Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

der Schatten allein, den mir da hinten die neue
Feuermauer auf meine Rosenplantage wirft, verdirbt
mir das ganze Pläsir an der Liebhaberei. Mit dem
Kaffeetisch im Garten unter diesen Fabrikgerüchen
ist's auch nichts mehr. Unsere Plätze im letzten
Grün des Vogelsangs haben wir sicher auf dem
Papier bei der Friedhofverwaltung. Also, Junge,
Karl, Herr Assessor Krumhardt, es bleibt dabei;
der alte Pelikan hackt sich noch mal die Brust seiner
Nachkommenschaft wegen auf. Wir ziehen in die Stadt,
der veränderten Verhältnisse wegen. Laß es mich
erleben, daß ich an Dir einen herzoglichen Regierungs¬
rath herangezogen habe, so soll es mir auch nicht
darauf ankommen, auf meine Rosen- und Aurikeln¬
zucht zu verzichten. Man kann auch im Nothfall an
den Hyazinthen und Geranien seine Befriedigung
finden, und dafür, denke ich, mein Sohn, wirst Du eben
immer, wie für Deine alten Eltern, ein sonniges
Gelaß in Deinen neuen Gesellschafts- und Wohnungs¬
verhältnissen übrig haben. Die Gelegenheit in der
Archivstraße, die Mutter und ich uns zum Beispiel
neulich angesehen haben, hat nach hinten heraus und
doch nach der Sonnenseite ein Altentheil, was für so
einen subalternen quieszierten Obergerichtssetretär
mit so einem, ihm Freude machenden Sohne -- jetzt
kann ich Dir das wohl sagen, mein Junge! -- paßt,

der Schatten allein, den mir da hinten die neue
Feuermauer auf meine Roſenplantage wirft, verdirbt
mir das ganze Pläſir an der Liebhaberei. Mit dem
Kaffeetiſch im Garten unter dieſen Fabrikgerüchen
iſt's auch nichts mehr. Unſere Plätze im letzten
Grün des Vogelſangs haben wir ſicher auf dem
Papier bei der Friedhofverwaltung. Alſo, Junge,
Karl, Herr Aſſeſſor Krumhardt, es bleibt dabei;
der alte Pelikan hackt ſich noch mal die Bruſt ſeiner
Nachkommenſchaft wegen auf. Wir ziehen in die Stadt,
der veränderten Verhältniſſe wegen. Laß es mich
erleben, daß ich an Dir einen herzoglichen Regierungs¬
rath herangezogen habe, ſo ſoll es mir auch nicht
darauf ankommen, auf meine Roſen- und Aurikeln¬
zucht zu verzichten. Man kann auch im Nothfall an
den Hyazinthen und Geranien ſeine Befriedigung
finden, und dafür, denke ich, mein Sohn, wirſt Du eben
immer, wie für Deine alten Eltern, ein ſonniges
Gelaß in Deinen neuen Geſellſchafts- und Wohnungs¬
verhältniſſen übrig haben. Die Gelegenheit in der
Archivſtraße, die Mutter und ich uns zum Beiſpiel
neulich angeſehen haben, hat nach hinten heraus und
doch nach der Sonnenſeite ein Altentheil, was für ſo
einen ſubalternen quieszierten Obergerichtsſetretär
mit ſo einem, ihm Freude machenden Sohne — jetzt
kann ich Dir das wohl ſagen, mein Junge! — paßt,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0188" n="178"/>
der Schatten allein, den mir da hinten die neue<lb/>
Feuermauer auf meine Ro&#x017F;enplantage wirft, verdirbt<lb/>
mir das ganze Plä&#x017F;ir an der Liebhaberei. Mit dem<lb/>
Kaffeeti&#x017F;ch im Garten unter die&#x017F;en Fabrikgerüchen<lb/>
