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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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Was? schwarz sollten wir uns hier auch wohl
noch färben, der brave Karl Krumhardt und der
böse Velten Andres, um Dir Deine verflossenen
Livreenigger ganz zu ersetzen? Und dabei soll Dein
Vater nicht wüthend werden, Krumhardt, und meine
Mutter noch immer ein und aus wissen in diesem
ihrem sogenannten Kindergemüthe? Na, da möchte
ich wahrhaftig, der Papa Trotzendorff hätte denn
bald wirklich mal wieder das Glück, was er verdient,
und käme erster Kajüte und holte Dich vierspännig,
mit Allem, was an Dir hängt, wieder weg. Mir --
wollte ich sagen, Hartleben kam es ja einerlei sein.
Meiner Mutter -- da schnuppt sich wieder einer!"

Von Neuem ist Helene Trotzendorff aufgesprungen;
jetzt aber bitterlich und zornig weinend. Sie schreit
ihren besten Freund aus der Nachbarschaft fast an,
mit dem Fuße aufstampfend:

"Ich sage Dir wie Karl: laß unsere Väter
zufrieden! Was ich an Deiner Mutter gehabt habe
in eurem Vogelsang und wie lieb und gut sie ist,
das weiß ich wohl, und brauchst Du mir wirklich
nicht vorzurechnen. Und mit Deinen albernen Stern¬
schnuppen -- ja was hast Du Dir denn bei der
letzten gedacht? Bist Du besser und vernünftiger
mit Deinen Wünschen gewesen als ich? Dich kenne
ich doch, Du Phantast! Jawohl, da hat der Herr

Was? ſchwarz ſollten wir uns hier auch wohl
noch färben, der brave Karl Krumhardt und der
böſe Velten Andres, um Dir Deine verfloſſenen
Livreenigger ganz zu erſetzen? Und dabei ſoll Dein
Vater nicht wüthend werden, Krumhardt, und meine
Mutter noch immer ein und aus wiſſen in dieſem
ihrem ſogenannten Kindergemüthe? Na, da möchte
ich wahrhaftig, der Papa Trotzendorff hätte denn
bald wirklich mal wieder das Glück, was er verdient,
und käme erſter Kajüte und holte Dich vierſpännig,
mit Allem, was an Dir hängt, wieder weg. Mir —
wollte ich ſagen, Hartleben kam es ja einerlei ſein.
Meiner Mutter — da ſchnuppt ſich wieder einer!“

Von Neuem iſt Helene Trotzendorff aufgeſprungen;
jetzt aber bitterlich und zornig weinend. Sie ſchreit
ihren beſten Freund aus der Nachbarſchaft faſt an,
mit dem Fuße aufſtampfend:

„Ich ſage Dir wie Karl: laß unſere Väter
zufrieden! Was ich an Deiner Mutter gehabt habe
in eurem Vogelſang und wie lieb und gut ſie iſt,
das weiß ich wohl, und brauchſt Du mir wirklich
nicht vorzurechnen. Und mit Deinen albernen Stern¬
ſchnuppen — ja was haſt Du Dir denn bei der
letzten gedacht? Biſt Du beſſer und vernünftiger
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ich doch, Du Phantaſt! Jawohl, da hat der Herr

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[77/0087] Was? ſchwarz ſollten wir uns hier auch wohl noch färben, der brave Karl Krumhardt und der böſe Velten Andres, um Dir Deine verfloſſenen Livreenigger ganz zu erſetzen? Und dabei ſoll Dein Vater nicht wüthend werden, Krumhardt, und meine Mutter noch immer ein und aus wiſſen in dieſem ihrem ſogenannten Kindergemüthe? Na, da möchte ich wahrhaftig, der Papa Trotzendorff hätte denn bald wirklich mal wieder das Glück, was er verdient, und käme erſter Kajüte und holte Dich vierſpännig, mit Allem, was an Dir hängt, wieder weg. Mir — wollte ich ſagen, Hartleben kam es ja einerlei ſein. Meiner Mutter — da ſchnuppt ſich wieder einer!“ Von Neuem iſt Helene Trotzendorff aufgeſprungen; jetzt aber bitterlich und zornig weinend. Sie ſchreit ihren beſten Freund aus der Nachbarſchaft faſt an, mit dem Fuße aufſtampfend: „Ich ſage Dir wie Karl: laß unſere Väter zufrieden! Was ich an Deiner Mutter gehabt habe in eurem Vogelſang und wie lieb und gut ſie iſt, das weiß ich wohl, und brauchſt Du mir wirklich nicht vorzurechnen. Und mit Deinen albernen Stern¬ ſchnuppen — ja was haſt Du Dir denn bei der letzten gedacht? Biſt Du beſſer und vernünftiger mit Deinen Wünſchen geweſen als ich? Dich kenne ich doch, Du Phantaſt! Jawohl, da hat der Herr

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/87>, abgerufen am 24.04.2024.