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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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so gegen Mitternacht am warmen Ofen, in allem Be¬
hagen Leon des Beaux', Annas Seufzer:

"Mein Gott, und sie weiß gar nichts mit ihren
ungezählten Millionen anzufangen?"

"O doch! Sie hat Land und Meer um den Erd¬
ball zur Verfügung. Sie baut Paläste, Krankenhäuser,
kauft Bücher, Bilder, Bildsäulen, unterstützt --"

"Aber das ist doch gar nichts! Das ändert an
ihr und an der Welt nichts. Ach, ich sollte an ihrer
Stelle sein!"

"Du?" fragte ich gespannt. "Was wolltest Du
denn mit ihrem vielen Gelde beginnen?"

"Nun -- ich habe doch meine Kinder?!" --
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Es ist ein lichtgrüner, schöner Frühlingstag, an
welchem ich dieses zu Papier bringe. Ich könnte auf
dem Blatte den spätesten Nachkommen noch einmal
mit hinaufnehmen auf die Bank im Sonnenschein
von heute auf dem Osterberge; aber ich schließe:
>Die Akten des Vogelsangs.


Berliner Buchdruckerei-Aktien-Gesellschaft (Setzerinnen-Schule des Lette-Vereins.)

ſo gegen Mitternacht am warmen Ofen, in allem Be¬
hagen Leon des Beaux', Annas Seufzer:

„Mein Gott, und ſie weiß gar nichts mit ihren
ungezählten Millionen anzufangen?“

„O doch! Sie hat Land und Meer um den Erd¬
ball zur Verfügung. Sie baut Paläſte, Krankenhäuſer,
kauft Bücher, Bilder, Bildſäulen, unterſtützt —“

„Aber das iſt doch gar nichts! Das ändert an
ihr und an der Welt nichts. Ach, ich ſollte an ihrer
Stelle ſein!“

„Du?“ fragte ich geſpannt. „Was wollteſt Du
denn mit ihrem vielen Gelde beginnen?“

„Nun — ich habe doch meine Kinder?!“ —
— — — — — — — — — — —

Es iſt ein lichtgrüner, ſchöner Frühlingstag, an
welchem ich dieſes zu Papier bringe. Ich könnte auf
dem Blatte den ſpäteſten Nachkommen noch einmal
mit hinaufnehmen auf die Bank im Sonnenſchein
von heute auf dem Oſterberge; aber ich ſchließe:
>Die Akten des Vogelſangs.


Berliner Buchdruckerei-Aktien-Geſellſchaft (Setzerinnen-Schule des Lette-Vereins.)

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[320/0330] ſo gegen Mitternacht am warmen Ofen, in allem Be¬ hagen Leon des Beaux', Annas Seufzer: „Mein Gott, und ſie weiß gar nichts mit ihren ungezählten Millionen anzufangen?“ „O doch! Sie hat Land und Meer um den Erd¬ ball zur Verfügung. Sie baut Paläſte, Krankenhäuſer, kauft Bücher, Bilder, Bildſäulen, unterſtützt —“ „Aber das iſt doch gar nichts! Das ändert an ihr und an der Welt nichts. Ach, ich ſollte an ihrer Stelle ſein!“ „Du?“ fragte ich geſpannt. „Was wollteſt Du denn mit ihrem vielen Gelde beginnen?“ „Nun — ich habe doch meine Kinder?!“ — — — — — — — — — — — — Es iſt ein lichtgrüner, ſchöner Frühlingstag, an welchem ich dieſes zu Papier bringe. Ich könnte auf dem Blatte den ſpäteſten Nachkommen noch einmal mit hinaufnehmen auf die Bank im Sonnenſchein von heute auf dem Oſterberge; aber ich ſchließe: >Die Akten des Vogelſangs. Berliner Buchdruckerei-Aktien-Geſellſchaft (Setzerinnen-Schule des Lette-Vereins.)

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/330>, abgerufen am 19.04.2024.