i&#x017F;t's auch nichts mehr. Un&#x017F;ere Plätze im letzten<lb/>
Grün des Vogel&#x017F;angs haben wir &#x017F;icher auf dem<lb/>
Papier bei der Friedhofverwaltung. Al&#x017F;o, Junge,<lb/>
Karl, Herr A&#x017F;&#x017F;e&#x017F;&#x017F;or Krumhardt, es bleibt dabei;<lb/>
der alte Pelikan hackt &#x017F;ich noch mal die Bru&#x017F;t &#x017F;einer<lb/>
Nachkommen&#x017F;chaft wegen auf. Wir ziehen in die Stadt,<lb/>
der veränderten Verhältni&#x017F;&#x017F;e wegen. Laß es mich<lb/>
erleben, daß ich an Dir einen herzoglichen Regierungs¬<lb/>
rath herangezogen habe, &#x017F;o &#x017F;oll es mir auch nicht<lb/>
darauf ankommen, auf meine Ro&#x017F;en- und Aurikeln¬<lb/>
zucht zu verzichten. Man kann auch im Nothfall an<lb/>
den Hyazinthen und Geranien &#x017F;eine Befriedigung<lb/>
finden, und dafür, denke ich, mein Sohn, wir&#x017F;t Du eben<lb/>
immer, wie für Deine alten Eltern, ein &#x017F;onniges<lb/>
Gelaß in Deinen neuen Ge&#x017F;ell&#x017F;chafts- und Wohnungs¬<lb/>
verhältni&#x017F;&#x017F;en übrig haben. Die Gelegenheit in der<lb/>
Archiv&#x017F;traße, die Mutter und ich uns zum Bei&#x017F;piel<lb/>
neulich ange&#x017F;ehen haben, hat nach hinten heraus und<lb/>
doch nach der Sonnen&#x017F;eite ein Altentheil, was für &#x017F;o<lb/>
einen &#x017F;ubalternen quieszierten Obergerichts&#x017F;etretär<lb/>
mit &#x017F;o einem, ihm Freude machenden Sohne &#x2014; jetzt<lb/>
kann ich Dir das wohl &#x017F;agen, mein Junge! &#x2014; paßt,<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0188] der Schatten allein, den mir da hinten die neue Feuermauer auf meine Roſenplantage wirft, verdirbt mir das ganze Pläſir an der Liebhaberei. Mit dem Kaffeetiſch im Garten unter dieſen Fabrikgerüchen iſt's auch nichts mehr. Unſere Plätze im letzten Grün des Vogelſangs haben wir ſicher auf dem Papier bei der Friedhofverwaltung. Alſo, Junge, Karl, Herr Aſſeſſor Krumhardt, es bleibt dabei; der alte Pelikan hackt ſich noch mal die Bruſt ſeiner Nachkommenſchaft wegen auf. Wir ziehen in die Stadt, der veränderten Verhältniſſe wegen. Laß es mich erleben, daß ich an Dir einen herzoglichen Regierungs¬ rath herangezogen habe, ſo ſoll es mir auch nicht darauf ankommen, auf meine Roſen- und Aurikeln¬ zucht zu verzichten. Man kann auch im Nothfall an den Hyazinthen und Geranien ſeine Befriedigung finden, und dafür, denke ich, mein Sohn, wirſt Du eben immer, wie für Deine alten Eltern, ein ſonniges Gelaß in Deinen neuen Geſellſchafts- und Wohnungs¬ verhältniſſen übrig haben. Die Gelegenheit in der Archivſtraße, die Mutter und ich uns zum Beiſpiel neulich angeſehen haben, hat nach hinten heraus und doch nach der Sonnenſeite ein Altentheil, was für ſo einen ſubalternen quieszierten Obergerichtsſetretär mit ſo einem, ihm Freude machenden Sohne — jetzt kann ich Dir das wohl ſagen, mein Junge! — paßt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/188
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/188>, abgerufen am 29.03.2024.