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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 1. Erfurt, 1753.

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5. Cap. Erinnerung an die
möchten, und lassen also die Leute in ihrer Unwissen-
heit dahin gehen. Theils Gärtner lassen sich auch
hierinnen nicht irre machen, können es auch nicht
begreiffen, und lassen sich eher dabey todt schlagen,
als daß sie glauben solten, daß es einerley Same
sey, auch denken sie nicht so viel nach, daß das Aus-
säen in eines jeden Menschen Wilkühr stehet, ob
er seine Samen wil frühe oder langsam aussäen.
Genung, wenn man nur aufrichtigen Samen be-
komt, das Aussäen stehet hernachmalen bey dem
Gärtner.

Theils Samen-Händler machen es wie
manche Wirthe, welche aus einem Faß 2, 3 und 4
gl. Wein zu zapfen pflegen, da es doch einerley ist.
Die Welt wil und muß betrogen seyn. Wenn
nun einfältige Leute darbey bleiben, und der festen
Meinung sind, so muß man sie gehen lassen, über
dieses würden sie keinen Samen kaufen. Genug,
man gebe denen Leuten guten und aufrichtigen
Samen, sie mögen solchen hernachmalen säen,
wenn sie wollen.

Gleichergestalt habe ich mich vielmahl ge-
wundert, daß sich viele verständige Gärtner
und andere Leute gefunden, welche weissen
Sommer- und Winter-Kraut- oder Kopf-Kohl-
Samen gefordert. Wenn ich nun ihnen auf-
richtige Vorstellung gethan, es wäre einerley
Samen, und differire nur in der Säe- und
Verpflanzens-Zeit, so haben sie in der That
von mir keinen Samen genommen, und sind
dahero fortgegangen. Nachdem ich aber sol-

che

5. Cap. Erinnerung an die
moͤchten, und laſſen alſo die Leute in ihrer Unwiſſen-
heit dahin gehen. Theils Gaͤrtner laſſen ſich auch
hierinnen nicht irre machen, koͤnnen es auch nicht
begreiffen, und laſſen ſich eher dabey todt ſchlagen,
als daß ſie glauben ſolten, daß es einerley Same
ſey, auch denken ſie nicht ſo viel nach, daß das Aus-
ſaͤen in eines jeden Menſchen Wilkuͤhr ſtehet, ob
er ſeine Samen wil fruͤhe oder langſam ausſaͤen.
Genung, wenn man nur aufrichtigen Samen be-
komt, das Ausſaͤen ſtehet hernachmalen bey dem
Gaͤrtner.

Theils Samen-Haͤndler machen es wie
manche Wirthe, welche aus einem Faß 2, 3 und 4
gl. Wein zu zapfen pflegen, da es doch einerley iſt.
Die Welt wil und muß betrogen ſeyn. Wenn
nun einfaͤltige Leute darbey bleiben, und der feſten
Meinung ſind, ſo muß man ſie gehen laſſen, uͤber
dieſes wuͤrden ſie keinen Samen kaufen. Genug,
man gebe denen Leuten guten und aufrichtigen
Samen, ſie moͤgen ſolchen hernachmalen ſaͤen,
wenn ſie wollen.

Gleichergeſtalt habe ich mich vielmahl ge-
wundert, daß ſich viele verſtaͤndige Gaͤrtner
und andere Leute gefunden, welche weiſſen
Sommer- und Winter-Kraut- oder Kopf-Kohl-
Samen gefordert. Wenn ich nun ihnen auf-
richtige Vorſtellung gethan, es waͤre einerley
Samen, und differire nur in der Saͤe- und
Verpflanzens-Zeit, ſo haben ſie in der That
von mir keinen Samen genommen, und ſind
dahero fortgegangen. Nachdem ich aber ſol-

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[26/0047] 5. Cap. Erinnerung an die moͤchten, und laſſen alſo die Leute in ihrer Unwiſſen- heit dahin gehen. Theils Gaͤrtner laſſen ſich auch hierinnen nicht irre machen, koͤnnen es auch nicht begreiffen, und laſſen ſich eher dabey todt ſchlagen, als daß ſie glauben ſolten, daß es einerley Same ſey, auch denken ſie nicht ſo viel nach, daß das Aus- ſaͤen in eines jeden Menſchen Wilkuͤhr ſtehet, ob er ſeine Samen wil fruͤhe oder langſam ausſaͤen. Genung, wenn man nur aufrichtigen Samen be- komt, das Ausſaͤen ſtehet hernachmalen bey dem Gaͤrtner. Theils Samen-Haͤndler machen es wie manche Wirthe, welche aus einem Faß 2, 3 und 4 gl. Wein zu zapfen pflegen, da es doch einerley iſt. Die Welt wil und muß betrogen ſeyn. Wenn nun einfaͤltige Leute darbey bleiben, und der feſten Meinung ſind, ſo muß man ſie gehen laſſen, uͤber dieſes wuͤrden ſie keinen Samen kaufen. Genug, man gebe denen Leuten guten und aufrichtigen Samen, ſie moͤgen ſolchen hernachmalen ſaͤen, wenn ſie wollen. Gleichergeſtalt habe ich mich vielmahl ge- wundert, daß ſich viele verſtaͤndige Gaͤrtner und andere Leute gefunden, welche weiſſen Sommer- und Winter-Kraut- oder Kopf-Kohl- Samen gefordert. Wenn ich nun ihnen auf- richtige Vorſtellung gethan, es waͤre einerley Samen, und differire nur in der Saͤe- und Verpflanzens-Zeit, ſo haben ſie in der That von mir keinen Samen genommen, und ſind dahero fortgegangen. Nachdem ich aber ſol- che

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Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 1. Erfurt, 1753, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz01_1753/47>, abgerufen am 28.03.2024.