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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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1) Teutschland bis ins V. Jahrhund.
Trevirer um Trier, Rügier in Rügen, und vor-
züglich Friesen, deren Sitz und Benennung in den
Gegenden, die noch jetzt Ost- und Westfriesland
heissen, immer unverändert geblieben ist. Von
einigen macht die Namensähnlichkeit mit Flüssen,
die noch jetzt bekannt sind, die Gegend ihres ur-
sprünglichen Wohnsitzes wahrscheinlich, als von den
Warinern an der Warne im Mecklenburgischen,
von den Fosiern an der Fuse im Hildesheimischen,
von Chasuariern an der Hase im Osnabrückischen.
Anderen laßen sich mit mehr oder weniger Wahr-
scheinlichkeit ihre ehemalige Wohnsitze anweisen,
nachdem die Nachrichten, welche uns die Römi-
schen Schriftsteller davon geben, mehr oder weni-
ger bestimmt und glaubwürdig sind, als den Cat-
ten im heutigen Hessen, den Cheruskern am Harze,
den Tenctern im Bergischen, den Bructern an der
Lippe, Ems und Roer, den Chamaven in der Graf-
schaft Mark u. s. w.

Man darf jedoch nie außer Acht laßen, daßIV.
von jenen Zeiten her, da diese Namen der Teut-
schen Völker üblich waren, dieselben vielleicht zum
Theil noch wie Horden herumzogen, die nur der
Jagd und Weide nachgiengen, ohne noch das Land
zu bauen, vielweniger in Städten und Dörfern
unveränderliche Wohnsitze zu haben. In diesen
Umständen waren solche Völker an einen gewissen
Grund und Boden nicht so gebunden, wie wir
uns jetzt Land und Leute an einander gebunden
vorstellen. Bey so veränderlichem Aufenthalte
ganzer Völker läßt sich kaum gedenken, eine ge-
naue und zuverläßige geographische Beschreibung
der Teutschen Völker von jenen ältesten Zeiten her

zu
A 2

1) Teutſchland bis ins V. Jahrhund.
Trevirer um Trier, Ruͤgier in Ruͤgen, und vor-
zuͤglich Frieſen, deren Sitz und Benennung in den
Gegenden, die noch jetzt Oſt- und Weſtfriesland
heiſſen, immer unveraͤndert geblieben iſt. Von
einigen macht die Namensaͤhnlichkeit mit Fluͤſſen,
die noch jetzt bekannt ſind, die Gegend ihres ur-
ſpruͤnglichen Wohnſitzes wahrſcheinlich, als von den
Warinern an der Warne im Mecklenburgiſchen,
von den Foſiern an der Fuſe im Hildesheimiſchen,
von Chaſuariern an der Haſe im Osnabruͤckiſchen.
Anderen laßen ſich mit mehr oder weniger Wahr-
ſcheinlichkeit ihre ehemalige Wohnſitze anweiſen,
nachdem die Nachrichten, welche uns die Roͤmi-
ſchen Schriftſteller davon geben, mehr oder weni-
ger beſtimmt und glaubwuͤrdig ſind, als den Cat-
ten im heutigen Heſſen, den Cheruskern am Harze,
den Tenctern im Bergiſchen, den Bructern an der
Lippe, Ems und Roer, den Chamaven in der Graf-
ſchaft Mark u. ſ. w.

Man darf jedoch nie außer Acht laßen, daßIV.
von jenen Zeiten her, da dieſe Namen der Teut-
ſchen Voͤlker uͤblich waren, dieſelben vielleicht zum
Theil noch wie Horden herumzogen, die nur der
Jagd und Weide nachgiengen, ohne noch das Land
zu bauen, vielweniger in Staͤdten und Doͤrfern
unveraͤnderliche Wohnſitze zu haben. In dieſen
Umſtaͤnden waren ſolche Voͤlker an einen gewiſſen
Grund und Boden nicht ſo gebunden, wie wir
uns jetzt Land und Leute an einander gebunden
vorſtellen. Bey ſo veraͤnderlichem Aufenthalte
ganzer Voͤlker laͤßt ſich kaum gedenken, eine ge-
naue und zuverlaͤßige geographiſche Beſchreibung
der Teutſchen Voͤlker von jenen aͤlteſten Zeiten her

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[3/0037] 1) Teutſchland bis ins V. Jahrhund. Trevirer um Trier, Ruͤgier in Ruͤgen, und vor- zuͤglich Frieſen, deren Sitz und Benennung in den Gegenden, die noch jetzt Oſt- und Weſtfriesland heiſſen, immer unveraͤndert geblieben iſt. Von einigen macht die Namensaͤhnlichkeit mit Fluͤſſen, die noch jetzt bekannt ſind, die Gegend ihres ur- ſpruͤnglichen Wohnſitzes wahrſcheinlich, als von den Warinern an der Warne im Mecklenburgiſchen, von den Foſiern an der Fuſe im Hildesheimiſchen, von Chaſuariern an der Haſe im Osnabruͤckiſchen. Anderen laßen ſich mit mehr oder weniger Wahr- ſcheinlichkeit ihre ehemalige Wohnſitze anweiſen, nachdem die Nachrichten, welche uns die Roͤmi- ſchen Schriftſteller davon geben, mehr oder weni- ger beſtimmt und glaubwuͤrdig ſind, als den Cat- ten im heutigen Heſſen, den Cheruskern am Harze, den Tenctern im Bergiſchen, den Bructern an der Lippe, Ems und Roer, den Chamaven in der Graf- ſchaft Mark u. ſ. w. Man darf jedoch nie außer Acht laßen, daß von jenen Zeiten her, da dieſe Namen der Teut- ſchen Voͤlker uͤblich waren, dieſelben vielleicht zum Theil noch wie Horden herumzogen, die nur der Jagd und Weide nachgiengen, ohne noch das Land zu bauen, vielweniger in Staͤdten und Doͤrfern unveraͤnderliche Wohnſitze zu haben. In dieſen Umſtaͤnden waren ſolche Voͤlker an einen gewiſſen Grund und Boden nicht ſo gebunden, wie wir uns jetzt Land und Leute an einander gebunden vorſtellen. Bey ſo veraͤnderlichem Aufenthalte ganzer Voͤlker laͤßt ſich kaum gedenken, eine ge- naue und zuverlaͤßige geographiſche Beſchreibung der Teutſchen Voͤlker von jenen aͤlteſten Zeiten her zu IV. A 2

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/37>, abgerufen am 19.04.2024.