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Röntgen, Wilhelm Conrad: Ueber eine neue Art von Strahlen. Vorläufige Mittheilung. 2. Aufl. Würzburg, 1896.

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Da ich auch keine Brechung beim Uebergang von einem Medium
zum anderen nachweisen konnte, so hat es den Anschein, als ob
die X-Strahlen sich mit gleicher Geschwindigkeit in allen Körpern
bewegen, und zwar in einem Medium, das überall vorhanden ist,
und in welchem die Körpertheilchen eingebettet sind. Die letz-
teren bilden für die Ausbreitung der X-Strahlen ein Hinderniss
und zwar im Allgemeinen ein desto grösseres, je dichter der
betreffende Körper ist.

9. Demnach wäre es möglich, dass auch die Anordnung der
Theilchen im Körper auf die Durchlässigkeit desselben einen
Einfluss ausübte, dass z. B. ein Stück Kalkspath bei gleicher
Dicke verschieden durchlässig wäre, wenn dasselbe in der Richtung
der Axe oder senkrecht dazu durchstrahlt wird. Versuche mit
Kalkspath und Quarz haben aber ein negatives Resultat ergeben.

10. Bekanntlich ist Lenard bei seinen schönen Versuchen
über die von einem dünnen Aluminiumblättchen hindurchgelassenen
Hittorf'schen Kathodenstrahlen zu dem Resultat gekommen, dass
diese Strahlen Vorgänge im Aether sind, und dass sie in allen
Körpern diffus verlaufen. Von unseren Strahlen haben wir
Aehnliches aussagen können.

In seiner letzten Arbeit hat Lenard das Absorptionsvermögen
verschiedener Körper für die Kathodenstrahlen bestimmt und
dasselbe u. a. für Luft von Atmosphärendruck zu 4,10, 3,40,
3,10 auf 1 cm bezogen gefunden, je nach der Verdünnung des
im Entladungsapparat enthaltenen Gases. Nach der aus der
Funkenstrecke geschätzten Entladungsspannung zu urtheilen,
habe ich es bei meinen Versuchen meistens mit ungefähr gleich-
grossen und nur selten mit geringeren und grösseren Verdünnungen
zu thun gehabt. Es gelang mir mit dem L. Weber'schen Photo-
meter -- ein besseres besitze ich nicht -- in atmosphärischer
Luft die Intensitäten des Fluorescenzlichtes meines Schirmes in
zwei Abständen -- ca. 100 resp. 200 mm -- vom Entladungs-
apparat mit einander zu vergleichen, und ich fand aus drei recht
gut mit einander übereinstimmenden Versuchen, dass dieselben
sich umgekehrt wie die Quadrate der resp. Entfernungen des
Schirmes vom Entladungsapparat verhalten. Demnach hält die
Luft von den hindurchgehenden X-Strahlen einen viel kleineren
Bruchtheil zurück als von den Kathodenstrahlen. Dieses Resultat

Da ich auch keine Brechung beim Uebergang von einem Medium
zum anderen nachweisen konnte, so hat es den Anschein, als ob
die X-Strahlen sich mit gleicher Geschwindigkeit in allen Körpern
bewegen, und zwar in einem Medium, das überall vorhanden ist,
und in welchem die Körpertheilchen eingebettet sind. Die letz-
teren bilden für die Ausbreitung der X-Strahlen ein Hinderniss
und zwar im Allgemeinen ein desto grösseres, je dichter der
betreffende Körper ist.

9. Demnach wäre es möglich, dass auch die Anordnung der
Theilchen im Körper auf die Durchlässigkeit desselben einen
Einfluss ausübte, dass z. B. ein Stück Kalkspath bei gleicher
Dicke verschieden durchlässig wäre, wenn dasselbe in der Richtung
der Axe oder senkrecht dazu durchstrahlt wird. Versuche mit
Kalkspath und Quarz haben aber ein negatives Resultat ergeben.

10. Bekanntlich ist Lenard bei seinen schönen Versuchen
über die von einem dünnen Aluminiumblättchen hindurchgelassenen
Hittorf’schen Kathodenstrahlen zu dem Resultat gekommen, dass
diese Strahlen Vorgänge im Aether sind, und dass sie in allen
Körpern diffus verlaufen. Von unseren Strahlen haben wir
Aehnliches aussagen können.

