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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.

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Die australischen und asiatischen Papuanen.
Polynesiern ebenso vergebens suchen würden, wie irdne Geschirre
die aus rothem oder blauem Thon von den Fidschi verfertigt, durch
reine und gefällige Umrisse sich auszeichnen. Sind sie auch im
Schiffbau Schüler der Polynesier, so zimmern sie doch Fahrzeuge
bis zu 118' Länge und 24' Breite, versehen sie mit einem Mast
von 68' Höhe und schmücken sie reichlich mit Schnitzwerk. Dazu
bedienen sie sich nur der undurchbohrten Steinäxte, ferner der
Rattenzähne zu feineren Skulpturen, der Pilzkorallen und der Haut
des Stachelrochens als Feilen, sowie endlich des Bimssteines zum
Poliren.

In ihrer Kriegskunst waren sie so weit gekommen, dass sie
Canäle oder Wassergräben zur Befestigung ihrer Ortschaften zogen
und darin Mundvorräthe angeblich auf vier Jahre aufspeicherten 1).
Leider zeigen sie mehr Neigung zur List als zu heldenhaftem Muth,
auch wird ihnen allgemein Verschlagenheit, Falschheit und Sucht
zu Argwohn schuld gegeben. Gerade bei diesem gewiss geistig
hoch begabten und strebsamen Volke herrschte und herrscht noch
jetzt die Menschenfresserei aus Lüsternheit.


1) Waitz (Gerland), Anthropologie. Bd. 6. S. 642.

Die australischen und asiatischen Papuanen.
Polynesiern ebenso vergebens suchen würden, wie irdne Geschirre
die aus rothem oder blauem Thon von den Fidschi verfertigt, durch
reine und gefällige Umrisse sich auszeichnen. Sind sie auch im
Schiffbau Schüler der Polynesier, so zimmern sie doch Fahrzeuge
bis zu 118′ Länge und 24′ Breite, versehen sie mit einem Mast
von 68′ Höhe und schmücken sie reichlich mit Schnitzwerk. Dazu
bedienen sie sich nur der undurchbohrten Steinäxte, ferner der
Rattenzähne zu feineren Skulpturen, der Pilzkorallen und der Haut
des Stachelrochens als Feilen, sowie endlich des Bimssteines zum
Poliren.

In ihrer Kriegskunst waren sie so weit gekommen, dass sie
Canäle oder Wassergräben zur Befestigung ihrer Ortschaften zogen
und darin Mundvorräthe angeblich auf vier Jahre aufspeicherten 1).
Leider zeigen sie mehr Neigung zur List als zu heldenhaftem Muth,
auch wird ihnen allgemein Verschlagenheit, Falschheit und Sucht
zu Argwohn schuld gegeben. Gerade bei diesem gewiss geistig
hoch begabten und strebsamen Volke herrschte und herrscht noch
jetzt die Menschenfresserei aus Lüsternheit.


1) Waitz (Gerland), Anthropologie. Bd. 6. S. 642.
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[368/0386] Die australischen und asiatischen Papuanen. Polynesiern ebenso vergebens suchen würden, wie irdne Geschirre die aus rothem oder blauem Thon von den Fidschi verfertigt, durch reine und gefällige Umrisse sich auszeichnen. Sind sie auch im Schiffbau Schüler der Polynesier, so zimmern sie doch Fahrzeuge bis zu 118′ Länge und 24′ Breite, versehen sie mit einem Mast von 68′ Höhe und schmücken sie reichlich mit Schnitzwerk. Dazu bedienen sie sich nur der undurchbohrten Steinäxte, ferner der Rattenzähne zu feineren Skulpturen, der Pilzkorallen und der Haut des Stachelrochens als Feilen, sowie endlich des Bimssteines zum Poliren. In ihrer Kriegskunst waren sie so weit gekommen, dass sie Canäle oder Wassergräben zur Befestigung ihrer Ortschaften zogen und darin Mundvorräthe angeblich auf vier Jahre aufspeicherten 1). Leider zeigen sie mehr Neigung zur List als zu heldenhaftem Muth, auch wird ihnen allgemein Verschlagenheit, Falschheit und Sucht zu Argwohn schuld gegeben. Gerade bei diesem gewiss geistig hoch begabten und strebsamen Volke herrschte und herrscht noch jetzt die Menschenfresserei aus Lüsternheit. 1) Waitz (Gerland), Anthropologie. Bd. 6. S. 642.

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Zitationshilfe: Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/386>, abgerufen am 28.03.2024.