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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753.

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des Ortes und der Erde.
in eben der Grösse wie ich sie hatte versetzen las-
sen, trieben auch kleine und kränkliche Sommer-
Sprossen, und gingen endlich zurück und ver-
darben. Hingegen wuchsen diejenigen jungen
Bäume, welche an einen solchen Ort versetzet wor-
den, alwo kein alter Baum gestanden hatte, sehr
schöne, trieben ihre Sommer Reiser in die Höhe
und brachten nach wenig Jahren ihre Früchte.

Hierdurch kam ich hinter die Wahrheit,
warum meine gepflanzten Bäume an den Or-
ten, wo alte Obst-Bäume gestanden hatten, nicht
fort wachsen wolten: nemlich weil die alten Bäu-
me von so vielen Jahren her durch ihre tiefe
Wurzeln die Salia, welche zum Wachsthum
der jungen nöthig sind, aus der Erde heraus ge-
sogen, und der Erdboden sich in so vielen Jah-
ren an den verlohrnen Kräften nicht wieder
hat erholen können, wovon in der Abhandlung
vom Samen-Werk p. 61. kan nachgelesen wer-
den. Hieraus erhellet ohnwidersprechlich, daß,
wo einmal eine Baum-Schule gestanden, man
wohl in 30. Jahren keine wiederum an solchem
Orte anlegen darf.

Dieses kan ich auch noch aus einer andern
Erfahrung darthun. Vor der Contagion hatten
unsere sogenanten Erfurtischen Gärtner viele
Baum-Schulen im freyen Felde angeleget, wel-
che aber wegen der betrübten Zeiten eingegangen
waren. Nach der Zeit, ohngefehr vor 50. Jahren,
fiengen einige an wiederum auf eben den nem-

lichen
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des Ortes und der Erde.
in eben der Groͤſſe wie ich ſie hatte verſetzen laſ-
ſen, trieben auch kleine und kraͤnkliche Sommer-
Sproſſen, und gingen endlich zuruͤck und ver-
darben. Hingegen wuchſen diejenigen jungen
Baͤume, welche an einen ſolchen Ort verſetzet wor-
den, alwo kein alter Baum geſtanden hatte, ſehr
ſchoͤne, trieben ihre Sommer Reiſer in die Hoͤhe
und brachten nach wenig Jahren ihre Fruͤchte.

Hierdurch kam ich hinter die Wahrheit,
warum meine gepflanzten Baͤume an den Or-
ten, wo alte Obſt-Baͤume geſtanden hatten, nicht
fort wachſen wolten: nemlich weil die alten Baͤu-
me von ſo vielen Jahren her durch ihre tiefe
Wurzeln die Salia, welche zum Wachsthum
der jungen noͤthig ſind, aus der Erde heraus ge-
ſogen, und der Erdboden ſich in ſo vielen Jah-
ren an den verlohrnen Kraͤften nicht wieder
hat erholen koͤnnen, wovon in der Abhandlung
vom Samen-Werk p. 61. kan nachgeleſen wer-
den. Hieraus erhellet ohnwiderſprechlich, daß,
wo einmal eine Baum-Schule geſtanden, man
wohl in 30. Jahren keine wiederum an ſolchem
Orte anlegen darf.

Dieſes kan ich auch noch aus einer andern
Erfahrung darthun. Vor der Contagion hatten
unſere ſogenanten Erfurtiſchen Gaͤrtner viele
Baum-Schulen im freyen Felde angeleget, wel-
che aber wegen der betruͤbten Zeiten eingegangen
waren. Nach der Zeit, ohngefehr vor 50. Jahren,
fiengen einige an wiederum auf eben den nem-

lichen
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[5/0037] des Ortes und der Erde. in eben der Groͤſſe wie ich ſie hatte verſetzen laſ- ſen, trieben auch kleine und kraͤnkliche Sommer- Sproſſen, und gingen endlich zuruͤck und ver- darben. Hingegen wuchſen diejenigen jungen Baͤume, welche an einen ſolchen Ort verſetzet wor- den, alwo kein alter Baum geſtanden hatte, ſehr ſchoͤne, trieben ihre Sommer Reiſer in die Hoͤhe und brachten nach wenig Jahren ihre Fruͤchte. Hierdurch kam ich hinter die Wahrheit, warum meine gepflanzten Baͤume an den Or- ten, wo alte Obſt-Baͤume geſtanden hatten, nicht fort wachſen wolten: nemlich weil die alten Baͤu- me von ſo vielen Jahren her durch ihre tiefe Wurzeln die Salia, welche zum Wachsthum der jungen noͤthig ſind, aus der Erde heraus ge- ſogen, und der Erdboden ſich in ſo vielen Jah- ren an den verlohrnen Kraͤften nicht wieder hat erholen koͤnnen, wovon in der Abhandlung vom Samen-Werk p. 61. kan nachgeleſen wer- den. Hieraus erhellet ohnwiderſprechlich, daß, wo einmal eine Baum-Schule geſtanden, man wohl in 30. Jahren keine wiederum an ſolchem Orte anlegen darf. Dieſes kan ich auch noch aus einer andern Erfahrung darthun. Vor der Contagion hatten unſere ſogenanten Erfurtiſchen Gaͤrtner viele Baum-Schulen im freyen Felde angeleget, wel- che aber wegen der betruͤbten Zeiten eingegangen waren. Nach der Zeit, ohngefehr vor 50. Jahren, fiengen einige an wiederum auf eben den nem- lichen A 3

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Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/37>, abgerufen am 29.03.2024.