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Preuß, Hugo: Franz Lieber, ein Bürger zweier Welten. Berlin, 1886.

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auf dem Gemüth des Mannes lastete, dessen innern Werth Niebuhr's klarer Blick gar bald erkannte. Ein Jahr, das schönste, sorgenloseste seines Lebens, verbrachte Lieber im Hause Niebuhr's zu Rom. Seine leidgeprüfte Seele, die so wenig den Sonnenschein des Glücks gewohnt war, öffnete sich voll und weit den herrlichen Eindrücken, die auf ihn einstürmten in Rom, in Neapel, Florenz und anderen Orten des gelobten Landes der Kunst, welche er in Begleitung Niebuhr's und seiner Familie besuchte. Alles was das Leben der Menschen erheitert und schmückt, bot sich ihm hier in reichster Fülle, Verkehr mit geistvollen, wahrhaft vornehmen Menschen, traute Geselligkeit, der Genuß schöner Natur und schöner Kunst. Dabei wirkte der hohe, edle Geist Niebuhr's anregend, belehrend und läuternd auf sein jugendliches Denken und klärte seine Anschauungen über Staat und Kunst. Auf Veranlassung Niebuhr's schrieb er in dieser Zeit das Tagebuch seines Aufenthalts in Griechenland und publicirte es zu Nutz und Frommen aller vom Philhellenismus Angesteckten. Es waren glückliche Tage; die Erinnerung an sie und den trefflichen Mann, dem er sie dankte, bewahrte er treu sein Leben lang. Als er 13 Jahre später in Philadelphia seine "Erinnerungen an Niebuhr" niederschrieb, ruft er aus: "Welch' intensives Leben lebte ich in Rom! Rom und Philadelphia! Regellosigkeit mit dem Stempel von Alterthum und historischem Werden, und moderne, geschmacklose Regelmäßigkeit".

Die schöne Zeit schwand schnell dahin. Lieber mußte daran denken, einen dauernden Lebensberuf zu suchen, und kehrte im Sommer 1823 nach Preußen, nach Berlin zurück. Bei einem Besuche Friedrich Wilhelm's III. in Rom war Lieber von Niebuhr dem Könige vorgestellt worden, und dieser hatte ihm selbst versichert, daß er unbehelligt nach Preußen kommen und

auf dem Gemüth des Mannes lastete, dessen innern Werth Niebuhr’s klarer Blick gar bald erkannte. Ein Jahr, das schönste, sorgenloseste seines Lebens, verbrachte Lieber im Hause Niebuhr’s zu Rom. Seine leidgeprüfte Seele, die so wenig den Sonnenschein des Glücks gewohnt war, öffnete sich voll und weit den herrlichen Eindrücken, die auf ihn einstürmten in Rom, in Neapel, Florenz und anderen Orten des gelobten Landes der Kunst, welche er in Begleitung Niebuhr’s und seiner Familie besuchte. Alles was das Leben der Menschen erheitert und schmückt, bot sich ihm hier in reichster Fülle, Verkehr mit geistvollen, wahrhaft vornehmen Menschen, traute Geselligkeit, der Genuß schöner Natur und schöner Kunst. Dabei wirkte der hohe, edle Geist Niebuhr’s anregend, belehrend und läuternd auf sein jugendliches Denken und klärte seine Anschauungen über Staat und Kunst. Auf Veranlassung Niebuhr’s schrieb er in dieser Zeit das Tagebuch seines Aufenthalts in Griechenland und publicirte es zu Nutz und Frommen aller vom Philhellenismus Angesteckten. Es waren glückliche Tage; die Erinnerung an sie und den trefflichen Mann, dem er sie dankte, bewahrte er treu sein Leben lang. Als er 13 Jahre später in Philadelphia seine „Erinnerungen an Niebuhr“ niederschrieb, ruft er aus: „Welch’ intensives Leben lebte ich in Rom! Rom und Philadelphia! Regellosigkeit mit dem Stempel von Alterthum und historischem Werden, und moderne, geschmacklose Regelmäßigkeit“.

Die schöne Zeit schwand schnell dahin. Lieber mußte daran denken, einen dauernden Lebensberuf zu suchen, und kehrte im Sommer 1823 nach Preußen, nach Berlin zurück. Bei einem Besuche Friedrich Wilhelm’s III. in Rom war Lieber von Niebuhr dem Könige vorgestellt worden, und dieser hatte ihm selbst versichert, daß er unbehelligt nach Preußen kommen und

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[18/0018] auf dem Gemüth des Mannes lastete, dessen innern Werth Niebuhr’s klarer Blick gar bald erkannte. Ein Jahr, das schönste, sorgenloseste seines Lebens, verbrachte Lieber im Hause Niebuhr’s zu Rom. Seine leidgeprüfte Seele, die so wenig den Sonnenschein des Glücks gewohnt war, öffnete sich voll und weit den herrlichen Eindrücken, die auf ihn einstürmten in Rom, in Neapel, Florenz und anderen Orten des gelobten Landes der Kunst, welche er in Begleitung Niebuhr’s und seiner Familie besuchte. Alles was das Leben der Menschen erheitert und schmückt, bot sich ihm hier in reichster Fülle, Verkehr mit geistvollen, wahrhaft vornehmen Menschen, traute Geselligkeit, der Genuß schöner Natur und schöner Kunst. Dabei wirkte der hohe, edle Geist Niebuhr’s anregend, belehrend und läuternd auf sein jugendliches Denken und klärte seine Anschauungen über Staat und Kunst. Auf Veranlassung Niebuhr’s schrieb er in dieser Zeit das Tagebuch seines Aufenthalts in Griechenland und publicirte es zu Nutz und Frommen aller vom Philhellenismus Angesteckten. Es waren glückliche Tage; die Erinnerung an sie und den trefflichen Mann, dem er sie dankte, bewahrte er treu sein Leben lang. Als er 13 Jahre später in Philadelphia seine „Erinnerungen an Niebuhr“ niederschrieb, ruft er aus: „Welch’ intensives Leben lebte ich in Rom! Rom und Philadelphia! Regellosigkeit mit dem Stempel von Alterthum und historischem Werden, und moderne, geschmacklose Regelmäßigkeit“. Die schöne Zeit schwand schnell dahin. Lieber mußte daran denken, einen dauernden Lebensberuf zu suchen, und kehrte im Sommer 1823 nach Preußen, nach Berlin zurück. Bei einem Besuche Friedrich Wilhelm’s III. in Rom war Lieber von Niebuhr dem Könige vorgestellt worden, und dieser hatte ihm selbst versichert, daß er unbehelligt nach Preußen kommen und

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Zitationshilfe: Preuß, Hugo: Franz Lieber, ein Bürger zweier Welten. Berlin, 1886, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/preuss_franz_1886/18>, abgerufen am 25.04.2024.