Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Die functionelle Anpassung.
nicht länger, sondern blos dicker. Ersteres würde, wenn es
stattfände, sofort die Function vermindern, resp. aufheben. Also
auch hier findet blos Anordnung der neuen Molekel und Fasern
in der Richtung des Querschnittes statt.

Vielleicht ist auch die ungleiche Dicke der Nerven-
fasern
, wie sie uns jeder Querschnitt eines Nervenstammes
oder des Rückenmarkes zeigt, durch ungleich starke Function
bedingt, während auch hier eine Verlängerung dabei nicht vor-
kommt; denn man findet in Nervenstämmen keine geschlängel-
ten Fasern.

Bei der Hypertrophie der acinösen Drüsen, welche
sich in Vermehrung der Zahl und in Vergrösserung der Drüsen-
beeren äussert, muss die Hyperplasie blos in den beiden Dimen-
sionen der Secretionsfläche erfolgen, da das Drüsenepithel bei
dieser Vergrösserung einschichtig bleibt. Bei den Schlauch-
drüsen
erfolgt die Aneinanderlagerung der neugebildeten Zel-
len fast ausschliesslich blos in der Richtung der Länge, wäh-
rend die Verdickung des Schlauches blos durch die Hypertrophie
der Zellen bedingt ist. Da indessen diese Organe in den letz-
ten Stadien der Entwickelung auch schon blos nach diesen
Dimensionen gewachsen sind, so kann man sagen, die Weiter-
bildung erfolgt hier einfach nach den vererbten Bildungsgesetzen,
wenn man nicht eben die Entstehung dieser Gesetze mit dem
vorliegenden Princip in Zusammenhang bringen will.

Die Epidermis vermehrt sich blos nach Substanzverlust
nach den zwei Dimensionen der Fläche, und zwar nur so lange,
bis ihre Zellen wieder allseitig an gleichartige Zellen stossen;
und wenn dies, wie bei Fisteln, nicht geschehen kann, so
wachsen sie nach Friedländer den ganzen Fistelkanal aus.

Durch jeden anderen Reiz aber werden sie nur zur Ver-
mehrung nach der Einen Dimension der Dicke angeregt, unter
gänzlichem Ausschluss der beiden anderen Dimensionen. Nicht

I. Die functionelle Anpassung.
nicht länger, sondern blos dicker. Ersteres würde, wenn es
stattfände, sofort die Function vermindern, resp. aufheben. Also
auch hier findet blos Anordnung der neuen Molekel und Fasern
in der Richtung des Querschnittes statt.

Vielleicht ist auch die ungleiche Dicke der Nerven-
fasern
, wie sie uns jeder Querschnitt eines Nervenstammes
oder des Rückenmarkes zeigt, durch ungleich starke Function
bedingt, während auch hier eine Verlängerung dabei nicht vor-
kommt; denn man findet in Nervenstämmen keine geschlängel-
ten Fasern.

Bei der Hypertrophie der acinösen Drüsen, welche
sich in Vermehrung der Zahl und in Vergrösserung der Drüsen-
beeren äussert, muss die Hyperplasie blos in den beiden Dimen-
sionen der Secretionsfläche erfolgen, da das Drüsenepithel bei
dieser Vergrösserung einschichtig bleibt. Bei den Schlauch-
drüsen
erfolgt die Aneinanderlagerung der neugebildeten Zel-
len fast ausschliesslich blos in der Richtung der Länge, wäh-
rend die Verdickung des Schlauches blos durch die Hypertrophie
der Zellen bedingt ist. Da indessen diese Organe in den letz-
ten Stadien der Entwickelung auch schon blos nach diesen
Dimensionen gewachsen sind, so kann man sagen, die Weiter-
bildung erfolgt hier einfach nach den vererbten Bildungsgesetzen,
wenn man nicht eben die Entstehung dieser Gesetze mit dem
vorliegenden Princip in Zusammenhang bringen will.

Die Epidermis vermehrt sich blos nach Substanzverlust
nach den zwei Dimensionen der Fläche, und zwar nur so lange,
bis ihre Zellen wieder allseitig an gleichartige Zellen stossen;
und wenn dies, wie bei Fisteln, nicht geschehen kann, so
wachsen sie nach Friedländer den ganzen Fistelkanal aus.

