Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785.

Bild:
<< vorherige Seite



entdecken können, so war es ihm wohl leichter
auf der Erde es zu bewerkstelligen.

Einst begegnete Victorin diesem Petitmaitre al-
lein auf dem Walle, da er seinen Wagen, mit dem
er wieder in die schönen Straßen der Stadt zurück
kehren sollte, von allen Seiten besah.

"Mein Herr, sagt' er, indem er sich ihm auf
eine gute Art näherte, ich besitze ein Geheimniß, das
ihnen vielleicht angenehm seyn würde; ich will ihren
Wagen ohne Pferde in Gang bringen *)."

Diese Worte erregten die Aufmerksamkeit des
Petitmaiters; er blieb stehn, und da er den ganz
gut gekleideten jungen Menschen sah, fragt' er ihn,
wer er wäre?

"Noch bin ich blos Schreiber bey einem Sach-
walter, antwortete Victorin; aber ich habe glän-
zende Aussichten."

"Jndeß dachte der Petitmaitre zum erstenmale
nach, und warf einen Blick auf seine Pferde --
Ein schönes Geheimniß, rief er, wodurch mein Wa-
gen ohne seine größte Zierde fortgehn soll!"

"Auch
*) 1779 geschah eine Ankündigung von einem Manne,
der das zweyte Geheimniß des Victorin besitzt.
Man wird meinen Freund nicht beschuldigen, es
seinem Helden als eine Nachahmung dieses Machini-
sten, beygelegt zu haben; weil die Handschrift von
dem seligen Herrn von Mourubert, der vor der An-
kündigung gestorben, unterzeichnet ist, Joly.



entdecken koͤnnen, ſo war es ihm wohl leichter
auf der Erde es zu bewerkſtelligen.

Einſt begegnete Victorin dieſem Petitmaitre al-
lein auf dem Walle, da er ſeinen Wagen, mit dem
er wieder in die ſchoͤnen Straßen der Stadt zuruͤck
kehren ſollte, von allen Seiten beſah.

„Mein Herr, ſagt’ er, indem er ſich ihm auf
eine gute Art naͤherte, ich beſitze ein Geheimniß, das
ihnen vielleicht angenehm ſeyn wuͤrde; ich will ihren
Wagen ohne Pferde in Gang bringen *).‟

Dieſe Worte erregten die Aufmerkſamkeit des
Petitmaiters; er blieb ſtehn, und da er den ganz
gut gekleideten jungen Menſchen ſah, fragt’ er ihn,
wer er waͤre?

„Noch bin ich blos Schreiber bey einem Sach-
walter, antwortete Victorin; aber ich habe glaͤn-
zende Ausſichten.‟

„Jndeß dachte der Petitmaitre zum erſtenmale
nach, und warf einen Blick auf ſeine Pferde —
Ein ſchoͤnes Geheimniß, rief er, wodurch mein Wa-
gen ohne ſeine groͤßte Zierde fortgehn ſoll!‟

