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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

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und eine Menge Engel, und unter denselben einen
großen gesehen, auf dessen Rücken geschrieben stand:
Bringet mir diesen zur Ruhe. Welches göttliche
Gesichte er dann frühe Morgens seinen Räthen erzählet,
auf sich gedeutet, und keiner weltlichen Sachen sich mehr
angenommen."

Fast in Behagen sich schüttelnd sprach Magister
Noah Buchius: "Und keiner weltlichen Sachen sich mehr
angenommen. Wie oft hab ich dieses im Verlauf sauerer
Schuljahre des Abends beim Zubettegehen mir vorge¬
sagt, und einen guten Schlaf gethan?"

Von Allen zu Kloster Amelungsborn war der Ma¬
gister der, welcher dem Siebenjährigen Kriege am meisten
gewachsen war.

Aber vielleicht auch grade darum gelangte er in
dieser Nacht für's Erste noch nicht in's Bett. Es hatte
ihn wohl noch Jemand zu nöthig; er aber, der Ma¬
gister Noah Buchius hatte jedenfalls nicht die geringste
Ahnung davon, wie weit der Schein seiner Blech¬
lampe aus seiner Wohn- und Schlaf-Zelle hinausleuch¬
tete in die sturmvolle Finsterniß des Jahres 1761.


und eine Menge Engel, und unter denſelben einen
großen geſehen, auf deſſen Rücken geſchrieben ſtand:
Bringet mir dieſen zur Ruhe. Welches göttliche
Geſichte er dann frühe Morgens ſeinen Räthen erzählet,
auf ſich gedeutet, und keiner weltlichen Sachen ſich mehr
angenommen.“

Faſt in Behagen ſich ſchüttelnd ſprach Magiſter
Noah Buchius: „Und keiner weltlichen Sachen ſich mehr
angenommen. Wie oft hab ich dieſes im Verlauf ſauerer
Schuljahre des Abends beim Zubettegehen mir vorge¬
ſagt, und einen guten Schlaf gethan?“

Von Allen zu Kloſter Amelungsborn war der Ma¬
giſter der, welcher dem Siebenjährigen Kriege am meiſten
gewachſen war.

Aber vielleicht auch grade darum gelangte er in
dieſer Nacht für's Erſte noch nicht in's Bett. Es hatte
ihn wohl noch Jemand zu nöthig; er aber, der Ma¬
giſter Noah Buchius hatte jedenfalls nicht die geringſte
Ahnung davon, wie weit der Schein ſeiner Blech¬
lampe aus ſeiner Wohn- und Schlaf-Zelle hinausleuch¬
tete in die ſturmvolle Finſterniß des Jahres 1761.


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[84/0092] und eine Menge Engel, und unter denſelben einen großen geſehen, auf deſſen Rücken geſchrieben ſtand: Bringet mir dieſen zur Ruhe. Welches göttliche Geſichte er dann frühe Morgens ſeinen Räthen erzählet, auf ſich gedeutet, und keiner weltlichen Sachen ſich mehr angenommen.“ Faſt in Behagen ſich ſchüttelnd ſprach Magiſter Noah Buchius: „Und keiner weltlichen Sachen ſich mehr angenommen. Wie oft hab ich dieſes im Verlauf ſauerer Schuljahre des Abends beim Zubettegehen mir vorge¬ ſagt, und einen guten Schlaf gethan?“ Von Allen zu Kloſter Amelungsborn war der Ma¬ giſter der, welcher dem Siebenjährigen Kriege am meiſten gewachſen war. Aber vielleicht auch grade darum gelangte er in dieſer Nacht für's Erſte noch nicht in's Bett. Es hatte ihn wohl noch Jemand zu nöthig; er aber, der Ma¬ giſter Noah Buchius hatte jedenfalls nicht die geringſte Ahnung davon, wie weit der Schein ſeiner Blech¬ lampe aus ſeiner Wohn- und Schlaf-Zelle hinausleuch¬ tete in die ſturmvolle Finſterniß des Jahres 1761.

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/92>, abgerufen am 28.03.2024.