Durch jeden anderen Reiz aber werden sie nur zur Ver-
mehrung nach der Einen Dimension der Dicke angeregt, unter
gänzlichem Ausschluss der beiden anderen Dimensionen. Nicht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0032" n="18"/><fw place="top" type="header">I. Die functionelle Anpassung.</fw><lb/>
nicht länger, sondern blos dicker. Ersteres würde, wenn es<lb/>
stattfände, sofort die Function vermindern, resp. aufheben. Also<lb/>
auch hier findet blos Anordnung der neuen Molekel und Fasern<lb/>
in der Richtung des Querschnittes statt.</p><lb/>
          <p>Vielleicht ist auch die ungleiche Dicke der <hi rendition="#g">Nerven-<lb/>
fasern</hi>, wie sie uns jeder Querschnitt eines Nervenstammes<lb/>
oder des Rückenmarkes zeigt, durch ungleich starke Function<lb/>
bedingt, während auch hier eine Verlängerung dabei nicht vor-<lb/>
kommt; denn man findet in Nervenstämmen keine geschlängel-<lb/>
ten Fasern.</p><lb/>
          <p>Bei der Hypertrophie der <hi rendition="#g">acinösen Drüsen</hi>, welche<lb/>
sich in Vermehrung der Zahl und in Vergrösserung der Drüsen-<lb/>
beeren äussert, muss die Hyperplasie blos in den beiden Dimen-<lb/>
sionen der Secretionsfläche erfolgen, da das Drüsenepithel bei<lb/>
dieser Vergrösserung einschichtig bleibt. Bei den <hi rendition="#g">Schlauch-<lb/>
drüsen</hi> erfolgt die Aneinanderlagerung der neugebildeten Zel-<lb/>
len fast ausschliesslich blos in der Richtung der Länge, wäh-<lb/>
rend die Verdickung des Schlauches blos durch die Hypertrophie<lb/>
der Zellen bedingt ist. Da indessen diese Organe in den letz-<lb/>
ten Stadien der Entwickelung auch schon blos nach diesen<lb/>
Dimensionen gewachsen sind, so kann man sagen, die Weiter-<lb/>
bildung erfolgt hier einfach nach den vererbten Bildungsgesetzen,<lb/>
wenn man nicht eben die Entstehung dieser Gesetze mit dem<lb/>
vorliegenden Princip in Zusammenhang bringen will.</p><lb/>
          <p>Die Epidermis vermehrt sich blos nach Substanzverlust<lb/>
nach den zwei Dimensionen der Fläche, und zwar nur so lange,<lb/>
bis ihre Zellen wieder allseitig an gleichartige Zellen stossen;<lb/>
und wenn dies, wie bei Fisteln, nicht geschehen kann, so<lb/>
wachsen sie nach <hi rendition="#g">Friedländer</hi> den ganzen Fistelkanal aus.</p><lb/>
          <p>Durch jeden anderen Reiz aber werden sie nur zur Ver-<lb/>
mehrung nach der Einen Dimension der Dicke angeregt, unter<lb/>
gänzlichem Ausschluss der beiden anderen Dimensionen. Nicht<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0032] I. Die functionelle Anpassung. nicht länger, sondern blos dicker. Ersteres würde, wenn es stattfände, sofort die Function vermindern, resp. aufheben. Also auch hier findet blos Anordnung der neuen Molekel und Fasern in der Richtung des Querschnittes statt. Vielleicht ist auch die ungleiche Dicke der Nerven- fasern, wie sie uns jeder Querschnitt eines Nervenstammes oder des Rückenmarkes zeigt, durch ungleich starke Function bedingt, während auch hier eine Verlängerung dabei nicht vor- kommt; denn man findet in Nervenstämmen keine geschlängel- ten Fasern. Bei der Hypertrophie der acinösen Drüsen, welche sich in Vermehrung der Zahl und in Vergrösserung der Drüsen- beeren äussert, muss die Hyperplasie blos in den beiden Dimen- sionen der Secretionsfläche erfolgen, da das Drüsenepithel bei dieser Vergrösserung einschichtig bleibt. Bei den Schlauch- drüsen erfolgt die Aneinanderlagerung der neugebildeten Zel- len fast ausschliesslich blos in der Richtung der Länge, wäh- rend die Verdickung des Schlauches blos durch die Hypertrophie der Zellen bedingt ist. Da indessen diese Organe in den letz- ten Stadien der Entwickelung auch schon blos nach diesen Dimensionen gewachsen sind, so kann man sagen, die Weiter- bildung erfolgt hier einfach nach den vererbten Bildungsgesetzen, wenn man nicht eben die Entstehung dieser Gesetze mit dem vorliegenden Princip in Zusammenhang bringen will. Die Epidermis vermehrt sich blos nach Substanzverlust nach den zwei Dimensionen der Fläche, und zwar nur so lange, bis ihre Zellen wieder allseitig an gleichartige Zellen stossen; und wenn dies, wie bei Fisteln, nicht geschehen kann, so wachsen sie nach Friedländer den ganzen Fistelkanal aus. Durch jeden anderen Reiz aber werden sie nur zur Ver- mehrung nach der Einen Dimension der Dicke angeregt, unter gänzlichem Ausschluss der beiden anderen Dimensionen. Nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/32
Zitationshilfe: Roux, Wilhelm: Der Kampf der Teile des Organismus. Leipzig, 1881, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roux_kampf_1881/32>, abgerufen am 29.03.2024.