Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

Bild:
<< vorherige Seite

Wir sind ja hier nicht im Kloster Amelungsborn auf
der seligen großen Schule; wir sind hier im schlimmen
Quadthagen am Odfelde und sie haben sich den ganzen
Tag über die Köpfe eingeschlagen, und Er selber hat
uns ja in Seiner Güte beschirmet und uns gar unter
die Erde geführet! Und der Herr Herzog Ferdinand
hat auch noch heute keinen Rath für mich gehabt, und
jetzt wollen wir mit Gottes Hülfe wieder nach Hause,
nach Amelungsborn und wenigstens wissen, wie es
da aussieht, und wie es mit dem Herrn Amtmann
und mit der Frau Amtmann und mit den Kindern
ergangen und ob sie noch mehr Leben in sich haben
als wir hier auf freiem Felde nach der Bataille. So
besinne Er sich doch noch einmal, lieber, lieber Herr
Magister."

Und Magister Buchius besann sich wirklich noch
einmal, kam noch einmal fest auf die Füße zu stehen
und zu einem klaren Ueberblick über die unruhevolle
Erde und sein gegenwärtiges Verhältniß zu ihr.

Er klopfte das gute Mädchen zärtlich auf den
stützenden Arm:

"Ja, ja Kind, wo war ich denn nur? Hast Recht,
hast Recht. Aber der Tag war freilich ein bischen
mühselig und voll Unbequemlichkeit, selbst für einen
alten Schulmeister. Ei freilich, der große Herzog
Ferdinand und der Herr Marschall von Broglio haben
sich nur wieder eine Bataille geliefert: was hat mir
denn eben Wunderliches von der großen Schule zu

Wir ſind ja hier nicht im Kloſter Amelungsborn auf
der ſeligen großen Schule; wir ſind hier im ſchlimmen
Quadthagen am Odfelde und ſie haben ſich den ganzen
Tag über die Köpfe eingeſchlagen, und Er ſelber hat
uns ja in Seiner Güte beſchirmet und uns gar unter
die Erde geführet! Und der Herr Herzog Ferdinand
hat auch noch heute keinen Rath für mich gehabt, und
jetzt wollen wir mit Gottes Hülfe wieder nach Hauſe,
nach Amelungsborn und wenigſtens wiſſen, wie es
da ausſieht, und wie es mit dem Herrn Amtmann
und mit der Frau Amtmann und mit den Kindern
ergangen und ob ſie noch mehr Leben in ſich haben
als wir hier auf freiem Felde nach der Bataille. So
beſinne Er ſich doch noch einmal, lieber, lieber Herr
Magiſter.“

Und Magiſter Buchius beſann ſich wirklich noch
einmal, kam noch einmal feſt auf die Füße zu ſtehen
und zu einem klaren Ueberblick über die unruhevolle
Erde und ſein gegenwärtiges Verhältniß zu ihr.

Er klopfte das gute Mädchen zärtlich auf den
ſtützenden Arm:

„Ja, ja Kind, wo war ich denn nur? Haſt Recht,
haſt Recht. Aber der Tag war freilich ein bischen
mühſelig und voll Unbequemlichkeit, ſelbſt für einen
alten Schulmeiſter. Ei freilich, der große Herzog
Ferdinand und der Herr Marſchall von Broglio haben
ſich nur wieder eine Bataille geliefert: was hat mir
denn eben Wunderliches von der großen Schule zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0278" n="270"/>
Wir &#x017F;ind ja hier nicht im Klo&#x017F;ter Amelungsborn auf<lb/>
der &#x017F;eligen großen Schule; wir &#x017F;ind hier im &#x017F;chlimmen<lb/>
Quadthagen am Odfelde und &#x017F;ie haben &#x017F;ich den ganzen<lb/>
Tag über die Köpfe einge&#x017F;chlagen, und Er &#x017F;elber hat<lb/>
uns ja in Seiner Güte be&#x017F;chirmet und uns gar unter<lb/>
die Erde geführet! Und der Herr Herzog Ferdinand<lb/>
hat auch noch heute keinen Rath für mich gehabt, und<lb/>
jetzt wollen wir mit Gottes Hülfe wieder nach Hau&#x017F;e,<lb/>
nach Amelungsborn und wenig&#x017F;tens wi&#x017F;&#x017F;en, wie es<lb/>
da aus&#x017F;ieht, und wie es mit dem Herrn Amtmann<lb/>
und mit der Frau Amtmann und mit den Kindern<lb/>
ergangen und ob &#x017F;ie noch mehr Leben in &#x017F;ich haben<lb/>
als wir hier auf freiem Felde nach der Bataille. So<lb/>
be&#x017F;inne Er &#x017F;ich doch noch einmal, lieber, lieber Herr<lb/>
Magi&#x017F;ter.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Und Magi&#x017F;ter Buchius be&#x017F;ann &#x017F;ich wirklich noch<lb/>
einmal, kam noch einmal fe&#x017F;t auf die Füße zu &#x017F;tehen<lb/>
und zu einem klaren Ueberblick über die unruhevolle<lb/>
Erde und &#x017F;ein gegenwärtiges Verhältniß zu ihr.</p><lb/>
        <p>Er klopfte das gute Mädchen zärtlich auf den<lb/>
&#x017F;tützenden Arm:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ja, ja Kind, wo war ich denn nur? Ha&#x017F;t Recht,<lb/>
ha&#x017F;t Recht. Aber der Tag war freilich ein bischen<lb/>
müh&#x017F;elig und voll Unbequemlichkeit, &#x017F;elb&#x017F;t für einen<lb/>
alten Schulmei&#x017F;ter. Ei freilich, der große Herzog<lb/>
Ferdinand und der Herr Mar&#x017F;chall von Broglio haben<lb/>
&#x017F;ich nur wieder eine Bataille geliefert: was hat mir<lb/>
denn eben Wunderliches von der großen Schule zu<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[270/0278] Wir ſind ja hier nicht im Kloſter Amelungsborn auf der ſeligen großen Schule; wir ſind hier im ſchlimmen Quadthagen am Odfelde und ſie haben ſich den ganzen Tag über die Köpfe eingeſchlagen, und Er ſelber hat uns ja in Seiner Güte beſchirmet und uns gar unter die Erde geführet! Und der Herr Herzog Ferdinand hat auch noch heute keinen Rath für mich gehabt, und jetzt wollen wir mit Gottes Hülfe wieder nach Hauſe, nach Amelungsborn und wenigſtens wiſſen, wie es da ausſieht, und wie es mit dem Herrn Amtmann und mit der Frau Amtmann und mit den Kindern ergangen und ob ſie noch mehr Leben in ſich haben als wir hier auf freiem Felde nach der Bataille. So beſinne Er ſich doch noch einmal, lieber, lieber Herr Magiſter.“ Und Magiſter Buchius beſann ſich wirklich noch einmal, kam noch einmal feſt auf die Füße zu ſtehen und zu einem klaren Ueberblick über die unruhevolle Erde und ſein gegenwärtiges Verhältniß zu ihr. Er klopfte das gute Mädchen zärtlich auf den ſtützenden Arm: „Ja, ja Kind, wo war ich denn nur? Haſt Recht, haſt Recht. Aber der Tag war freilich ein bischen mühſelig und voll Unbequemlichkeit, ſelbſt für einen alten Schulmeiſter. Ei freilich, der große Herzog Ferdinand und der Herr Marſchall von Broglio haben ſich nur wieder eine Bataille geliefert: was hat mir denn eben Wunderliches von der großen Schule zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/278
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/278>, abgerufen am 25.04.2024.