Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

persische König verliebt sich in Saudabah, Tochter des Königs Zulzogar, auf den Ruf von ihrer Schönheit. Er überzieht ihren Vater mit Krieg, und die Geliebte ist der Preis des Friedens. Sie wird die zweyte Gemahlin des Caikau, verliebt sich in dessen Sohn Siavesch, der ihre Anträge mit Abscheu zurückweist, und beschuldigt diesen bey seinem Vater, daß er ihr habe Gewalt anthun wollen. Aber eine Feuerprobe befreyet ihn von dem Verdachte, und stellt Saudabah als die Schuldige dar. - Dieß macht eine kurze Episode in einem langen Heldenromane aus.

Ueberhaupt dürfte das Institut der Ritterschaft und ihr Geist schwerlich aus dem Oriente herzuleiten seyn. Daß es dort kühne Abentheurer gegeben habe, deren Ruf auf die Abendländer gewirkt habe, daß solche Abentheurer sich zu einzelnen Korporationen gebildet haben können, das wird Niemand läugnen. 34) Aber eines Theils wird dadurch die zunftmäßige, an ein gewisses Ritual gebundene Verfassung nicht erwiesen; zweytens fragt es sich noch sehr, ob die Abendländer ihre Ideen über die Pflichten und Gebräuche der Ritterschaft nicht den Orientalern mitgetheilt haben? Es ist wahr, die Zweykämpfe waren unter den Arabern sehr gewöhnlich: 35) aber sie sind auch den Alten nicht unbekannt gewesen. Es ist ferner wahr, daß das Ringelrennen bereits im Jahre der Hegire 295 unter den Orientalern bekannt gewesen

34) Herbelot, Article Bathal, und Douaz deh Rokh. Vergleiche Richardson a. a. O.
35) Richardson a. a. O. S. 240-248 der Deutschen Uebersetzung.

persische König verliebt sich in Saudabah, Tochter des Königs Zulzogar, auf den Ruf von ihrer Schönheit. Er überzieht ihren Vater mit Krieg, und die Geliebte ist der Preis des Friedens. Sie wird die zweyte Gemahlin des Caikau, verliebt sich in dessen Sohn Siavesch, der ihre Anträge mit Abscheu zurückweist, und beschuldigt diesen bey seinem Vater, daß er ihr habe Gewalt anthun wollen. Aber eine Feuerprobe befreyet ihn von dem Verdachte, und stellt Saudabah als die Schuldige dar. – Dieß macht eine kurze Episode in einem langen Heldenromane aus.

Ueberhaupt dürfte das Institut der Ritterschaft und ihr Geist schwerlich aus dem Oriente herzuleiten seyn. Daß es dort kühne Abentheurer gegeben habe, deren Ruf auf die Abendländer gewirkt habe, daß solche Abentheurer sich zu einzelnen Korporationen gebildet haben können, das wird Niemand läugnen. 34) Aber eines Theils wird dadurch die zunftmäßige, an ein gewisses Ritual gebundene Verfassung nicht erwiesen; zweytens fragt es sich noch sehr, ob die Abendländer ihre Ideen über die Pflichten und Gebräuche der Ritterschaft nicht den Orientalern mitgetheilt haben? Es ist wahr, die Zweykämpfe waren unter den Arabern sehr gewöhnlich: 35) aber sie sind auch den Alten nicht unbekannt gewesen. Es ist ferner wahr, daß das Ringelrennen bereits im Jahre der Hegire 295 unter den Orientalern bekannt gewesen

34) Herbelot, Article Bathal, und Douaz deh Rokh. Vergleiche Richardson a. a. O.
35) Richardson a. a. O. S. 240–248 der Deutschen Uebersetzung.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0040" n="40"/>
persische König verliebt sich in Saudabah, Tochter des Königs Zulzogar, auf den Ruf von ihrer Schönheit. Er überzieht ihren Vater mit Krieg, und die Geliebte ist der Preis des Friedens. Sie wird die zweyte Gemahlin des Caikau, verliebt sich in dessen Sohn Siavesch, der ihre Anträge mit Abscheu zurückweist, und beschuldigt diesen bey seinem Vater, daß er ihr habe Gewalt anthun wollen. Aber eine Feuerprobe befreyet ihn von dem <choice><sic>Verdachte</sic><corr>Verdachte,</corr></choice> und stellt Saudabah als die Schuldige dar. &#x2013; Dieß macht eine kurze Episode in einem langen Heldenromane aus.</p>
          <p>Ueberhaupt dürfte das Institut der Ritterschaft und ihr Geist schwerlich aus dem Oriente herzuleiten seyn. Daß es dort kühne Abentheurer gegeben habe, deren Ruf auf die Abendländer gewirkt habe, daß solche Abentheurer sich zu einzelnen Korporationen gebildet haben können, das wird Niemand läugnen. <note place="foot" n="34)"><hi rendition="#aq">Herbelot, Article Bathal,</hi> und <hi rendition="#aq">Douaz deh Rokh.</hi> Vergleiche Richardson a. a. O.</note> Aber eines Theils wird dadurch die zunftmäßige, an ein gewisses Ritual gebundene Verfassung nicht erwiesen; zweytens fragt es sich noch sehr, ob die Abendländer ihre Ideen über die Pflichten und Gebräuche der Ritterschaft nicht den Orientalern mitgetheilt haben? Es ist wahr, die Zweykämpfe waren unter den Arabern sehr gewöhnlich: <note place="foot" n="35)">Richardson a. a. O. S. 240&#x2013;248 der Deutschen Uebersetzung.</note> aber sie sind auch den Alten nicht unbekannt gewesen. Es ist ferner wahr, daß das Ringelrennen bereits im Jahre der Hegire 295 unter den Orientalern bekannt gewesen
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0040] persische König verliebt sich in Saudabah, Tochter des Königs Zulzogar, auf den Ruf von ihrer Schönheit. Er überzieht ihren Vater mit Krieg, und die Geliebte ist der Preis des Friedens. Sie wird die zweyte Gemahlin des Caikau, verliebt sich in dessen Sohn Siavesch, der ihre Anträge mit Abscheu zurückweist, und beschuldigt diesen bey seinem Vater, daß er ihr habe Gewalt anthun wollen. Aber eine Feuerprobe befreyet ihn von dem Verdachte, und stellt Saudabah als die Schuldige dar. – Dieß macht eine kurze Episode in einem langen Heldenromane aus. Ueberhaupt dürfte das Institut der Ritterschaft und ihr Geist schwerlich aus dem Oriente herzuleiten seyn. Daß es dort kühne Abentheurer gegeben habe, deren Ruf auf die Abendländer gewirkt habe, daß solche Abentheurer sich zu einzelnen Korporationen gebildet haben können, das wird Niemand läugnen. 34) Aber eines Theils wird dadurch die zunftmäßige, an ein gewisses Ritual gebundene Verfassung nicht erwiesen; zweytens fragt es sich noch sehr, ob die Abendländer ihre Ideen über die Pflichten und Gebräuche der Ritterschaft nicht den Orientalern mitgetheilt haben? Es ist wahr, die Zweykämpfe waren unter den Arabern sehr gewöhnlich: 35) aber sie sind auch den Alten nicht unbekannt gewesen. Es ist ferner wahr, daß das Ringelrennen bereits im Jahre der Hegire 295 unter den Orientalern bekannt gewesen 34) Herbelot, Article Bathal, und Douaz deh Rokh. Vergleiche Richardson a. a. O. 35) Richardson a. a. O. S. 240–248 der Deutschen Uebersetzung.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/40
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/40>, abgerufen am 19.04.2024.