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Reich, Moses Josef: Mammon im Gebirge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–45. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Besten haben! Wenn ich ein Narr gewesen wäre, hätte ich graue Haare unter der Pickelhaube kriegt! Na, horch, ich werde dir's erzählen, wie ich mich davongemacht habe, aber was ich sagen werde, daran kannst du glauben, wie ans Evangelium! Ich bin ein geborner Preuße! sperr's Maul nicht so auf, es fliegt dir doch kein Bräutigam hinein! Drüben muß jeder dienen, außer den Buckligen und Lahmen -- du siehst, ich war ein geschlacker Bursch, ich mußte einrücken, da half kein Donnerwetter! -- In den vierzehn Tagen habt Ihr's Schimpfen und Wettern recht gut erlernt! spottete Trude. -- Horch, Malefizin! ich kam gleich ins Gefecht! sei ruhig, ich habe keine Seele auf mir! meine Hände sind rein. -- Seht nur besser drauf! lachte Trude, 's hat Pech dran! -- Von Blut rein, von Menschenblut, mein' ich! wir standen in Peiker, der Feind hatte sich plänkelnd zurückgezogen, 's waren nur streifende Franzosen-Marodeurs. -- Was sind das für Leute? -- Räuber und Plünderer; schöne Mädel sind ihnen noch lieber als gebratene Gänse! Ich stand unter den Vorposten, drüben sah ich die schwarzgelbe Brücke, die Kameraden schnarchten unter den Zelten, 's war taubstummstockblindschwarze Nacht, ein Vorposten konnt' den andern nicht sehen, nur hören, wenn er den Kolben anstieß, da nahm ich die Füße über die Schulter und sagte: Ade, Vaterland, ade guter König! wie eine Kugel so schnell war ich drüben. Denk dir den Schrecken, Mädel, ich plumpse gerade in einen Mann hinein, der mich mit beiden Armen packt, ich packte ihn auch, beide

Besten haben! Wenn ich ein Narr gewesen wäre, hätte ich graue Haare unter der Pickelhaube kriegt! Na, horch, ich werde dir's erzählen, wie ich mich davongemacht habe, aber was ich sagen werde, daran kannst du glauben, wie ans Evangelium! Ich bin ein geborner Preuße! sperr's Maul nicht so auf, es fliegt dir doch kein Bräutigam hinein! Drüben muß jeder dienen, außer den Buckligen und Lahmen — du siehst, ich war ein geschlacker Bursch, ich mußte einrücken, da half kein Donnerwetter! — In den vierzehn Tagen habt Ihr's Schimpfen und Wettern recht gut erlernt! spottete Trude. — Horch, Malefizin! ich kam gleich ins Gefecht! sei ruhig, ich habe keine Seele auf mir! meine Hände sind rein. — Seht nur besser drauf! lachte Trude, 's hat Pech dran! — Von Blut rein, von Menschenblut, mein' ich! wir standen in Peiker, der Feind hatte sich plänkelnd zurückgezogen, 's waren nur streifende Franzosen-Marodeurs. — Was sind das für Leute? — Räuber und Plünderer; schöne Mädel sind ihnen noch lieber als gebratene Gänse! Ich stand unter den Vorposten, drüben sah ich die schwarzgelbe Brücke, die Kameraden schnarchten unter den Zelten, 's war taubstummstockblindschwarze Nacht, ein Vorposten konnt' den andern nicht sehen, nur hören, wenn er den Kolben anstieß, da nahm ich die Füße über die Schulter und sagte: Ade, Vaterland, ade guter König! wie eine Kugel so schnell war ich drüben. Denk dir den Schrecken, Mädel, ich plumpse gerade in einen Mann hinein, der mich mit beiden Armen packt, ich packte ihn auch, beide

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[0019] Besten haben! Wenn ich ein Narr gewesen wäre, hätte ich graue Haare unter der Pickelhaube kriegt! Na, horch, ich werde dir's erzählen, wie ich mich davongemacht habe, aber was ich sagen werde, daran kannst du glauben, wie ans Evangelium! Ich bin ein geborner Preuße! sperr's Maul nicht so auf, es fliegt dir doch kein Bräutigam hinein! Drüben muß jeder dienen, außer den Buckligen und Lahmen — du siehst, ich war ein geschlacker Bursch, ich mußte einrücken, da half kein Donnerwetter! — In den vierzehn Tagen habt Ihr's Schimpfen und Wettern recht gut erlernt! spottete Trude. — Horch, Malefizin! ich kam gleich ins Gefecht! sei ruhig, ich habe keine Seele auf mir! meine Hände sind rein. — Seht nur besser drauf! lachte Trude, 's hat Pech dran! — Von Blut rein, von Menschenblut, mein' ich! wir standen in Peiker, der Feind hatte sich plänkelnd zurückgezogen, 's waren nur streifende Franzosen-Marodeurs. — Was sind das für Leute? — Räuber und Plünderer; schöne Mädel sind ihnen noch lieber als gebratene Gänse! Ich stand unter den Vorposten, drüben sah ich die schwarzgelbe Brücke, die Kameraden schnarchten unter den Zelten, 's war taubstummstockblindschwarze Nacht, ein Vorposten konnt' den andern nicht sehen, nur hören, wenn er den Kolben anstieß, da nahm ich die Füße über die Schulter und sagte: Ade, Vaterland, ade guter König! wie eine Kugel so schnell war ich drüben. Denk dir den Schrecken, Mädel, ich plumpse gerade in einen Mann hinein, der mich mit beiden Armen packt, ich packte ihn auch, beide

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Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:03:58Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Reich, Moses Josef: Mammon im Gebirge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–45. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reich_mammon_1910/19>, abgerufen am 20.04.2024.