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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.

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der niedrigsten Art, und nicht auf den Wunsch hinweiset, das Geliebte zu beglücken.

Eben so verhält es sich nun mit allen übrigen Gegenständen, die das Bild und das Gefühl des Edeln erwecken können, mit unsinnlichen und körperlichen Gegenständen; mit Naturprodukten und Kunstwerken; mit Gegenden, menschlichen und thierischen Gestalten; mit Gedichten, Gebäuden, Statuen, Gemählden, u. s. w. Ehe diese Gegenstände nicht wenigstens einem empirischen Begriffe von ihrem Wesen und ihrer Bestimmung unterworfen sind, wornach ihre Wahrheit und Zweckmäßigkeit beurtheilt werden mag; ehe kann ihre Kraft, Gewalt, Höhe, Einfachheit, Festigkeit, Dauer, Dunkelheit, Glanz, u. s. w. nur unbestimmt edle Bilder und Empfindungen erwecken. Dann aber werden sie ästhetisch edel, wenn diese Bilder mit dem Wesen und der Bestimmung der Gegenstände, von denen sie abgenommen werden, zusammengehen, und dadurch zugleich wahr und zweckmäßig erscheinen. Ein gewisses Dunkel erweckt leicht das Bild des Unbegreiflichen, Geheimnißvollen, Feyerlichen, Majestätischen, und dadurch Bilder eines Geistigen, das auf unsern Geist wonnevoll wirkt. Es ist unbestimmt edel. Ein düsterer Dohm, der Verehrung der Gottheit geweiht, kann ästhetisch edel seyn. Wer aber ein Odeum, einen Ort, der zu öffentlichen Vergnügungen bestimmt wäre, düster einrichten wollte, um ihm einen edeln Charakter zu geben, würde eine Absurdität begehen. Ausgebreitete Ebenen, Wiederholungen der nehmlichen Gestalten in abgestuften Zwischenräumen, erwecken leicht Bilder des Unendlichen, Unermeßlichen, Ewigen, und dadurch Bilder eines Geistigen, das wonnevoll auf unsern Geist wirkt. Sie sind unbestimmt

der niedrigsten Art, und nicht auf den Wunsch hinweiset, das Geliebte zu beglücken.

Eben so verhält es sich nun mit allen übrigen Gegenständen, die das Bild und das Gefühl des Edeln erwecken können, mit unsinnlichen und körperlichen Gegenständen; mit Naturprodukten und Kunstwerken; mit Gegenden, menschlichen und thierischen Gestalten; mit Gedichten, Gebäuden, Statuen, Gemählden, u. s. w. Ehe diese Gegenstände nicht wenigstens einem empirischen Begriffe von ihrem Wesen und ihrer Bestimmung unterworfen sind, wornach ihre Wahrheit und Zweckmäßigkeit beurtheilt werden mag; ehe kann ihre Kraft, Gewalt, Höhe, Einfachheit, Festigkeit, Dauer, Dunkelheit, Glanz, u. s. w. nur unbestimmt edle Bilder und Empfindungen erwecken. Dann aber werden sie ästhetisch edel, wenn diese Bilder mit dem Wesen und der Bestimmung der Gegenstände, von denen sie abgenommen werden, zusammengehen, und dadurch zugleich wahr und zweckmäßig erscheinen. Ein gewisses Dunkel erweckt leicht das Bild des Unbegreiflichen, Geheimnißvollen, Feyerlichen, Majestätischen, und dadurch Bilder eines Geistigen, das auf unsern Geist wonnevoll wirkt. Es ist unbestimmt edel. Ein düsterer Dohm, der Verehrung der Gottheit geweiht, kann ästhetisch edel seyn. Wer aber ein Odeum, einen Ort, der zu öffentlichen Vergnügungen bestimmt wäre, düster einrichten wollte, um ihm einen edeln Charakter zu geben, würde eine Absurdität begehen. Ausgebreitete Ebenen, Wiederholungen der nehmlichen Gestalten in abgestuften Zwischenräumen, erwecken leicht Bilder des Unendlichen, Unermeßlichen, Ewigen, und dadurch Bilder eines Geistigen, das wonnevoll auf unsern Geist wirkt. Sie sind unbestimmt

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[26/0026] der niedrigsten Art, und nicht auf den Wunsch hinweiset, das Geliebte zu beglücken. Eben so verhält es sich nun mit allen übrigen Gegenständen, die das Bild und das Gefühl des Edeln erwecken können, mit unsinnlichen und körperlichen Gegenständen; mit Naturprodukten und Kunstwerken; mit Gegenden, menschlichen und thierischen Gestalten; mit Gedichten, Gebäuden, Statuen, Gemählden, u. s. w. Ehe diese Gegenstände nicht wenigstens einem empirischen Begriffe von ihrem Wesen und ihrer Bestimmung unterworfen sind, wornach ihre Wahrheit und Zweckmäßigkeit beurtheilt werden mag; ehe kann ihre Kraft, Gewalt, Höhe, Einfachheit, Festigkeit, Dauer, Dunkelheit, Glanz, u. s. w. nur unbestimmt edle Bilder und Empfindungen erwecken. Dann aber werden sie ästhetisch edel, wenn diese Bilder mit dem Wesen und der Bestimmung der Gegenstände, von denen sie abgenommen werden, zusammengehen, und dadurch zugleich wahr und zweckmäßig erscheinen. Ein gewisses Dunkel erweckt leicht das Bild des Unbegreiflichen, Geheimnißvollen, Feyerlichen, Majestätischen, und dadurch Bilder eines Geistigen, das auf unsern Geist wonnevoll wirkt. Es ist unbestimmt edel. Ein düsterer Dohm, der Verehrung der Gottheit geweiht, kann ästhetisch edel seyn. Wer aber ein Odeum, einen Ort, der zu öffentlichen Vergnügungen bestimmt wäre, düster einrichten wollte, um ihm einen edeln Charakter zu geben, würde eine Absurdität begehen. Ausgebreitete Ebenen, Wiederholungen der nehmlichen Gestalten in abgestuften Zwischenräumen, erwecken leicht Bilder des Unendlichen, Unermeßlichen, Ewigen, und dadurch Bilder eines Geistigen, das wonnevoll auf unsern Geist wirkt. Sie sind unbestimmt

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus02_1798/26>, abgerufen am 16.04.2024.