hatte und weggenommen war von der Erde im vollsten Triumphe, die Elliots gut geführt und sie nach bestem Wissen und Kräften und zur Zufriedenheit Seiner Durchlaucht des Herzogs Ferdinand heute noch einmal an den Feind gebracht zu haben. Der Magister Buchius kniete wortlos unter den Leichnamen von Menschen und Vieh auf dem Odfelde und hielt das Haupt seines bösesten und besten Schülers, seines liebsten, liebsten Schülers in den Armen; und mit einem Male fing er an, bitterlich zu weinen, als ob Alles, was er an Kummer und Verdruß in seinem langen Leben und am heutigen kurzen Tage still hinuntergeschluckt hatte, in Einem Strom sich Bahn breche aus seiner tiefsten Seele heraus.
Dadurch brachte er natürlich auch die zwei Mädchen zu hellem Geschrei und vorzüglich die zärtliche Mamsell Selinde, die da stand und untröstlich die Hände rang, wie sie sie gleicherweise untröstlich im Stillen gerungen hatte, als man den schönen, höflichen, lustigen Lieute¬ nant Seraphin von den himmelblauen Dragonern auf den Gewehrläufen in das Thor von Kloster Amelungs¬ born trug. Ihn, der auch "wie ein Engel" gegen sie gewesen war in den Wochen vor dem Gefecht bei Erichs¬ burg, als er beim Herrn Onkel in Quartier lag.
"O Gott, o Gott, so jung und so ein guter Junge und um solch' eine Dummheit, die ihn doch garnichts anging! und so ein lieber, lieber Junge!" ...
Knecht Heinrich Schelze stand auch und faßte sein
hatte und weggenommen war von der Erde im vollſten Triumphe, die Elliots gut geführt und ſie nach beſtem Wiſſen und Kräften und zur Zufriedenheit Seiner Durchlaucht des Herzogs Ferdinand heute noch einmal an den Feind gebracht zu haben. Der Magiſter Buchius kniete wortlos unter den Leichnamen von Menſchen und Vieh auf dem Odfelde und hielt das Haupt ſeines böſeſten und beſten Schülers, ſeines liebſten, liebſten Schülers in den Armen; und mit einem Male fing er an, bitterlich zu weinen, als ob Alles, was er an Kummer und Verdruß in ſeinem langen Leben und am heutigen kurzen Tage ſtill hinuntergeſchluckt hatte, in Einem Strom ſich Bahn breche aus ſeiner tiefſten Seele heraus.
Dadurch brachte er natürlich auch die zwei Mädchen zu hellem Geſchrei und vorzüglich die zärtliche Mamſell Selinde, die da ſtand und untröſtlich die Hände rang, wie ſie ſie gleicherweiſe untröſtlich im Stillen gerungen hatte, als man den ſchönen, höflichen, luſtigen Lieute¬ nant Seraphin von den himmelblauen Dragonern auf den Gewehrläufen in das Thor von Kloſter Amelungs¬ born trug. Ihn, der auch „wie ein Engel“ gegen ſie geweſen war in den Wochen vor dem Gefecht bei Erichs¬ burg, als er beim Herrn Onkel in Quartier lag.
„O Gott, o Gott, ſo jung und ſo ein guter Junge und um ſolch' eine Dummheit, die ihn doch garnichts anging! und ſo ein lieber, lieber Junge!“ ...
Knecht Heinrich Schelze ſtand auch und faßte ſein
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0284"n="276"/>
hatte und weggenommen war von der Erde im vollſten<lb/>
Triumphe, die Elliots gut geführt und ſie nach beſtem<lb/>
Wiſſen und Kräften und zur Zufriedenheit Seiner<lb/>
Durchlaucht des Herzogs Ferdinand heute noch einmal<lb/>
an den Feind gebracht zu haben. Der Magiſter Buchius<lb/>
kniete wortlos unter den Leichnamen von Menſchen und<lb/>
Vieh auf dem Odfelde und hielt das Haupt ſeines<lb/>
böſeſten und beſten Schülers, ſeines liebſten, liebſten<lb/>
Schülers in den Armen; und mit einem Male fing er<lb/>
an, bitterlich zu weinen, als ob Alles, was er an<lb/>
Kummer und Verdruß in ſeinem langen Leben und am<lb/>
heutigen kurzen Tage ſtill hinuntergeſchluckt hatte, in<lb/>
Einem Strom ſich Bahn breche aus ſeiner tiefſten Seele<lb/>
heraus.</p><lb/><p>Dadurch brachte er natürlich auch die zwei Mädchen<lb/>
zu hellem Geſchrei und vorzüglich die zärtliche Mamſell<lb/>
Selinde, die da ſtand und untröſtlich die Hände rang,<lb/>
wie ſie ſie gleicherweiſe untröſtlich im Stillen gerungen<lb/>
hatte, als man den ſchönen, höflichen, luſtigen Lieute¬<lb/>
nant Seraphin von den himmelblauen Dragonern auf<lb/>
den Gewehrläufen in das Thor von Kloſter Amelungs¬<lb/>
born trug. Ihn, der auch „wie ein Engel“ gegen ſie<lb/>
geweſen war in den Wochen vor dem Gefecht bei Erichs¬<lb/>
burg, als er beim Herrn Onkel in Quartier lag.</p><lb/><p>„O Gott, o Gott, ſo jung und ſo ein guter Junge<lb/>
und um ſolch' eine Dummheit, die ihn doch garnichts<lb/>
anging! und ſo ein lieber, lieber Junge!“ ...</p><lb/><p>Knecht Heinrich Schelze ſtand auch und faßte ſein<lb/></p></div></body></text></TEI>
[276/0284]
hatte und weggenommen war von der Erde im vollſten
Triumphe, die Elliots gut geführt und ſie nach beſtem
Wiſſen und Kräften und zur Zufriedenheit Seiner
Durchlaucht des Herzogs Ferdinand heute noch einmal
an den Feind gebracht zu haben. Der Magiſter Buchius
kniete wortlos unter den Leichnamen von Menſchen und
Vieh auf dem Odfelde und hielt das Haupt ſeines
böſeſten und beſten Schülers, ſeines liebſten, liebſten
Schülers in den Armen; und mit einem Male fing er
an, bitterlich zu weinen, als ob Alles, was er an
Kummer und Verdruß in ſeinem langen Leben und am
heutigen kurzen Tage ſtill hinuntergeſchluckt hatte, in
Einem Strom ſich Bahn breche aus ſeiner tiefſten Seele
heraus.
Dadurch brachte er natürlich auch die zwei Mädchen
zu hellem Geſchrei und vorzüglich die zärtliche Mamſell
Selinde, die da ſtand und untröſtlich die Hände rang,
wie ſie ſie gleicherweiſe untröſtlich im Stillen gerungen
hatte, als man den ſchönen, höflichen, luſtigen Lieute¬
nant Seraphin von den himmelblauen Dragonern auf
den Gewehrläufen in das Thor von Kloſter Amelungs¬
born trug. Ihn, der auch „wie ein Engel“ gegen ſie
geweſen war in den Wochen vor dem Gefecht bei Erichs¬
burg, als er beim Herrn Onkel in Quartier lag.
„O Gott, o Gott, ſo jung und ſo ein guter Junge
und um ſolch' eine Dummheit, die ihn doch garnichts
anging! und ſo ein lieber, lieber Junge!“ ...
Knecht Heinrich Schelze ſtand auch und faßte ſein
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/284>, abgerufen am 28.03.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.