Kapiteln in der Nothwendigkeit ihrer Entstehung
und der Thatsächlichkeit ihres Bestehens darzulegen beab-
sichtigen.

Die bezüglichen Bildungen der bindegewebigen Organe und
der aus den glatten Muskelfasern gebildeten Häute werden schon

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0044" n="30"/><fw place="top" type="header">I. Die functionelle Anpassung.</fw><lb/>
Recht, sie als hierher gehörig zu betrachten. Das Gleiche gilt<lb/>
von den blasenförmigen Organen: bei ihnen verlaufen die Fasern<lb/>
blos in aequatorialer und meridionaler Richtung, wiederum den<lb/>
Richtungen stärkster Leistungsfähigkeit.</p><lb/>
          <p>Auch von den Organen mit quergestreiften Muskeln gehört<lb/>
eines hierher, das Herz, dessen Faserrichtung bei derartiger<lb/>
Betrachtung, nachdem einmal das Princip festgestellt ist, uns<lb/>
belehrende Rückschlüsse über die Art seiner Function und die<lb/>
Richtungen der grössten Leistungen bei der Action zu gestatten<lb/>
verspricht.</p><lb/>
          <p>Alle diese Bildungen in Knochen-, Binde- und Muskelgewebe<lb/>
hätte die Auslese aus formalen Einzelvariationen nach <hi rendition="#g">Darwin</hi><lb/>
nie in solcher Regelmässigkeit und Vollkommenheit hervor-<lb/>
bringen können, da hier schon Tausende zufällig in dieser Weise<lb/>
zweckmässig geordneter Fasern resp. Bälkchen nöthig gewesen<lb/>
wären, um nur den geringsten im Haushalte bemerkbaren und<lb/>
durch die Auslese züchtbaren Vortheil durch Materialersparniss<lb/>
hervorzubringen und da bei Hungersnoth gerade diese Theile<lb/>
(abgesehen vom Herzen) in Folge ihres geringen Stoffwechsels<lb/>
am spätesten leiden würden, viel später als die anderen lebens-<lb/>
wichtigeren Organe mit grösserem Stoffwechsel.</p><lb/>
          <p>Alle diese Bildungen können deshalb nicht durch Auslese<lb/>
aus formalen Einzelvariationen, wie sie die Grundlage der<lb/><hi rendition="#g">Darwin&#x2019;s</hi>chen Lehre bilden, hervorgehen, sondern blos von<lb/>
Qualitäten der betreffenden Gewebe abgeleitet werden, welche<lb/>
das Zweckmässige bis ins Einzelnste hinein direct gestalten; von<lb/>
derartigen Qualitäten, wie wir sie in dieser Schrift vertreten und<lb/>
in den folgenden Kapiteln in der Nothwendigkeit ihrer Entstehung<lb/>
und der Thatsächlichkeit ihres Bestehens darzulegen beab-<lb/>
sichtigen.</p><lb/>
          <p>Die bezüglichen Bildungen der bindegewebigen Organe und<lb/>
der aus den glatten Muskelfasern gebildeten Häute werden schon<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0044] I. Die functionelle Anpassung. Recht, sie als hierher gehörig zu betrachten. Das Gleiche gilt von den blasenförmigen Organen: bei ihnen verlaufen die Fasern blos in aequatorialer und meridionaler Richtung, wiederum den Richtungen stärkster Leistungsfähigkeit. Auch von den Organen mit quergestreiften Muskeln gehört eines hierher, das Herz, dessen Faserrichtung bei derartiger Betrachtung, nachdem einmal das Princip festgestellt ist, uns belehrende Rückschlüsse über die Art seiner Function und die Richtungen der grössten Leistungen bei der Action zu gestatten verspricht. Alle diese Bildungen in Knochen-, Binde- und Muskelgewebe hätte die Auslese aus formalen Einzelvariationen nach Darwin nie in solcher Regelmässigkeit und Vollkommenheit hervor- bringen können, da hier schon Tausende zufällig in dieser Weise zweckmässig geordneter Fasern resp. Bälkchen nöthig gewesen wären, um nur den geringsten im Haushalte bemerkbaren und durch die Auslese züchtbaren Vortheil durch Materialersparniss hervorzubringen und da bei Hungersnoth gerade diese Theile (abgesehen vom Herzen) in Folge ihres geringen Stoffwechsels am spätesten leiden würden, viel später als die anderen lebens- wichtigeren Organe mit grösserem Stoffwechsel. Alle diese Bildungen können deshalb nicht durch Auslese aus formalen Einzelvariationen, wie sie die Grundlage der Darwin’schen Lehre bilden, hervorgehen, sondern blos von Qualitäten der betreffenden Gewebe abgeleitet werden, welche das Zweckmässige bis ins Einzelnste hinein direct gestalten; von derartigen Qualitäten, wie wir sie in dieser Schrift vertreten und in den folgenden Kapiteln in der Nothwendigkeit ihrer Entstehung und der Thatsächlichkeit ihres Bestehens darzulegen beab- sichtigen. Die bezüglichen Bildungen der bindegewebigen Organe und der aus den glatten Muskelfasern gebildeten Häute werden schon

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/44
Zitationshilfe: Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/44>, abgerufen am 28.03.2024.