„Auch
*) 1779 geſchah eine Ankuͤndigung von einem Manne,
der das zweyte Geheimniß des Victorin beſitzt.
Man wird meinen Freund nicht beſchuldigen, es
ſeinem Helden als eine Nachahmung dieſes Machini-
ſten, beygelegt zu haben; weil die Handſchrift von
dem ſeligen Herrn von Mourubert, der vor der An-
kuͤndigung geſtorben, unterzeichnet iſt, Joly.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0050" n="42"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
entdecken ko&#x0364;nnen, &#x017F;o war es ihm wohl leichter<lb/>
auf der Erde es zu bewerk&#x017F;telligen.</p><lb/>
        <p>Ein&#x017F;t begegnete Victorin die&#x017F;em Petitmaitre al-<lb/>
lein auf dem Walle, da er &#x017F;einen Wagen, mit dem<lb/>
er wieder in die &#x017F;cho&#x0364;nen Straßen der Stadt zuru&#x0364;ck<lb/>
kehren &#x017F;ollte, von allen Seiten be&#x017F;ah.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Mein Herr, &#x017F;agt&#x2019; er, indem er &#x017F;ich ihm auf<lb/>
eine gute Art na&#x0364;herte, ich be&#x017F;itze ein Geheimniß, das<lb/>
ihnen vielleicht angenehm &#x017F;eyn wu&#x0364;rde; ich will ihren<lb/>
Wagen ohne Pferde in Gang bringen <note place="foot" n="*)">1779 ge&#x017F;chah eine Anku&#x0364;ndigung von einem Manne,<lb/>
der das zweyte Geheimniß des Victorin be&#x017F;itzt.<lb/>
Man wird meinen Freund nicht be&#x017F;chuldigen, es<lb/>
&#x017F;einem Helden als eine Nachahmung die&#x017F;es Machini-<lb/>
&#x017F;ten, beygelegt zu haben; weil die Hand&#x017F;chrift von<lb/>
dem &#x017F;eligen Herrn von Mourubert, der vor der An-<lb/>
ku&#x0364;ndigung ge&#x017F;torben, unterzeichnet <hi rendition="#fr">i&#x017F;t, Joly.</hi></note>.&#x201F;</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e Worte erregten die Aufmerk&#x017F;amkeit des<lb/>
Petitmaiters; er blieb &#x017F;tehn, und da er den ganz<lb/>
gut gekleideten jungen Men&#x017F;chen &#x017F;ah, fragt&#x2019; er ihn,<lb/>
wer er wa&#x0364;re?</p><lb/>
        <p>&#x201E;Noch bin ich blos Schreiber bey einem Sach-<lb/>
walter, antwortete Victorin; aber ich habe gla&#x0364;n-<lb/>
zende Aus&#x017F;ichten.&#x201F;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Jndeß dachte der Petitmaitre zum er&#x017F;tenmale<lb/>
nach, und warf einen Blick auf &#x017F;eine Pferde &#x2014;<lb/>
Ein &#x017F;cho&#x0364;nes Geheimniß, rief er, wodurch mein Wa-<lb/>
gen ohne &#x017F;eine gro&#x0364;ßte Zierde fortgehn &#x017F;oll!&#x201F;</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">&#x201E;Auch</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[42/0050] entdecken koͤnnen, ſo war es ihm wohl leichter auf der Erde es zu bewerkſtelligen. Einſt begegnete Victorin dieſem Petitmaitre al- lein auf dem Walle, da er ſeinen Wagen, mit dem er wieder in die ſchoͤnen Straßen der Stadt zuruͤck kehren ſollte, von allen Seiten beſah. „Mein Herr, ſagt’ er, indem er ſich ihm auf eine gute Art naͤherte, ich beſitze ein Geheimniß, das ihnen vielleicht angenehm ſeyn wuͤrde; ich will ihren Wagen ohne Pferde in Gang bringen *).‟ Dieſe Worte erregten die Aufmerkſamkeit des Petitmaiters; er blieb ſtehn, und da er den ganz gut gekleideten jungen Menſchen ſah, fragt’ er ihn, wer er waͤre? „Noch bin ich blos Schreiber bey einem Sach- walter, antwortete Victorin; aber ich habe glaͤn- zende Ausſichten.‟ „Jndeß dachte der Petitmaitre zum erſtenmale nach, und warf einen Blick auf ſeine Pferde — Ein ſchoͤnes Geheimniß, rief er, wodurch mein Wa- gen ohne ſeine groͤßte Zierde fortgehn ſoll!‟ „Auch *) 1779 geſchah eine Ankuͤndigung von einem Manne, der das zweyte Geheimniß des Victorin beſitzt. Man wird meinen Freund nicht beſchuldigen, es ſeinem Helden als eine Nachahmung dieſes Machini- ſten, beygelegt zu haben; weil die Handſchrift von dem ſeligen Herrn von Mourubert, der vor der An- kuͤndigung geſtorben, unterzeichnet iſt, Joly.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/50
Zitationshilfe: Rétif de La Bretonne, Nicolas-Edme: Der fliegende Mensch. Übers. v. Wilhelm Christhelf Siegmund Mylius. 2. Aufl. Dresden u. a., 1785, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/retif_mensch_1785/50>, abgerufen am 23.04.2024.