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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729.

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I. Theil. I. Capitul.
Te Deum laudamus. Jenes stimmet man offt
nur pro forma und zum Spott GOttes an, damit
er die Hertzen derer, so ein gewiß Subjectum zu ei-
ner weltlichen oder geistlichen Dignität erwehlen
sollen, also erleuchte, daß sie den würdigsten erweh-
len möchten, und man hat sich doch allbereits vor
der Wahl durch mancherley geistliche Intriguen de-
termini
ret, wer dazu gelangen soll. Dieses ge-
schicht so wohl bey der Gelegenheit, wenn gewisse
Geistliche um das Vaticanum Processions-weise
herum ziehen, und diesen Gesang absingen, so bald
die Herren Cardinaele sich in das Conclave zur
Päbstlichen Wahl begeben, als auch bey andern
dergleichen Fällen mehr. Das Te Deum lauda-
mus
wird ebenfalls wie ein pur Ceremoniel tra-
cti
rt, und offt bey solchen Fällen gebraucht, dadurch
GOtt zu neuem Zorn und Straf-Gerichten wieder
einen Regenten und wieder ein Volck bewogen
werden möchte. Man könte von den Mißbräu-
chen des göttlichen Nahmens und der göttlichen
Ehre, wie sie bey dem Ceremoniel-Wesen vor-
kommen, einen ziemlichen Tractat anfüllen, wenn
man sich dieser Arbeit unterziehen wolte.

§. 11. Die Ceremonien überhaupt, und die
äusserlichen Ehren-Bezeugungen, sind nicht allein
nach dem Unterschied der Zeiten, sondern auch nach
dem Unterschied der Höfe und der Völcker unter-
schieden. An diesem Ort wird diese oder jene So-
lennit
ät vor etwas vortreffliches, rühmliches und
vernünfftiges gehalten, und hingegen in einem an-

dern

I. Theil. I. Capitul.
Te Deum laudamus. Jenes ſtimmet man offt
nur pro forma und zum Spott GOttes an, damit
er die Hertzen derer, ſo ein gewiß Subjectum zu ei-
ner weltlichen oder geiſtlichen Dignitaͤt erwehlen
ſollen, alſo erleuchte, daß ſie den wuͤrdigſten erweh-
len moͤchten, und man hat ſich doch allbereits vor
der Wahl durch mancherley geiſtliche Intriguen de-
termini
ret, wer dazu gelangen ſoll. Dieſes ge-
ſchicht ſo wohl bey der Gelegenheit, wenn gewiſſe
Geiſtliche um das Vaticanum Proceſſions-weiſe
herum ziehen, und dieſen Geſang abſingen, ſo bald
die Herren Cardinæle ſich in das Conclave zur
Paͤbſtlichen Wahl begeben, als auch bey andern
dergleichen Faͤllen mehr. Das Te Deum lauda-
mus
wird ebenfalls wie ein pur Ceremoniel tra-
cti
rt, und offt bey ſolchen Faͤllen gebraucht, dadurch
GOtt zu neuem Zorn und Straf-Gerichten wieder
einen Regenten und wieder ein Volck bewogen
werden moͤchte. Man koͤnte von den Mißbraͤu-
chen des goͤttlichen Nahmens und der goͤttlichen
Ehre, wie ſie bey dem Ceremoniel-Weſen vor-
kommen, einen ziemlichen Tractat anfuͤllen, wenn
man ſich dieſer Arbeit unterziehen wolte.

§. 11. Die Ceremonien uͤberhaupt, und die
aͤuſſerlichen Ehren-Bezeugungen, ſind nicht allein
nach dem Unterſchied der Zeiten, ſondern auch nach
dem Unterſchied der Hoͤfe und der Voͤlcker unter-
ſchieden. An dieſem Ort wird dieſe oder jene So-
lennit
aͤt vor etwas vortreffliches, ruͤhmliches und
vernuͤnfftiges gehalten, und hingegen in einem an-

dern
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[6/0030] I. Theil. I. Capitul. Te Deum laudamus. Jenes ſtimmet man offt nur pro forma und zum Spott GOttes an, damit er die Hertzen derer, ſo ein gewiß Subjectum zu ei- ner weltlichen oder geiſtlichen Dignitaͤt erwehlen ſollen, alſo erleuchte, daß ſie den wuͤrdigſten erweh- len moͤchten, und man hat ſich doch allbereits vor der Wahl durch mancherley geiſtliche Intriguen de- terminiret, wer dazu gelangen ſoll. Dieſes ge- ſchicht ſo wohl bey der Gelegenheit, wenn gewiſſe Geiſtliche um das Vaticanum Proceſſions-weiſe herum ziehen, und dieſen Geſang abſingen, ſo bald die Herren Cardinæle ſich in das Conclave zur Paͤbſtlichen Wahl begeben, als auch bey andern dergleichen Faͤllen mehr. Das Te Deum lauda- mus wird ebenfalls wie ein pur Ceremoniel tra- ctirt, und offt bey ſolchen Faͤllen gebraucht, dadurch GOtt zu neuem Zorn und Straf-Gerichten wieder einen Regenten und wieder ein Volck bewogen werden moͤchte. Man koͤnte von den Mißbraͤu- chen des goͤttlichen Nahmens und der goͤttlichen Ehre, wie ſie bey dem Ceremoniel-Weſen vor- kommen, einen ziemlichen Tractat anfuͤllen, wenn man ſich dieſer Arbeit unterziehen wolte. §. 11. Die Ceremonien uͤberhaupt, und die aͤuſſerlichen Ehren-Bezeugungen, ſind nicht allein nach dem Unterſchied der Zeiten, ſondern auch nach dem Unterſchied der Hoͤfe und der Voͤlcker unter- ſchieden. An dieſem Ort wird dieſe oder jene So- lennitaͤt vor etwas vortreffliches, ruͤhmliches und vernuͤnfftiges gehalten, und hingegen in einem an- dern

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren. Berlin, 1729, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1729/30>, abgerufen am 29.03.2024.