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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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kurze Zeit abwarten schreibt er ja, gottlob, also,
bitte, habt auch ihr gütigst nur noch eine kleine
Weile Geduld mit uns! Ihr sollt uns ja auch
drüben später willkommen sein, und das sage ich
besonders Dir, lieber Velten. Jawohl, Dir! Schneide
Du nur Deine Gesichter und zupfe Ellen am Ärmel!
Das Kind hat's ja leider Gottes hier in unserem
Hunger und Kummer vergessen, in was für eine
andere Welt es hineingehört von Vater und Mutter
wegen. Bester Krumhardt, in dieser Hinsicht werden
Sie ganz auf meiner Seite stehen, wenn ich unserer
guten Amalie jetzt ganz offen sage, daß der junge
Mann, ihr Sohn, unser guter Velten, nicht von dem
besten Einfluß auf -- ich will mal sagen, seine Um¬
gebung ist. Mit bloßem Gesichterziehen und spitzigen
lächerlichen Anmerkungen und allem übrigen von
der Art kommt man nicht durch die Welt, lieber
Velten, und besuchst Du uns später wirklich vielleicht
einmal auf dem Broadway, so werden Dir mein
herrlicher Gatte, Ellens Pa -- und die große Welt
selber Dir das noch etwas klarer machen, als ich es
könnte und -- hier Lust dazu hätte."

Dieser Sommer-Sonntagnachmittag, der eigentlich
ganz gemüthlich und vogelsangmäßig angefangen hatte,
ging wieder einmal recht unbehaglich zu Ende. Die
Nachbarin Trotzendorff irrte sich doch sehr, wenn sie

kurze Zeit abwarten ſchreibt er ja, gottlob, alſo,
bitte, habt auch ihr gütigſt nur noch eine kleine
Weile Geduld mit uns! Ihr ſollt uns ja auch
drüben ſpäter willkommen ſein, und das ſage ich
beſonders Dir, lieber Velten. Jawohl, Dir! Schneide
Du nur Deine Geſichter und zupfe Ellen am Ärmel!
Das Kind hat's ja leider Gottes hier in unſerem
Hunger und Kummer vergeſſen, in was für eine
andere Welt es hineingehört von Vater und Mutter
wegen. Beſter Krumhardt, in dieſer Hinſicht werden
Sie ganz auf meiner Seite ſtehen, wenn ich unſerer
guten Amalie jetzt ganz offen ſage, daß der junge
Mann, ihr Sohn, unſer guter Velten, nicht von dem
beſten Einfluß auf — ich will mal ſagen, ſeine Um¬
gebung iſt. Mit bloßem Geſichterziehen und ſpitzigen
lächerlichen Anmerkungen und allem übrigen von
der Art kommt man nicht durch die Welt, lieber
Velten, und beſuchſt Du uns ſpäter wirklich vielleicht
einmal auf dem Broadway, ſo werden Dir mein
herrlicher Gatte, Ellens Pa — und die große Welt
ſelber Dir das noch etwas klarer machen, als ich es
könnte und — hier Luſt dazu hätte.“

Dieſer Sommer-Sonntagnachmittag, der eigentlich
ganz gemüthlich und vogelſangmäßig angefangen hatte,
ging wieder einmal recht unbehaglich zu Ende. Die
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[59/0069] kurze Zeit abwarten ſchreibt er ja, gottlob, alſo, bitte, habt auch ihr gütigſt nur noch eine kleine Weile Geduld mit uns! Ihr ſollt uns ja auch drüben ſpäter willkommen ſein, und das ſage ich beſonders Dir, lieber Velten. Jawohl, Dir! Schneide Du nur Deine Geſichter und zupfe Ellen am Ärmel! Das Kind hat's ja leider Gottes hier in unſerem Hunger und Kummer vergeſſen, in was für eine andere Welt es hineingehört von Vater und Mutter wegen. Beſter Krumhardt, in dieſer Hinſicht werden Sie ganz auf meiner Seite ſtehen, wenn ich unſerer guten Amalie jetzt ganz offen ſage, daß der junge Mann, ihr Sohn, unſer guter Velten, nicht von dem beſten Einfluß auf — ich will mal ſagen, ſeine Um¬ gebung iſt. Mit bloßem Geſichterziehen und ſpitzigen lächerlichen Anmerkungen und allem übrigen von der Art kommt man nicht durch die Welt, lieber Velten, und beſuchſt Du uns ſpäter wirklich vielleicht einmal auf dem Broadway, ſo werden Dir mein herrlicher Gatte, Ellens Pa — und die große Welt ſelber Dir das noch etwas klarer machen, als ich es könnte und — hier Luſt dazu hätte.“ Dieſer Sommer-Sonntagnachmittag, der eigentlich ganz gemüthlich und vogelſangmäßig angefangen hatte, ging wieder einmal recht unbehaglich zu Ende. Die Nachbarin Trotzendorff irrte ſich doch ſehr, wenn ſie

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/69>, abgerufen am 28.03.2024.