fragest: ob Du Deine Botschaft wohl ausgerichtet habest als Bote des höchsten barmherzigen Gottes, des Herrn Zebaoths oder -- als höllischer Gaukler seines Affen des leidigen Satans? O Kreatur, ach Rab, Rab, wohl ist Dein Zeichen Wahrheit geworden! Sie liegen bei Deinen Kameraden in Campo Odini und weit rundum verstreut meine Brüder und unter ihnen meiner Seele Sohn im jammerhaften Säkulo. O Vieh, ich habe Dich im Tuch vom Schlachtfeld, von Wodans Felde hereingetragen und in Sicherheit gebracht; aber ich habe meinen lieben Knaben, meinen tapfern Thedel, meinen Thedel von Münchhausen liegen lassen müssen unter den Erschlagenen auf dem Odfelde!"
Der schwarze Vogel hatte einen grimmigen Hunger, er hüpfte ein paar Schritte auf dem Fußboden hin und her und schrie mit heiserer Stimme seine Noth und seinen Grimm aus und hackte in einen Gegenstand, der in der Dämmerung genau einem Menschenarm glich.
Und es war auch einer; aber aus Holz geschnitzet; der Arm der heiligen Jungfrau Maria, des Wunder¬ bildes von Kloster Amelungsborn. Das hatte heute keine Wunder verrichten können, und der unheimliche Gast des Magisters Buchius wurde auch nicht satt von ihm; aber dem -- dem Gast des Magisters Buchius konnte freilich bei so gloriosen Zeitläuften leicht ge¬ holfen werden.
"I Du Halunke! Bestia, Verwüster!" rief der alte Herr, sich jetzt genauer auf dem Fußboden und an den
frageſt: ob Du Deine Botſchaft wohl ausgerichtet habeſt als Bote des höchſten barmherzigen Gottes, des Herrn Zebaoths oder — als hölliſcher Gaukler ſeines Affen des leidigen Satans? O Kreatur, ach Rab, Rab, wohl iſt Dein Zeichen Wahrheit geworden! Sie liegen bei Deinen Kameraden in Campo Odini und weit rundum verſtreut meine Brüder und unter ihnen meiner Seele Sohn im jammerhaften Säkulo. O Vieh, ich habe Dich im Tuch vom Schlachtfeld, von Wodans Felde hereingetragen und in Sicherheit gebracht; aber ich habe meinen lieben Knaben, meinen tapfern Thedel, meinen Thedel von Münchhauſen liegen laſſen müſſen unter den Erſchlagenen auf dem Odfelde!“
Der ſchwarze Vogel hatte einen grimmigen Hunger, er hüpfte ein paar Schritte auf dem Fußboden hin und her und ſchrie mit heiſerer Stimme ſeine Noth und ſeinen Grimm aus und hackte in einen Gegenſtand, der in der Dämmerung genau einem Menſchenarm glich.
Und es war auch einer; aber aus Holz geſchnitzet; der Arm der heiligen Jungfrau Maria, des Wunder¬ bildes von Kloſter Amelungsborn. Das hatte heute keine Wunder verrichten können, und der unheimliche Gaſt des Magiſters Buchius wurde auch nicht ſatt von ihm; aber dem — dem Gaſt des Magiſters Buchius konnte freilich bei ſo glorioſen Zeitläuften leicht ge¬ holfen werden.
„I Du Halunke! Beſtia, Verwüſter!“ rief der alte Herr, ſich jetzt genauer auf dem Fußboden und an den
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frageſt: ob Du Deine Botſchaft wohl ausgerichtet habeſt
als Bote des höchſten barmherzigen Gottes, des Herrn
Zebaoths oder — als hölliſcher Gaukler ſeines Affen
des leidigen Satans? O Kreatur, ach Rab, Rab,
wohl iſt Dein Zeichen Wahrheit geworden! Sie liegen
bei Deinen Kameraden in Campo Odini und weit
rundum verſtreut meine Brüder und unter ihnen meiner
Seele Sohn im jammerhaften Säkulo. O Vieh, ich
habe Dich im Tuch vom Schlachtfeld, von Wodans
Felde hereingetragen und in Sicherheit gebracht; aber
ich habe meinen lieben Knaben, meinen tapfern Thedel,
meinen Thedel von Münchhauſen liegen laſſen müſſen
unter den Erſchlagenen auf dem Odfelde!“
Der ſchwarze Vogel hatte einen grimmigen Hunger,
er hüpfte ein paar Schritte auf dem Fußboden hin und
her und ſchrie mit heiſerer Stimme ſeine Noth und
ſeinen Grimm aus und hackte in einen Gegenſtand, der
in der Dämmerung genau einem Menſchenarm glich.
Und es war auch einer; aber aus Holz geſchnitzet;
der Arm der heiligen Jungfrau Maria, des Wunder¬
bildes von Kloſter Amelungsborn. Das hatte heute
keine Wunder verrichten können, und der unheimliche
Gaſt des Magiſters Buchius wurde auch nicht ſatt von
ihm; aber dem — dem Gaſt des Magiſters Buchius
konnte freilich bei ſo glorioſen Zeitläuften leicht ge¬
holfen werden.
„I Du Halunke! Beſtia, Verwüſter!“ rief der alte
Herr, ſich jetzt genauer auf dem Fußboden und an den
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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/305>, abgerufen am 29.03.2024.
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