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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

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Seinem Herrn von Hardenberg auf die Köpfe fahren.
Messieurs, messieurs, wo steckt ihr, wo bleibt ihr? Wir
würgen uns seit der Nacht nach ordre de bataille und
disposition de marche durch die Berge und den Feind;
aber Seiner Excellenz dem Herrn Generallieutenant
pressirts beileibe nicht. Er reibet sich wohl noch in
Bodenwerder die Augen unter seiner Schlafhaube?
Muß man denn überall sein, um die Herren an ihren
Zöpfen aus dem Sumpfe zu ziehen? Seit vier Stun¬
den sollte der Mann drüben zwischen dem Solling und
uns stehen mit den Herren von Poyanne, Chabot und
Guerchy zwischen uns im Sack. Sperr' Er das Maul
auf, rede Er, Lieutenant von Münchhausen: was hat
Hardenberg mir zu sagen?"

"Monseigneur, Seine Excellenz werden erst am
Nachmittag vor Stadtotdendorf sein können," sprach der
Mann im zerzausten Bauernkittel, und der Herzog, sich
rückwärts wendend, meinte, jetzt wieder mit etwas ge¬
lassenerer Stimme:

"Lieber Westphalen, wollen Sie sich Das für's Erste
für unsern Bericht an Mylord Bute in London merken.
Ich bitte auch die englischen Herren, näher heran zu
reiten. Wollen Sie weiter erzählen, Herr Lieutenant
von Münchhausen. Traduisez, Westphalen. Dolmet¬
schen Sie's nach Möglichkeit genau den Herren, was
uns der Herr Generallieutenant sagen lassen."

"Excellenz lassen unterthänigst vermelden, daß Sie
wohl selber zu richtiger Stunde, wie befohlen, bei

Seinem Herrn von Hardenberg auf die Köpfe fahren.
Messieurs, messieurs, wo ſteckt ihr, wo bleibt ihr? Wir
würgen uns ſeit der Nacht nach ordre de bataille und
disposition de marche durch die Berge und den Feind;
aber Seiner Excellenz dem Herrn Generallieutenant
preſſirts beileibe nicht. Er reibet ſich wohl noch in
Bodenwerder die Augen unter ſeiner Schlafhaube?
Muß man denn überall ſein, um die Herren an ihren
Zöpfen aus dem Sumpfe zu ziehen? Seit vier Stun¬
den ſollte der Mann drüben zwiſchen dem Solling und
uns ſtehen mit den Herren von Poyanne, Chabot und
Guerchy zwiſchen uns im Sack. Sperr' Er das Maul
auf, rede Er, Lieutenant von Münchhauſen: was hat
Hardenberg mir zu ſagen?“

„Monseigneur, Seine Excellenz werden erſt am
Nachmittag vor Stadtotdendorf ſein können,“ ſprach der
Mann im zerzauſten Bauernkittel, und der Herzog, ſich
rückwärts wendend, meinte, jetzt wieder mit etwas ge¬
laſſenerer Stimme:

„Lieber Weſtphalen, wollen Sie ſich Das für's Erſte
für unſern Bericht an Mylord Bute in London merken.
Ich bitte auch die engliſchen Herren, näher heran zu
reiten. Wollen Sie weiter erzählen, Herr Lieutenant
von Münchhauſen. Traduisez, Weſtphalen. Dolmet¬
ſchen Sie's nach Möglichkeit genau den Herren, was
uns der Herr Generallieutenant ſagen laſſen.“

„Excellenz laſſen unterthänigſt vermelden, daß Sie
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[238/0246] Seinem Herrn von Hardenberg auf die Köpfe fahren. Messieurs, messieurs, wo ſteckt ihr, wo bleibt ihr? Wir würgen uns ſeit der Nacht nach ordre de bataille und disposition de marche durch die Berge und den Feind; aber Seiner Excellenz dem Herrn Generallieutenant preſſirts beileibe nicht. Er reibet ſich wohl noch in Bodenwerder die Augen unter ſeiner Schlafhaube? Muß man denn überall ſein, um die Herren an ihren Zöpfen aus dem Sumpfe zu ziehen? Seit vier Stun¬ den ſollte der Mann drüben zwiſchen dem Solling und uns ſtehen mit den Herren von Poyanne, Chabot und Guerchy zwiſchen uns im Sack. Sperr' Er das Maul auf, rede Er, Lieutenant von Münchhauſen: was hat Hardenberg mir zu ſagen?“ „Monseigneur, Seine Excellenz werden erſt am Nachmittag vor Stadtotdendorf ſein können,“ ſprach der Mann im zerzauſten Bauernkittel, und der Herzog, ſich rückwärts wendend, meinte, jetzt wieder mit etwas ge¬ laſſenerer Stimme: „Lieber Weſtphalen, wollen Sie ſich Das für's Erſte für unſern Bericht an Mylord Bute in London merken. Ich bitte auch die engliſchen Herren, näher heran zu reiten. Wollen Sie weiter erzählen, Herr Lieutenant von Münchhauſen. Traduisez, Weſtphalen. Dolmet¬ ſchen Sie's nach Möglichkeit genau den Herren, was uns der Herr Generallieutenant ſagen laſſen.“ „Excellenz laſſen unterthänigſt vermelden, daß Sie wohl ſelber zu richtiger Stunde, wie befohlen, bei

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/246>, abgerufen am 18.04.2024.