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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 1. Erfurt, 1753.

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des Samen-Cabinets.
lies, und den morgenden Tag darnach sahe, und
versuchte, ob der gedachte Leim seine Probe halten
würde, so gieng hier und da dieses und jenes bey
dem Angreifen herunter, daß es hernachmalen
wie altes verfaultes und von Würmern zerfres-
senes Holz anzusehen war.

Bey dieser Spiel-Arbeit gedachte ich nicht so
sehr an meine Schmerzen, sondern war gedultig
dabey, und radirte sowol die Phaseolen als die an-
dern Samen, so noch daran geblieben, von dem
Sränklein herunter. Was war nun bey dieser
Arbeit zu thun? Es gefiel mir gleichwol diese
Auslegung um des äusserlichen und Artigen Anse-
hens willen, dahero versuchte ich mein Heyl noch
einmal, und mein Schreiner versicherte, es müste
halten. Als ich nun wiederum fertig war, fielen
meine Samen abermal herunter. Jch war ver-
drüslich darüber, und wolte es gar liegen lassen.

Endlich nahm ich ein rohes und gehobeltes
Bret, und leimete sowol die gespaltenen Phaseo-
len als andere Samen darauf, jedoch nahm ich et-
was Terpentin unter den Leim. Als dieselben
einige Stunden darauf gestanden, so blieben sie
feste stehen. Durch dieses kam ich hinter die
Wahrheit, warum meine vorige Arbeit auf meine
Schränklein nicht halten wolte: es war nichts
anders Schuld daran, als daß es vorhero gemah-
let war, Leim wiederum auf Leim und Farbe konte
nicht halten. Mein Schreiner muste herbey
kommen und die Farbe von den Schränklein ab-
scharren, und also hatte ich frisches Holz, worauf

ich

des Samen-Cabinets.
lies, und den morgenden Tag darnach ſahe, und
verſuchte, ob der gedachte Leim ſeine Probe halten
wuͤrde, ſo gieng hier und da dieſes und jenes bey
dem Angreifen herunter, daß es hernachmalen
wie altes verfaultes und von Wuͤrmern zerfreſ-
ſenes Holz anzuſehen war.

Bey dieſer Spiel-Arbeit gedachte ich nicht ſo
ſehr an meine Schmerzen, ſondern war gedultig
dabey, und radirte ſowol die Phaſeolen als die an-
dern Samen, ſo noch daran geblieben, von dem
Sraͤnklein herunter. Was war nun bey dieſer
Arbeit zu thun? Es gefiel mir gleichwol dieſe
Auslegung um des aͤuſſerlichen und Artigen Anſe-
hens willen, dahero verſuchte ich mein Heyl noch
einmal, und mein Schreiner verſicherte, es muͤſte
halten. Als ich nun wiederum fertig war, fielen
meine Samen abermal herunter. Jch war ver-
druͤslich daruͤber, und wolte es gar liegen laſſen.

Endlich nahm ich ein rohes und gehobeltes
Bret, und leimete ſowol die geſpaltenen Phaſeo-
len als andere Samen darauf, jedoch nahm ich et-
was Terpentin unter den Leim. Als dieſelben
einige Stunden darauf geſtanden, ſo blieben ſie
feſte ſtehen. Durch dieſes kam ich hinter die
Wahrheit, warum meine vorige Arbeit auf meine
Schraͤnklein nicht halten wolte: es war nichts
anders Schuld daran, als daß es vorhero gemah-
let war, Leim wiederum auf Leim und Farbe konte
nicht halten. Mein Schreiner muſte herbey
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[11/0032] des Samen-Cabinets. lies, und den morgenden Tag darnach ſahe, und verſuchte, ob der gedachte Leim ſeine Probe halten wuͤrde, ſo gieng hier und da dieſes und jenes bey dem Angreifen herunter, daß es hernachmalen wie altes verfaultes und von Wuͤrmern zerfreſ- ſenes Holz anzuſehen war. Bey dieſer Spiel-Arbeit gedachte ich nicht ſo ſehr an meine Schmerzen, ſondern war gedultig dabey, und radirte ſowol die Phaſeolen als die an- dern Samen, ſo noch daran geblieben, von dem Sraͤnklein herunter. Was war nun bey dieſer Arbeit zu thun? Es gefiel mir gleichwol dieſe Auslegung um des aͤuſſerlichen und Artigen Anſe- hens willen, dahero verſuchte ich mein Heyl noch einmal, und mein Schreiner verſicherte, es muͤſte halten. Als ich nun wiederum fertig war, fielen meine Samen abermal herunter. Jch war ver- druͤslich daruͤber, und wolte es gar liegen laſſen. Endlich nahm ich ein rohes und gehobeltes Bret, und leimete ſowol die geſpaltenen Phaſeo- len als andere Samen darauf, jedoch nahm ich et- was Terpentin unter den Leim. Als dieſelben einige Stunden darauf geſtanden, ſo blieben ſie feſte ſtehen. Durch dieſes kam ich hinter die Wahrheit, warum meine vorige Arbeit auf meine Schraͤnklein nicht halten wolte: es war nichts anders Schuld daran, als daß es vorhero gemah- let war, Leim wiederum auf Leim und Farbe konte nicht halten. Mein Schreiner muſte herbey kommen und die Farbe von den Schraͤnklein ab- ſcharren, und alſo hatte ich friſches Holz, worauf ich

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Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 1. Erfurt, 1753, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz01_1753/32>, abgerufen am 29.03.2024.