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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

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ziemlich guter Stimmung, das heißt, bunte Phanta-
siebilder für die Zukunft ausmalend, nur die Sehn-
sucht nach Dir, gute Julie, und die daraus folgende
Vergleichung meines faden und freudelosen Allein-
seyns gegen die herrliche Lust, mit Dir in glücklicheren
Verhältnissen diese Reise machen zu können, griffen
mir oft peinlich an's Herz.

Vom Wege hierher ist nicht viel zu sagen, er ist
nicht romantisch, selbst nicht die, mehr Sand als Grün
zur Schau tragenden, Weinberge bis Meißen. Doch
erregt die zu offene, aber durch Fruchtbarkeit und
Frische ansprechende Gegend zuweilen angenehme Ein-
drücke, unter andern bei Oschatz, wo der schön be-
buschte Culmberg, wie ein jugendlich gelocktes Haupt
in das Land hineinschaut. Die Chaussee ist gut, und
es scheint, daß auch in Sachsen das Postwesen sich
verbessert, seitdem in Preußen der vortreffliche Nag-
ler eine neue Post-Aera geschaffen hat. Nichts ist
mir dabei belustigender als B.... 's frischer Eifer,
der selbst die Gutwilligsten unter den Phlegmatischen
rastlos antreibt, und sich gegen sie benimmt, als
habe er bereits mit mir die ganze Welt durchreist,
und es, wie sich von selbst versteht, überall besser
gefunden, als im Vaterlande.

Bei dem gereizten Zustande meiner Gesundheit ist
der bequeme englische Wagen eine wahre Wohlthat.
Ich thue mir überhaupt etwas darauf zu Gute, das
Reisen in gewisser Hinsicht besser als Andere zu ver-
stehen, nämlich die größte Bequemlichkeit, wozu auch
das Mitnehmen der möglichsten Menge von Sachen

ziemlich guter Stimmung, das heißt, bunte Phanta-
ſiebilder für die Zukunft ausmalend, nur die Sehn-
ſucht nach Dir, gute Julie, und die daraus folgende
Vergleichung meines faden und freudeloſen Allein-
ſeyns gegen die herrliche Luſt, mit Dir in glücklicheren
Verhältniſſen dieſe Reiſe machen zu können, griffen
mir oft peinlich an’s Herz.

Vom Wege hierher iſt nicht viel zu ſagen, er iſt
nicht romantiſch, ſelbſt nicht die, mehr Sand als Grün
zur Schau tragenden, Weinberge bis Meißen. Doch
erregt die zu offene, aber durch Fruchtbarkeit und
Friſche anſprechende Gegend zuweilen angenehme Ein-
drücke, unter andern bei Oſchatz, wo der ſchön be-
buſchte Culmberg, wie ein jugendlich gelocktes Haupt
in das Land hineinſchaut. Die Chauſſee iſt gut, und
es ſcheint, daß auch in Sachſen das Poſtweſen ſich
verbeſſert, ſeitdem in Preußen der vortreffliche Nag-
ler eine neue Poſt-Aera geſchaffen hat. Nichts iſt
mir dabei beluſtigender als B.... ’s friſcher Eifer,
der ſelbſt die Gutwilligſten unter den Phlegmatiſchen
raſtlos antreibt, und ſich gegen ſie benimmt, als
habe er bereits mit mir die ganze Welt durchreist,
und es, wie ſich von ſelbſt verſteht, überall beſſer
gefunden, als im Vaterlande.

Bei dem gereizten Zuſtande meiner Geſundheit iſt
der bequeme engliſche Wagen eine wahre Wohlthat.
Ich thue mir überhaupt etwas darauf zu Gute, das
Reiſen in gewiſſer Hinſicht beſſer als Andere zu ver-
ſtehen, nämlich die größte Bequemlichkeit, wozu auch
das Mitnehmen der möglichſten Menge von Sachen

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[5/0045] ziemlich guter Stimmung, das heißt, bunte Phanta- ſiebilder für die Zukunft ausmalend, nur die Sehn- ſucht nach Dir, gute Julie, und die daraus folgende Vergleichung meines faden und freudeloſen Allein- ſeyns gegen die herrliche Luſt, mit Dir in glücklicheren Verhältniſſen dieſe Reiſe machen zu können, griffen mir oft peinlich an’s Herz. Vom Wege hierher iſt nicht viel zu ſagen, er iſt nicht romantiſch, ſelbſt nicht die, mehr Sand als Grün zur Schau tragenden, Weinberge bis Meißen. Doch erregt die zu offene, aber durch Fruchtbarkeit und Friſche anſprechende Gegend zuweilen angenehme Ein- drücke, unter andern bei Oſchatz, wo der ſchön be- buſchte Culmberg, wie ein jugendlich gelocktes Haupt in das Land hineinſchaut. Die Chauſſee iſt gut, und es ſcheint, daß auch in Sachſen das Poſtweſen ſich verbeſſert, ſeitdem in Preußen der vortreffliche Nag- ler eine neue Poſt-Aera geſchaffen hat. Nichts iſt mir dabei beluſtigender als B.... ’s friſcher Eifer, der ſelbſt die Gutwilligſten unter den Phlegmatiſchen raſtlos antreibt, und ſich gegen ſie benimmt, als habe er bereits mit mir die ganze Welt durchreist, und es, wie ſich von ſelbſt verſteht, überall beſſer gefunden, als im Vaterlande. Bei dem gereizten Zuſtande meiner Geſundheit iſt der bequeme engliſche Wagen eine wahre Wohlthat. Ich thue mir überhaupt etwas darauf zu Gute, das Reiſen in gewiſſer Hinſicht beſſer als Andere zu ver- ſtehen, nämlich die größte Bequemlichkeit, wozu auch das Mitnehmen der möglichſten Menge von Sachen

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/45>, abgerufen am 28.03.2024.