Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
wie er einen rechten/ GOtt wohlgefälli-
gen Christen-Wandel führen solle; Da
er den nicht allein darauf zu dencken hat/
wie er in der Welt ehrlich und tugend-
hafft leben/ sondern zuförderst/ wie er
auch dermaleinst in der Ewigkeit die
Früchte seiner Gottseligkeit geniessen
wolle/ daß er also seinen Wandel und
Bürgerrecht schon in Himmel hat/ in
der Welt aber nur/ als ein Pilgram/ noch
herumer walle. Denn obgleich derer Men-
schen Gemüther auch von Natur nach
der Unsterbligkeit sehr begierig seyn/ und
sich vor ihrer Vernichtung hefftig ent-
setzen/ weßwegen auch die meisten Hey-
den der Meinung gewesen/ daß die See-
le/ nach dem sie von dem Leibe abgetren-
net/ irgendswo verbleiben müsse/ allda
es denen Frommen wohl/ denen Gottlo-
sen aber übel ergienge; So muß doch die
wahre und unfehlbare Versicherung des-
sen einig und allein aus den geoffenba-
reten Worte GOttes geschöpffer wer-
den. Dieser Ursachen halber muß die Di-
sciplin
der natürlichen Rechte auch nur
nach den menschlichen Foro eingerichtet

wer-
(6)

Vorrede.
wie er einen rechten/ GOtt wohlgefaͤlli-
gen Chriſten-Wandel fuͤhren ſolle; Da
er den nicht allein darauf zu dencken hat/
wie er in der Welt ehrlich und tugend-
hafft leben/ ſondern zufoͤrderſt/ wie er
auch dermaleinſt in der Ewigkeit die
Fruͤchte ſeiner Gottſeligkeit genieſſen
wolle/ daß er alſo ſeinen Wandel und
Buͤrgerrecht ſchon in Himmel hat/ in
der Welt aber nur/ als ein Pilgram/ noch
herumer walle. Deñ obgleich derer Men-
ſchen Gemuͤther auch von Natur nach
der Unſterbligkeit ſehr begierig ſeyn/ und
ſich vor ihrer Vernichtung hefftig ent-
ſetzen/ weßwegen auch die meiſten Hey-
den der Meinung geweſen/ daß die See-
le/ nach dem ſie von dem Leibe abgetren-
net/ irgendswo verbleiben muͤſſe/ allda
es denen Frommen wohl/ denen Gottlo-
ſen aber uͤbel ergienge; So muß doch die
wahre und unfehlbare Verſicherung deſ-
ſen einig und allein aus den geoffenba-
reten Worte GOttes geſchoͤpffer wer-
den. Dieſer Urſachen halber muß die Di-
ſciplin
der natuͤrlichen Rechte auch nur
nach den menſchlichen Foro eingerichtet

wer-
(6)
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0039"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
wie er einen rechten/ GOtt wohlgefa&#x0364;lli-<lb/>
gen Chri&#x017F;ten-Wandel fu&#x0364;hren &#x017F;olle; Da<lb/>
er den nicht allein darauf zu dencken hat/<lb/>
wie er in der Welt ehrlich und tugend-<lb/>
hafft leben/ &#x017F;ondern zufo&#x0364;rder&#x017F;t/ wie er<lb/>
auch dermalein&#x017F;t in der Ewigkeit die<lb/>
Fru&#x0364;chte &#x017F;einer Gott&#x017F;eligkeit genie&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wolle/ daß er al&#x017F;o &#x017F;einen Wandel und<lb/>
Bu&#x0364;rgerrecht &#x017F;chon in Himmel hat/ in<lb/>
der Welt aber nur/ als ein Pilgram/ noch<lb/>
herumer walle. Deñ obgleich derer Men-<lb/>
&#x017F;chen Gemu&#x0364;ther auch von Natur nach<lb/>
der Un&#x017F;terbligkeit &#x017F;ehr begierig &#x017F;eyn/ und<lb/>
&#x017F;ich vor ihrer Vernichtung hefftig ent-<lb/>
&#x017F;etzen/ weßwegen auch die mei&#x017F;ten Hey-<lb/>
den der Meinung gewe&#x017F;en/ daß die See-<lb/>
le/ nach dem &#x017F;ie von dem Leibe abgetren-<lb/>
net/ irgendswo verbleiben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e/ allda<lb/>
es denen Frommen wohl/ denen Gottlo-<lb/>
&#x017F;en aber u&#x0364;bel ergienge; So muß doch die<lb/>
wahre und unfehlbare Ver&#x017F;icherung de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en einig und allein aus den geoffenba-<lb/>
reten Worte GOttes ge&#x017F;cho&#x0364;pffer wer-<lb/>
den. Die&#x017F;er Ur&#x017F;achen halber muß die <hi rendition="#aq">Di-<lb/>
&#x017F;ciplin</hi> der natu&#x0364;rlichen Rechte auch nur<lb/>
nach den men&#x017F;chlichen <hi rendition="#aq">Foro</hi> eingerichtet<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">(6)</fw><fw place="bottom" type="catch">wer-</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0039] Vorrede. wie er einen rechten/ GOtt wohlgefaͤlli- gen Chriſten-Wandel fuͤhren ſolle; Da er den nicht allein darauf zu dencken hat/ wie er in der Welt ehrlich und tugend- hafft leben/ ſondern zufoͤrderſt/ wie er auch dermaleinſt in der Ewigkeit die Fruͤchte ſeiner Gottſeligkeit genieſſen wolle/ daß er alſo ſeinen Wandel und Buͤrgerrecht ſchon in Himmel hat/ in der Welt aber nur/ als ein Pilgram/ noch herumer walle. Deñ obgleich derer Men- ſchen Gemuͤther auch von Natur nach der Unſterbligkeit ſehr begierig ſeyn/ und ſich vor ihrer Vernichtung hefftig ent- ſetzen/ weßwegen auch die meiſten Hey- den der Meinung geweſen/ daß die See- le/ nach dem ſie von dem Leibe abgetren- net/ irgendswo verbleiben muͤſſe/ allda es denen Frommen wohl/ denen Gottlo- ſen aber uͤbel ergienge; So muß doch die wahre und unfehlbare Verſicherung deſ- ſen einig und allein aus den geoffenba- reten Worte GOttes geſchoͤpffer wer- den. Dieſer Urſachen halber muß die Di- ſciplin der natuͤrlichen Rechte auch nur nach den menſchlichen Foro eingerichtet wer- (6)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/39
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/39>, abgerufen am 18.04.2024.