In seiner letzten Arbeit hat Lenard das Absorptionsvermögen
verschiedener Körper für die Kathodenstrahlen bestimmt und
dasselbe u. a. für Luft von Atmosphärendruck zu 4,10, 3,40,
3,10 auf 1 cm bezogen gefunden, je nach der Verdünnung des
im Entladungsapparat enthaltenen Gases. Nach der aus der
Funkenstrecke geschätzten Entladungsspannung zu urtheilen,
habe ich es bei meinen Versuchen meistens mit ungefähr gleich-
grossen und nur selten mit geringeren und grösseren Verdünnungen
zu thun gehabt. Es gelang mir mit dem L. Weber’schen Photo-
meter — ein besseres besitze ich nicht — in atmosphärischer
Luft die Intensitäten des Fluorescenzlichtes meines Schirmes in
zwei Abständen — ca. 100 resp. 200 mm — vom Entladungs-
apparat mit einander zu vergleichen, und ich fand aus drei recht
gut mit einander übereinstimmenden Versuchen, dass dieselben
sich umgekehrt wie die Quadrate der resp. Entfernungen des
Schirmes vom Entladungsapparat verhalten. Demnach hält die
Luft von den hindurchgehenden X-Strahlen einen viel kleineren
Bruchtheil zurück als von den Kathodenstrahlen. Dieses Resultat

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[9/0016] Da ich auch keine Brechung beim Uebergang von einem Medium zum anderen nachweisen konnte, so hat es den Anschein, als ob die X-Strahlen sich mit gleicher Geschwindigkeit in allen Körpern bewegen, und zwar in einem Medium, das überall vorhanden ist, und in welchem die Körpertheilchen eingebettet sind. Die letz- teren bilden für die Ausbreitung der X-Strahlen ein Hinderniss und zwar im Allgemeinen ein desto grösseres, je dichter der betreffende Körper ist. 9. Demnach wäre es möglich, dass auch die Anordnung der Theilchen im Körper auf die Durchlässigkeit desselben einen Einfluss ausübte, dass z. B. ein Stück Kalkspath bei gleicher Dicke verschieden durchlässig wäre, wenn dasselbe in der Richtung der Axe oder senkrecht dazu durchstrahlt wird. Versuche mit Kalkspath und Quarz haben aber ein negatives Resultat ergeben. 10. Bekanntlich ist Lenard bei seinen schönen Versuchen über die von einem dünnen Aluminiumblättchen hindurchgelassenen Hittorf’schen Kathodenstrahlen zu dem Resultat gekommen, dass diese Strahlen Vorgänge im Aether sind, und dass sie in allen Körpern diffus verlaufen. Von unseren Strahlen haben wir Aehnliches aussagen können. In seiner letzten Arbeit hat Lenard das Absorptionsvermögen verschiedener Körper für die Kathodenstrahlen bestimmt und dasselbe u. a. für Luft von Atmosphärendruck zu 4,10, 3,40, 3,10 auf 1 cm bezogen gefunden, je nach der Verdünnung des im Entladungsapparat enthaltenen Gases. Nach der aus der Funkenstrecke geschätzten Entladungsspannung zu urtheilen, habe ich es bei meinen Versuchen meistens mit ungefähr gleich- grossen und nur selten mit geringeren und grösseren Verdünnungen zu thun gehabt. Es gelang mir mit dem L. Weber’schen Photo- meter — ein besseres besitze ich nicht — in atmosphärischer Luft die Intensitäten des Fluorescenzlichtes meines Schirmes in zwei Abständen — ca. 100 resp. 200 mm — vom Entladungs- apparat mit einander zu vergleichen, und ich fand aus drei recht gut mit einander übereinstimmenden Versuchen, dass dieselben sich umgekehrt wie die Quadrate der resp. Entfernungen des Schirmes vom Entladungsapparat verhalten. Demnach hält die Luft von den hindurchgehenden X-Strahlen einen viel kleineren Bruchtheil zurück als von den Kathodenstrahlen. Dieses Resultat

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Zitationshilfe: Röntgen, Wilhelm Conrad: Ueber eine neue Art von Strahlen. Vorläufige Mittheilung. 2. Aufl. Würzburg, 1896, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roentgen_strahlen_1896/16>, abgerufen am 28.03.2024.