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Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850.

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strenge; nur das Entlaufen wird hart geahndet. Außer einer tüchtigen Tracht Schläge bekommen sie noch Hals- oder Fußeisen, die sie ziemlich lange tragen müssen. Eine andere art Strafe ist das Tragen von Blechlarven, die rückwärts durch ein Schloß gesperrt sind. Es werden damit die Säufer und die Erd- oder Kalkfresser bestraft. Während meines langen Aufenthaltes in Brasilien kam mir ein einziger Neger vor, der mit einer solchen Larve umher ging. Ich möchte beinah zu behaupten wagen, daß das Loos der Sclaven im Ganzen minder schlecht ist, als jenes der russischen, polnischen oder ägyptischen Bauern, die man nicht Sclaven nennt.

Interessant war es mir, daß ich einst von einem Neger zur Pathin gebeten wurde, dabei aber weder einer Taufe noch einer Firmung beiwohnte. Es herrscht hier nämlich die Sitte, daß ein Sclave, der irgend etwas gethan hat, wofür er einer Züchtigung gewärtig ist, zu einem Freunde seines Besitzers zu fliehen sucht, und selben um ein Briefchen bittet, worin um Nachlaß der Strafe angesucht wird. Der Aussteller eines solchen Briefes erhält den Titel eines Pathen, und es würde für die größte Unart angesehen werden, die Bitte des Pathen nicht zu erfüllen. Ich war so glücklich, auf diese Art einen Sclaven von einer Strafe zu retten.



Die Stadt ist ziemlich gut beleuchtet, und zwar bis zu einem bedeutenden Umkreise, eine Maßregel, die der vielen Schwarzen wegen eingeführt wurde. Auch darf nach 9 Uhr kein Sclave auf der Straße getroffen

strenge; nur das Entlaufen wird hart geahndet. Außer einer tüchtigen Tracht Schläge bekommen sie noch Hals- oder Fußeisen, die sie ziemlich lange tragen müssen. Eine andere art Strafe ist das Tragen von Blechlarven, die rückwärts durch ein Schloß gesperrt sind. Es werden damit die Säufer und die Erd- oder Kalkfresser bestraft. Während meines langen Aufenthaltes in Brasilien kam mir ein einziger Neger vor, der mit einer solchen Larve umher ging. Ich möchte beinah zu behaupten wagen, daß das Loos der Sclaven im Ganzen minder schlecht ist, als jenes der russischen, polnischen oder ägyptischen Bauern, die man nicht Sclaven nennt.

Interessant war es mir, daß ich einst von einem Neger zur Pathin gebeten wurde, dabei aber weder einer Taufe noch einer Firmung beiwohnte. Es herrscht hier nämlich die Sitte, daß ein Sclave, der irgend etwas gethan hat, wofür er einer Züchtigung gewärtig ist, zu einem Freunde seines Besitzers zu fliehen sucht, und selben um ein Briefchen bittet, worin um Nachlaß der Strafe angesucht wird. Der Aussteller eines solchen Briefes erhält den Titel eines Pathen, und es würde für die größte Unart angesehen werden, die Bitte des Pathen nicht zu erfüllen. Ich war so glücklich, auf diese Art einen Sclaven von einer Strafe zu retten.



Die Stadt ist ziemlich gut beleuchtet, und zwar bis zu einem bedeutenden Umkreise, eine Maßregel, die der vielen Schwarzen wegen eingeführt wurde. Auch darf nach 9 Uhr kein Sclave auf der Straße getroffen

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strenge; nur das Entlaufen wird hart geahndet. Außer einer tüchtigen Tracht Schläge bekommen sie noch Hals- oder Fußeisen, die sie ziemlich lange tragen müssen. Eine andere art Strafe ist das Tragen von Blechlarven, die rückwärts durch ein Schloß gesperrt sind. Es werden damit die Säufer und die Erd- oder Kalkfresser bestraft. Während meines langen Aufenthaltes in Brasilien kam mir ein einziger Neger vor, der mit einer solchen Larve umher ging. Ich möchte beinah zu behaupten wagen, daß das Loos der Sclaven im Ganzen minder schlecht ist, als jenes der russischen, polnischen oder ägyptischen Bauern, die man nicht Sclaven nennt.</p>
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[37/0044] strenge; nur das Entlaufen wird hart geahndet. Außer einer tüchtigen Tracht Schläge bekommen sie noch Hals- oder Fußeisen, die sie ziemlich lange tragen müssen. Eine andere art Strafe ist das Tragen von Blechlarven, die rückwärts durch ein Schloß gesperrt sind. Es werden damit die Säufer und die Erd- oder Kalkfresser bestraft. Während meines langen Aufenthaltes in Brasilien kam mir ein einziger Neger vor, der mit einer solchen Larve umher ging. Ich möchte beinah zu behaupten wagen, daß das Loos der Sclaven im Ganzen minder schlecht ist, als jenes der russischen, polnischen oder ägyptischen Bauern, die man nicht Sclaven nennt. Interessant war es mir, daß ich einst von einem Neger zur Pathin gebeten wurde, dabei aber weder einer Taufe noch einer Firmung beiwohnte. Es herrscht hier nämlich die Sitte, daß ein Sclave, der irgend etwas gethan hat, wofür er einer Züchtigung gewärtig ist, zu einem Freunde seines Besitzers zu fliehen sucht, und selben um ein Briefchen bittet, worin um Nachlaß der Strafe angesucht wird. Der Aussteller eines solchen Briefes erhält den Titel eines Pathen, und es würde für die größte Unart angesehen werden, die Bitte des Pathen nicht zu erfüllen. Ich war so glücklich, auf diese Art einen Sclaven von einer Strafe zu retten. Die Stadt ist ziemlich gut beleuchtet, und zwar bis zu einem bedeutenden Umkreise, eine Maßregel, die der vielen Schwarzen wegen eingeführt wurde. Auch darf nach 9 Uhr kein Sclave auf der Straße getroffen

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Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 1. Wien, 1850, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt01_1850/44>, abgerufen am 29.03.2024.