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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787.

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XI. Carl VII. u. Franz 1740-1748.

XI.

Einmal, gestützt auf die von so vielen Mäch-
ten garantirte pragmatische Sanction, nahm Ma-
ria Theresia
unmittelbar nach ihres Vaters Tode
von allen dessen hinterlaßenen Staaten und Län-
dern Besitz. Sie schmeichelte sich auch, daß ihr
Gemahl, der Großherzog von Toscana, die Mehr-
heit der Stimmen bey der Kaiserwahl davon tra-
gen würde. Auf die Stimmen von Mainz, Trier,
Sachsen, Hannover schien man zu Wien nicht oh-
ne Wahrscheinlichkeit rechnen zu können. Die
eigene Stimme von Böhmen dazu gerechnet, war
die Mehrheit der Stimmen da.


XII.

Nur wegen Böhmen schien sich eine Schwie-
rigkeit in den Weg zu legen: ob auch eine Dame
eine Churstimme bey der Kaiserwahl führen könne?
Es war wenigstens der erste Fall in seiner Art. daß
Maria Theresia jetzt als Königinn von Böhmen
einer Kaiserwahl beywohnen sollte. Um allen
Zweifeln hierüber zuvorzukommen, erklärte sie sich
(1740. Nov. 21.) ihren Gemahl zum Mitregen-
ten anzunehmen, und demselben die Führung der
Böhmischen Stimme zu übertragen. Doch eben
damit wurde die Schwierigkeit hernach noch mehr
vergrößert, da inzwischen ein unerwarteter Auf-
tritt der ganzen Sache eine andere Wendung gab.


XIII.

Den Vertrag, wodurch der Churfürst Frie-
drich Wilhelm von Brandenburg der Ansprüche
seines Hauses auf die vier Schlesischen Fürsten-
thümer Jägerndorf, und Liegnitz, Brieg und
Wohlau sich begeben hatte (e), wiederrief der in
eben diesem Jahre (1740. May 31.) zur Regie-

rung
(e) Oben Th. 2. S. 322.
XI. Carl VII. u. Franz 1740-1748.

XI.

Einmal, geſtuͤtzt auf die von ſo vielen Maͤch-
ten garantirte pragmatiſche Sanction, nahm Ma-
ria Thereſia
unmittelbar nach ihres Vaters Tode
von allen deſſen hinterlaßenen Staaten und Laͤn-
dern Beſitz. Sie ſchmeichelte ſich auch, daß ihr
Gemahl, der Großherzog von Toſcana, die Mehr-
heit der Stimmen bey der Kaiſerwahl davon tra-
gen wuͤrde. Auf die Stimmen von Mainz, Trier,
Sachſen, Hannover ſchien man zu Wien nicht oh-
ne Wahrſcheinlichkeit rechnen zu koͤnnen. Die
eigene Stimme von Boͤhmen dazu gerechnet, war
die Mehrheit der Stimmen da.


XII.

Nur wegen Boͤhmen ſchien ſich eine Schwie-
rigkeit in den Weg zu legen: ob auch eine Dame
eine Churſtimme bey der Kaiſerwahl fuͤhren koͤnne?
Es war wenigſtens der erſte Fall in ſeiner Art. daß
Maria Thereſia jetzt als Koͤniginn von Boͤhmen
einer Kaiſerwahl beywohnen ſollte. Um allen
Zweifeln hieruͤber zuvorzukommen, erklaͤrte ſie ſich
(1740. Nov. 21.) ihren Gemahl zum Mitregen-
ten anzunehmen, und demſelben die Fuͤhrung der
Boͤhmiſchen Stimme zu uͤbertragen. Doch eben
damit wurde die Schwierigkeit hernach noch mehr
vergroͤßert, da inzwiſchen ein unerwarteter Auf-
tritt der ganzen Sache eine andere Wendung gab.


XIII.

Den Vertrag, wodurch der Churfuͤrſt Frie-
drich Wilhelm von Brandenburg der Anſpruͤche
ſeines Hauſes auf die vier Schleſiſchen Fuͤrſten-
thuͤmer Jaͤgerndorf, und Liegnitz, Brieg und
Wohlau ſich begeben hatte (e), wiederrief der in
eben dieſem Jahre (1740. May 31.) zur Regie-

rung
(e) Oben Th. 2. S. 322.
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[14/0048] XI. Carl VII. u. Franz 1740-1748. Einmal, geſtuͤtzt auf die von ſo vielen Maͤch- ten garantirte pragmatiſche Sanction, nahm Ma- ria Thereſia unmittelbar nach ihres Vaters Tode von allen deſſen hinterlaßenen Staaten und Laͤn- dern Beſitz. Sie ſchmeichelte ſich auch, daß ihr Gemahl, der Großherzog von Toſcana, die Mehr- heit der Stimmen bey der Kaiſerwahl davon tra- gen wuͤrde. Auf die Stimmen von Mainz, Trier, Sachſen, Hannover ſchien man zu Wien nicht oh- ne Wahrſcheinlichkeit rechnen zu koͤnnen. Die eigene Stimme von Boͤhmen dazu gerechnet, war die Mehrheit der Stimmen da. Nur wegen Boͤhmen ſchien ſich eine Schwie- rigkeit in den Weg zu legen: ob auch eine Dame eine Churſtimme bey der Kaiſerwahl fuͤhren koͤnne? Es war wenigſtens der erſte Fall in ſeiner Art. daß Maria Thereſia jetzt als Koͤniginn von Boͤhmen einer Kaiſerwahl beywohnen ſollte. Um allen Zweifeln hieruͤber zuvorzukommen, erklaͤrte ſie ſich (1740. Nov. 21.) ihren Gemahl zum Mitregen- ten anzunehmen, und demſelben die Fuͤhrung der Boͤhmiſchen Stimme zu uͤbertragen. Doch eben damit wurde die Schwierigkeit hernach noch mehr vergroͤßert, da inzwiſchen ein unerwarteter Auf- tritt der ganzen Sache eine andere Wendung gab. Den Vertrag, wodurch der Churfuͤrſt Frie- drich Wilhelm von Brandenburg der Anſpruͤche ſeines Hauſes auf die vier Schleſiſchen Fuͤrſten- thuͤmer Jaͤgerndorf, und Liegnitz, Brieg und Wohlau ſich begeben hatte (e), wiederrief der in eben dieſem Jahre (1740. May 31.) zur Regie- rung (e) Oben Th. 2. S. 322.

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786. Göttingen, 1787, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung03_1787/48>, abgerufen am 16.04.2024.