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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Italienischer Krieg im J. 1528.
was ihm die entschiedene Verbindung mit einem so ange-
sehenen Häuptling nützen könne. Er betrachtete sich als den
Mittelpunct der Opposition gegen Oestreich, als deren Mit-
glieder er Frankreich, Venedig, Polen und den Papst selbst
nannte, "diesen armen Priester, von welchem der Glaube
der Christen ausgeht, und den sie doch so schonungslos
mißhandele." Er war überzeugt, er müsse sich bei Zeiten
der Macht des Kaisers entgegensetzen. Denn sie sey, sagt
er, "wie ein aus kleinen Bächen und schmelzendem Schnee
zusammenströmendes Gewässer, das zuletzt das feste Haus
in der Bergkluft untergrabe." 1 Die östreichischen Gesand-
ten behaupten, der König von Polen habe den Sultan noch
im October 1528 durch eine eigne Botschaft auffordern las-
sen, den Krieg gegen den Kaiser im nächsten Jahr zu un-
ternehmen, da werde auch er ihm zu Hülfe kommen. Su-
leiman war wohl schon ohnehin entschlossen dazu. Dem
Gesandten Ferdinands, Habordancz, der nach Constantino-
pel gekommen war, um die Zurückgabe von 24 altungrischen
Plätze zu fordern, und dafür nichts als eine Geldentschä-
digung anzubieten, antwortete er: er werde in eigner Per-
son mit aller seiner Macht sich erheben um die Festungen
zurückzustellen. Man kann denken, welch eine Gährung bei
dieser Kriegsaussicht in Ungarn entstand. Schon im Sep-
tember 1528 schrieb Andreas Bathory dem König Ferdi-
nand, er stehe in Mitte der Rebellen, und habe den Tod
vor Augen. Es war noch in demselben Jahr, daß der
Hospodar der Moldau, Peter Raresch, lange Zeit ein Fi-
scher, aber jetzt als wahrer Dragoschide vom Hause des

1 Bericht des Habordancz bei Bucholz III, 596.
Ranke d. Gesch. III. 3

Italieniſcher Krieg im J. 1528.
was ihm die entſchiedene Verbindung mit einem ſo ange-
ſehenen Häuptling nützen könne. Er betrachtete ſich als den
Mittelpunct der Oppoſition gegen Oeſtreich, als deren Mit-
glieder er Frankreich, Venedig, Polen und den Papſt ſelbſt
nannte, „dieſen armen Prieſter, von welchem der Glaube
der Chriſten ausgeht, und den ſie doch ſo ſchonungslos
mißhandele.“ Er war überzeugt, er müſſe ſich bei Zeiten
der Macht des Kaiſers entgegenſetzen. Denn ſie ſey, ſagt
er, „wie ein aus kleinen Bächen und ſchmelzendem Schnee
zuſammenſtrömendes Gewäſſer, das zuletzt das feſte Haus
in der Bergkluft untergrabe.“ 1 Die öſtreichiſchen Geſand-
ten behaupten, der König von Polen habe den Sultan noch
im October 1528 durch eine eigne Botſchaft auffordern laſ-
ſen, den Krieg gegen den Kaiſer im nächſten Jahr zu un-
ternehmen, da werde auch er ihm zu Hülfe kommen. Su-
leiman war wohl ſchon ohnehin entſchloſſen dazu. Dem
Geſandten Ferdinands, Habordancz, der nach Conſtantino-
pel gekommen war, um die Zurückgabe von 24 altungriſchen
Plätze zu fordern, und dafür nichts als eine Geldentſchä-
digung anzubieten, antwortete er: er werde in eigner Per-
ſon mit aller ſeiner Macht ſich erheben um die Feſtungen
zurückzuſtellen. Man kann denken, welch eine Gährung bei
dieſer Kriegsausſicht in Ungarn entſtand. Schon im Sep-
tember 1528 ſchrieb Andreas Bathory dem König Ferdi-
nand, er ſtehe in Mitte der Rebellen, und habe den Tod
vor Augen. Es war noch in demſelben Jahr, daß der
Hospodar der Moldau, Peter Rareſch, lange Zeit ein Fi-
ſcher, aber jetzt als wahrer Dragoſchide vom Hauſe des

1 Bericht des Habordancz bei Bucholz III, 596.
Ranke d. Geſch. III. 3
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[33/0049] Italieniſcher Krieg im J. 1528. was ihm die entſchiedene Verbindung mit einem ſo ange- ſehenen Häuptling nützen könne. Er betrachtete ſich als den Mittelpunct der Oppoſition gegen Oeſtreich, als deren Mit- glieder er Frankreich, Venedig, Polen und den Papſt ſelbſt nannte, „dieſen armen Prieſter, von welchem der Glaube der Chriſten ausgeht, und den ſie doch ſo ſchonungslos mißhandele.“ Er war überzeugt, er müſſe ſich bei Zeiten der Macht des Kaiſers entgegenſetzen. Denn ſie ſey, ſagt er, „wie ein aus kleinen Bächen und ſchmelzendem Schnee zuſammenſtrömendes Gewäſſer, das zuletzt das feſte Haus in der Bergkluft untergrabe.“ 1 Die öſtreichiſchen Geſand- ten behaupten, der König von Polen habe den Sultan noch im October 1528 durch eine eigne Botſchaft auffordern laſ- ſen, den Krieg gegen den Kaiſer im nächſten Jahr zu un- ternehmen, da werde auch er ihm zu Hülfe kommen. Su- leiman war wohl ſchon ohnehin entſchloſſen dazu. Dem Geſandten Ferdinands, Habordancz, der nach Conſtantino- pel gekommen war, um die Zurückgabe von 24 altungriſchen Plätze zu fordern, und dafür nichts als eine Geldentſchä- digung anzubieten, antwortete er: er werde in eigner Per- ſon mit aller ſeiner Macht ſich erheben um die Feſtungen zurückzuſtellen. Man kann denken, welch eine Gährung bei dieſer Kriegsausſicht in Ungarn entſtand. Schon im Sep- tember 1528 ſchrieb Andreas Bathory dem König Ferdi- nand, er ſtehe in Mitte der Rebellen, und habe den Tod vor Augen. Es war noch in demſelben Jahr, daß der Hospodar der Moldau, Peter Rareſch, lange Zeit ein Fi- ſcher, aber jetzt als wahrer Dragoſchide vom Hauſe des 1 Bericht des Habordancz bei Bucholz III, 596. Ranke d. Geſch. III. 3

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/49>, abgerufen am 29.03.2024.