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Roquette, Otto: Die Schlangenkönigin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 221–335. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Personen zu Theil, und es mußte wohl fest stehen, daß wir uns im Spreewald in der ungünstigsten Weise einführten.

Victor schien nichts davon zu merken. Sie ist wiedergefunden! rief er. Laß sie uns nicht aus den Augen verlieren. Er war unglücklich und ärgerlich, daß ich darauf bestand, weiter zu fahren, bis von dem Zuge nichts mehr zu sehen wäre, um dann langsam nach Lübbenau zu rudern. Er nannte mich einen unbegreiflichen Pedanten, und es würde einen ernstlicheren Streit gegeben haben, wenn ich nicht hartnäckig geschwiegen hätte.

Schweigend landeten wir an der Stadt. Victor eilte, ohne ein weiteres Wort an mich, nach der Kirche, ich aber zog es vor, mich im Gasthofe, wo unser Gepäck lag, erst umzukleiden, denn meine Kleider waren vom gestrigen Regen noch feucht. Als ich Sardok seinen Führerlohn gab, trat er näher zu mir und sagte: Herr ist guter Herr, aber der Andere -- er brach ab, ballte die Faust und blickte zurück nach der Richtung, welche Victor genommen hatte. Ich suchte den Kosaken zu begütigen und fragte, was er gegen meinen Gefährten habe? Er sah mich mit zweifelhaften Blicken an, schüttelte der. Kopf und ging davon. Mir schwante nichts Gutes, eine Stimme sagte mir, daß ich durch die Gesellschaft Victor's noch Unannehmlichkeiten würde zu bestehen haben. Hatte die Reise doch abenteuerlich genug begonnen, freilich ohne seine Schuld, aber er

Personen zu Theil, und es mußte wohl fest stehen, daß wir uns im Spreewald in der ungünstigsten Weise einführten.

Victor schien nichts davon zu merken. Sie ist wiedergefunden! rief er. Laß sie uns nicht aus den Augen verlieren. Er war unglücklich und ärgerlich, daß ich darauf bestand, weiter zu fahren, bis von dem Zuge nichts mehr zu sehen wäre, um dann langsam nach Lübbenau zu rudern. Er nannte mich einen unbegreiflichen Pedanten, und es würde einen ernstlicheren Streit gegeben haben, wenn ich nicht hartnäckig geschwiegen hätte.

Schweigend landeten wir an der Stadt. Victor eilte, ohne ein weiteres Wort an mich, nach der Kirche, ich aber zog es vor, mich im Gasthofe, wo unser Gepäck lag, erst umzukleiden, denn meine Kleider waren vom gestrigen Regen noch feucht. Als ich Sardok seinen Führerlohn gab, trat er näher zu mir und sagte: Herr ist guter Herr, aber der Andere — er brach ab, ballte die Faust und blickte zurück nach der Richtung, welche Victor genommen hatte. Ich suchte den Kosaken zu begütigen und fragte, was er gegen meinen Gefährten habe? Er sah mich mit zweifelhaften Blicken an, schüttelte der. Kopf und ging davon. Mir schwante nichts Gutes, eine Stimme sagte mir, daß ich durch die Gesellschaft Victor's noch Unannehmlichkeiten würde zu bestehen haben. Hatte die Reise doch abenteuerlich genug begonnen, freilich ohne seine Schuld, aber er

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[0039] Personen zu Theil, und es mußte wohl fest stehen, daß wir uns im Spreewald in der ungünstigsten Weise einführten. Victor schien nichts davon zu merken. Sie ist wiedergefunden! rief er. Laß sie uns nicht aus den Augen verlieren. Er war unglücklich und ärgerlich, daß ich darauf bestand, weiter zu fahren, bis von dem Zuge nichts mehr zu sehen wäre, um dann langsam nach Lübbenau zu rudern. Er nannte mich einen unbegreiflichen Pedanten, und es würde einen ernstlicheren Streit gegeben haben, wenn ich nicht hartnäckig geschwiegen hätte. Schweigend landeten wir an der Stadt. Victor eilte, ohne ein weiteres Wort an mich, nach der Kirche, ich aber zog es vor, mich im Gasthofe, wo unser Gepäck lag, erst umzukleiden, denn meine Kleider waren vom gestrigen Regen noch feucht. Als ich Sardok seinen Führerlohn gab, trat er näher zu mir und sagte: Herr ist guter Herr, aber der Andere — er brach ab, ballte die Faust und blickte zurück nach der Richtung, welche Victor genommen hatte. Ich suchte den Kosaken zu begütigen und fragte, was er gegen meinen Gefährten habe? Er sah mich mit zweifelhaften Blicken an, schüttelte der. Kopf und ging davon. Mir schwante nichts Gutes, eine Stimme sagte mir, daß ich durch die Gesellschaft Victor's noch Unannehmlichkeiten würde zu bestehen haben. Hatte die Reise doch abenteuerlich genug begonnen, freilich ohne seine Schuld, aber er

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:15:33Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:15:33Z)

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Zitationshilfe: Roquette, Otto: Die Schlangenkönigin. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 221–335. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roquette_schlangenkoenigin_1910/39>, abgerufen am 29.03.2024.