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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

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Pastor behauptet, daß diese Nation von ihrer Arbeit¬
samkeit und unverdrossenem Fleiße Gar ut sin benannt
worden wäre, welches dann die Lateiner Cherusci aus¬
gesprochen hätten."

"Gar ut is et friilich balle mit ösch," murmelte
Mamsell Selinde, aber:

"Vivat der Herr Pastor, der Herr Pastor Dünn¬
haupt!" klang es seltsamerweise aus dem andern Winkel
der versündfluthlich-cheruskisch-kattischen Felsenhöhle.
"Dies hätte ich schon wissen sollen, wenn uns auf unsern
Bänken in Amelungsborn die Herren vom Katheder aus
cheruskische Bärenhäuter benamseten. Faule Stricke,
grobe träge Flegel, landeingeborene Schweinpelze, und
-- per eminentiam -- cheruskische Bärenhäuter uns
betitulirten!.. Hört Sie es nun wohl, Mademoiselle?
Seit Uranfang sind wir belobt wegen Arbeitsamkeit und
von wegen unverdrossenem Fleiße! Und es ist Alles
stinkende Verläumdung gewesen, was man uns an übelem
Geruch und Ruf aufgeladen hat seit tausend Jahren."

"Wenn Er mir jetzo eins von den warmen Bären¬
fellen, auf denen sich Seine Herren Vorfahren geräkelt
haben, schaffen könnte, so wollte ich mich zum erstenmal
heute bei Ihm bedanken, Thedel. Wie es aber ist,
bleibe Er mir auf tausend Schritte vom Leibe, Er ist
nässer und kälter als wir Alle mit seinen Zuthunlich¬
keiten."

"Herr Pastor Dünnhaupt will Behausungen unserer
Vorfahren, wie wir sie heute, jetzt, durch Gottes Güte,

Paſtor behauptet, daß dieſe Nation von ihrer Arbeit¬
ſamkeit und unverdroſſenem Fleiße Gar ut ſin benannt
worden wäre, welches dann die Lateiner Cheruſci aus¬
geſprochen hätten.“

„Gar ut is et friilich balle mit öſch,“ murmelte
Mamſell Selinde, aber:

„Vivat der Herr Paſtor, der Herr Paſtor Dünn¬
haupt!“ klang es ſeltſamerweiſe aus dem andern Winkel
der verſündfluthlich-cheruskiſch-kattiſchen Felſenhöhle.
„Dies hätte ich ſchon wiſſen ſollen, wenn uns auf unſern
Bänken in Amelungsborn die Herren vom Katheder aus
cheruskiſche Bärenhäuter benamſeten. Faule Stricke,
grobe träge Flegel, landeingeborene Schweinpelze, und
per eminentiam — cheruskiſche Bärenhäuter uns
betitulirten!.. Hört Sie es nun wohl, Mademoiſelle?
Seit Uranfang ſind wir belobt wegen Arbeitſamkeit und
von wegen unverdroſſenem Fleiße! Und es iſt Alles
ſtinkende Verläumdung geweſen, was man uns an übelem
Geruch und Ruf aufgeladen hat ſeit tauſend Jahren.“

„Wenn Er mir jetzo eins von den warmen Bären¬
fellen, auf denen ſich Seine Herren Vorfahren geräkelt
haben, ſchaffen könnte, ſo wollte ich mich zum erſtenmal
heute bei Ihm bedanken, Thedel. Wie es aber iſt,
bleibe Er mir auf tauſend Schritte vom Leibe, Er iſt
näſſer und kälter als wir Alle mit ſeinen Zuthunlich¬
keiten.“

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Vorfahren, wie wir ſie heute, jetzt, durch Gottes Güte,

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[216/0224] Paſtor behauptet, daß dieſe Nation von ihrer Arbeit¬ ſamkeit und unverdroſſenem Fleiße Gar ut ſin benannt worden wäre, welches dann die Lateiner Cheruſci aus¬ geſprochen hätten.“ „Gar ut is et friilich balle mit öſch,“ murmelte Mamſell Selinde, aber: „Vivat der Herr Paſtor, der Herr Paſtor Dünn¬ haupt!“ klang es ſeltſamerweiſe aus dem andern Winkel der verſündfluthlich-cheruskiſch-kattiſchen Felſenhöhle. „Dies hätte ich ſchon wiſſen ſollen, wenn uns auf unſern Bänken in Amelungsborn die Herren vom Katheder aus cheruskiſche Bärenhäuter benamſeten. Faule Stricke, grobe träge Flegel, landeingeborene Schweinpelze, und — per eminentiam — cheruskiſche Bärenhäuter uns betitulirten!.. Hört Sie es nun wohl, Mademoiſelle? Seit Uranfang ſind wir belobt wegen Arbeitſamkeit und von wegen unverdroſſenem Fleiße! Und es iſt Alles ſtinkende Verläumdung geweſen, was man uns an übelem Geruch und Ruf aufgeladen hat ſeit tauſend Jahren.“ „Wenn Er mir jetzo eins von den warmen Bären¬ fellen, auf denen ſich Seine Herren Vorfahren geräkelt haben, ſchaffen könnte, ſo wollte ich mich zum erſtenmal heute bei Ihm bedanken, Thedel. Wie es aber iſt, bleibe Er mir auf tauſend Schritte vom Leibe, Er iſt näſſer und kälter als wir Alle mit ſeinen Zuthunlich¬ keiten.“ „Herr Paſtor Dünnhaupt will Behauſungen unſerer Vorfahren, wie wir ſie heute, jetzt, durch Gottes Güte,

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/224>, abgerufen am 28.03.2024.