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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

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Dreizehntes Kapitel.

Trotz aller Bedrängniß vorhin hatte Magister Buchius
sein hispanisch Rohr nicht fahren lassen. Er hielt es
auch jetzt im Nebel auf der Landstraße vor dem ein¬
gestoßenen Klosterthor in der Hand, und wohl mancher
Andere an seiner Stelle würde wenigstens den Versuch
gemacht haben, es auf dem Buckel tanzen zu lassen,
auf welchen es nach eben erfahrener schlechter, unge¬
rechter und sinnloser Behandlung hingehörte. Aber da¬
nach war er leider nicht der Mann; auch seine Schüler
hatten sich nimmer vor seinem Bakel zu fürchten gehabt.
Von irgend welchem Unrecht, so ihm im Leben geschah,
kam ihm die genaue Empfindung erst nach genauerer
Ueberlegung. Ja, wochenlang, mondenlang hatte er sich
in solchen Fällen über die Frage abzuquälen und abzu¬
ängsten: ob das Unrecht nicht auf seiner Seite liege
und er also den Lohn dafür in Geduld hinnehmen
müsse?

Dieses that dem Faktum, daß er ein tapferer Mann,
ein seiner gelehrten römischen und griechischen Ahnen
gar würdiger Mann war, nicht den mindesten Abbruch.

Dreizehntes Kapitel.

Trotz aller Bedrängniß vorhin hatte Magiſter Buchius
ſein hiſpaniſch Rohr nicht fahren laſſen. Er hielt es
auch jetzt im Nebel auf der Landſtraße vor dem ein¬
geſtoßenen Kloſterthor in der Hand, und wohl mancher
Andere an ſeiner Stelle würde wenigſtens den Verſuch
gemacht haben, es auf dem Buckel tanzen zu laſſen,
auf welchen es nach eben erfahrener ſchlechter, unge¬
rechter und ſinnloſer Behandlung hingehörte. Aber da¬
nach war er leider nicht der Mann; auch ſeine Schüler
hatten ſich nimmer vor ſeinem Bakel zu fürchten gehabt.
Von irgend welchem Unrecht, ſo ihm im Leben geſchah,
kam ihm die genaue Empfindung erſt nach genauerer
Ueberlegung. Ja, wochenlang, mondenlang hatte er ſich
in ſolchen Fällen über die Frage abzuquälen und abzu¬
ängſten: ob das Unrecht nicht auf ſeiner Seite liege
und er alſo den Lohn dafür in Geduld hinnehmen
müſſe?

Dieſes that dem Faktum, daß er ein tapferer Mann,
ein ſeiner gelehrten römiſchen und griechiſchen Ahnen
gar würdiger Mann war, nicht den mindeſten Abbruch.

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[[149]/0157] Dreizehntes Kapitel. Trotz aller Bedrängniß vorhin hatte Magiſter Buchius ſein hiſpaniſch Rohr nicht fahren laſſen. Er hielt es auch jetzt im Nebel auf der Landſtraße vor dem ein¬ geſtoßenen Kloſterthor in der Hand, und wohl mancher Andere an ſeiner Stelle würde wenigſtens den Verſuch gemacht haben, es auf dem Buckel tanzen zu laſſen, auf welchen es nach eben erfahrener ſchlechter, unge¬ rechter und ſinnloſer Behandlung hingehörte. Aber da¬ nach war er leider nicht der Mann; auch ſeine Schüler hatten ſich nimmer vor ſeinem Bakel zu fürchten gehabt. Von irgend welchem Unrecht, ſo ihm im Leben geſchah, kam ihm die genaue Empfindung erſt nach genauerer Ueberlegung. Ja, wochenlang, mondenlang hatte er ſich in ſolchen Fällen über die Frage abzuquälen und abzu¬ ängſten: ob das Unrecht nicht auf ſeiner Seite liege und er alſo den Lohn dafür in Geduld hinnehmen müſſe? Dieſes that dem Faktum, daß er ein tapferer Mann, ein ſeiner gelehrten römiſchen und griechiſchen Ahnen gar würdiger Mann war, nicht den mindeſten Abbruch.

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. [149]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/157>, abgerufen am 29.03.2024.