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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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daß Mr. Charles Trotzendorff ein großer Schwindler
war, der seine Sache verstand, also Glück gehabt hatte,
es wieder haben konnte und jedenfalls im Pech sich
zu helfen wußte. Das letzte Schreiben berichtete
über ihn, daß er recht im Pech sitze, von "schlechten
Menschen unglaublich betrogen worden sei" und
deshalb fürs erste seinen Haushalt auflösen müsse.
Wie uns, das heißt mir und Freund Velten später
die Sache klar wurde, war er damals nur mit ge¬
nauer Noth an einem längeren Aufenthalt in Sing-
Sing vorbeigeglitten. Jedenfalls war er nach dem
in jener Zeit noch mit einigem Recht "fern" ge¬
nannten Westen verduftet und hatte Weib und Kind
dem Vogelsang wieder zugeschoben. Was wußten
mir im Vogelsang von Mr. Fisk und der Erieeisen¬
bahn, von Mr. Tweed, dem Tammanyring und
Sing-Sing? --

Sie kamen an, die deutsch-amerikanische Mutter
und little Ellen, das amerikanische kleine Mädchen,
und bezogen auf Hartlebens Anwesen die von uns
ihnen im Nebengebäude daselbst gemiethete Wohnung.
Der Einzug ging vor, während wir Beide, Velten
und ich, in der Schule waren. Als wir nach Hause
kamen, fanden wir unsere beiden Mütter in erkleck¬
licher Aufregung und zitternder Rathlosigkeit bei einander
sitzend, und horchten wie Jungens horchen, wenn

daß Mr. Charles Trotzendorff ein großer Schwindler
war, der ſeine Sache verſtand, alſo Glück gehabt hatte,
es wieder haben konnte und jedenfalls im Pech ſich
zu helfen wußte. Das letzte Schreiben berichtete
über ihn, daß er recht im Pech ſitze, von „ſchlechten
Menſchen unglaublich betrogen worden ſei“ und
deshalb fürs erſte ſeinen Haushalt auflöſen müſſe.
Wie uns, das heißt mir und Freund Velten ſpäter
die Sache klar wurde, war er damals nur mit ge¬
nauer Noth an einem längeren Aufenthalt in Sing-
Sing vorbeigeglitten. Jedenfalls war er nach dem
in jener Zeit noch mit einigem Recht „fern“ ge¬
nannten Weſten verduftet und hatte Weib und Kind
dem Vogelſang wieder zugeſchoben. Was wußten
mir im Vogelſang von Mr. Fisk und der Erieeiſen¬
bahn, von Mr. Tweed, dem Tammanyring und
Sing-Sing? —

Sie kamen an, die deutſch-amerikaniſche Mutter
und little Ellen, das amerikaniſche kleine Mädchen,
und bezogen auf Hartlebens Anweſen die von uns
ihnen im Nebengebäude daſelbſt gemiethete Wohnung.
Der Einzug ging vor, während wir Beide, Velten
und ich, in der Schule waren. Als wir nach Hauſe
kamen, fanden wir unſere beiden Mütter in erkleck¬
licher Aufregung und zitternder Rathloſigkeit bei einander
ſitzend, und horchten wie Jungens horchen, wenn

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[28/0038] daß Mr. Charles Trotzendorff ein großer Schwindler war, der ſeine Sache verſtand, alſo Glück gehabt hatte, es wieder haben konnte und jedenfalls im Pech ſich zu helfen wußte. Das letzte Schreiben berichtete über ihn, daß er recht im Pech ſitze, von „ſchlechten Menſchen unglaublich betrogen worden ſei“ und deshalb fürs erſte ſeinen Haushalt auflöſen müſſe. Wie uns, das heißt mir und Freund Velten ſpäter die Sache klar wurde, war er damals nur mit ge¬ nauer Noth an einem längeren Aufenthalt in Sing- Sing vorbeigeglitten. Jedenfalls war er nach dem in jener Zeit noch mit einigem Recht „fern“ ge¬ nannten Weſten verduftet und hatte Weib und Kind dem Vogelſang wieder zugeſchoben. Was wußten mir im Vogelſang von Mr. Fisk und der Erieeiſen¬ bahn, von Mr. Tweed, dem Tammanyring und Sing-Sing? — Sie kamen an, die deutſch-amerikaniſche Mutter und little Ellen, das amerikaniſche kleine Mädchen, und bezogen auf Hartlebens Anweſen die von uns ihnen im Nebengebäude daſelbſt gemiethete Wohnung. Der Einzug ging vor, während wir Beide, Velten und ich, in der Schule waren. Als wir nach Hauſe kamen, fanden wir unſere beiden Mütter in erkleck¬ licher Aufregung und zitternder Rathloſigkeit bei einander ſitzend, und horchten wie Jungens horchen, wenn

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/38>, abgerufen am 29.03.2024.