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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.

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Haut und Haar des Menschen.
Mischung zwischen kraushaarigen Afrikanern und den grob- und
schlichthaarigen Amerikanern stattgefunden hat, da behält das Haar
die Kräuselung zwar bei, nimmt aber an Länge und Sprödigkeit zu.
Bei den Cafusos, wie solche Mischlinge in Brasilien genannt werden,
entwickelt sich eine üppige vom Haupt abstehende Haarkrone, die
ihnen eine trügerische Aehnlichkeit mit den Papuanen verleiht1).
Diese letzteren stehen in Bezug auf die Dichtheit des Wuchses
wahrscheinlich unter allen Völkern am höchsten. An Länge des
Haupthaares dagegen werden die Jägerstämme Nordamerikas
nicht übertroffen. Bei den Männern der Schwarzfüsse und der
Sioux oder Dacota reicht es fasst bis zu den Fersen2), ja ein
Krähenhäüptling brachte es sogar bis zu einem Längenwachsthum
von 10 Fuss 7 Zoll engl.3)

Die Haarbekleidung andrer Körpertheile als der Kopfhaut ist
mehr oder minder reichlich vorhanden oder fehlt oft gänzlich bei
beiden Geschlechtern. Am seltensten verschwindet die Bedeckung in
den Sexualgegenden. Ihre Spärlichkeit oder ihr gänzlicher Mangel
bei nordasiatischen Mongolen, bei amerikanischen und malayischen
Stämmen sowie bei Hottentotten und Buschmännern gehört zu den
beharrlichsten und bewährtesten Racenkennzeichen, nur muss hinzu-
gefügt werden, dass die natürliche Kahlheit des Körpers noch
durch sorgsames Auszupfen vereinzelter Haare künstlich gesteigert
zu werden pflegt. Auch der Bartwuchs mangelt oder ist auf das
äusserste beschränkt bei allen Völkern mit straffem groben Haar,
also bei Amerikanern, Nord- und Ostasiaten, sowie bei Malayen.
Kümmerlich entwickelt ist er bei den Hottentotten, reichlicher und
häufiger kommt er bei mittel- wie südafrikanischen Negern vor.
Bei allen diesen Menschenstämmen ist obendrein der Backenbart
nicht oder nur als Seltenheit anzutreffen. Durch einen mässigen
Bartwuchs können die Australier, durch reichlichen Bartwuchs die
Papuanen leicht von ihren malayo-polynesischen Nachbarn unter-
schieden werden. Eine üppige Haarbekleidung des Körpers gehört
zu den Kennzeichen der Semiten wie der indoeuropäischen Völker-

1) Ueber den Ursprung des Namens Cafuz s. Martius, Ethnographie. I, 150.
In Guayana werden sie Cabocles oder Capucres genannt. Appun im Aus-
land. 1872. S. 967.
2) Pruner Bey, Chevelure. p. 4.
3) Catlin, Indianer Nordamerika's. 2. Ausgabe. 1851. S. 34.

Haut und Haar des Menschen.
Mischung zwischen kraushaarigen Afrikanern und den grob- und
schlichthaarigen Amerikanern stattgefunden hat, da behält das Haar
die Kräuselung zwar bei, nimmt aber an Länge und Sprödigkeit zu.
Bei den Cafusos, wie solche Mischlinge in Brasilien genannt werden,
entwickelt sich eine üppige vom Haupt abstehende Haarkrone, die
ihnen eine trügerische Aehnlichkeit mit den Papuanen verleiht1).
Diese letzteren stehen in Bezug auf die Dichtheit des Wuchses
wahrscheinlich unter allen Völkern am höchsten. An Länge des
Haupthaares dagegen werden die Jägerstämme Nordamerikas
nicht übertroffen. Bei den Männern der Schwarzfüsse und der
Sioux oder Dacota reicht es fasst bis zu den Fersen2), ja ein
Krähenhäüptling brachte es sogar bis zu einem Längenwachsthum
von 10 Fuss 7 Zoll engl.3)

Die Haarbekleidung andrer Körpertheile als der Kopfhaut ist
mehr oder minder reichlich vorhanden oder fehlt oft gänzlich bei
beiden Geschlechtern. Am seltensten verschwindet die Bedeckung in
den Sexualgegenden. Ihre Spärlichkeit oder ihr gänzlicher Mangel
bei nordasiatischen Mongolen, bei amerikanischen und malayischen
Stämmen sowie bei Hottentotten und Buschmännern gehört zu den
beharrlichsten und bewährtesten Racenkennzeichen, nur muss hinzu-
gefügt werden, dass die natürliche Kahlheit des Körpers noch
durch sorgsames Auszupfen vereinzelter Haare künstlich gesteigert
zu werden pflegt. Auch der Bartwuchs mangelt oder ist auf das
äusserste beschränkt bei allen Völkern mit straffem groben Haar,
also bei Amerikanern, Nord- und Ostasiaten, sowie bei Malayen.
Kümmerlich entwickelt ist er bei den Hottentotten, reichlicher und
häufiger kommt er bei mittel- wie südafrikanischen Negern vor.
Bei allen diesen Menschenstämmen ist obendrein der Backenbart
nicht oder nur als Seltenheit anzutreffen. Durch einen mässigen
Bartwuchs können die Australier, durch reichlichen Bartwuchs die
Papuanen leicht von ihren malayo-polynesischen Nachbarn unter-
schieden werden. Eine üppige Haarbekleidung des Körpers gehört
zu den Kennzeichen der Semiten wie der indoeuropäischen Völker-

1) Ueber den Ursprung des Namens Cafuz s. Martius, Ethnographie. I, 150.
In Guayana werden sie Cabocles oder Capucres genannt. Appun im Aus-
land. 1872. S. 967.
2) Pruner Bey, Chevelure. p. 4.
3) Catlin, Indianer Nordamerika’s. 2. Ausgabe. 1851. S. 34.
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[100/0118] Haut und Haar des Menschen. Mischung zwischen kraushaarigen Afrikanern und den grob- und schlichthaarigen Amerikanern stattgefunden hat, da behält das Haar die Kräuselung zwar bei, nimmt aber an Länge und Sprödigkeit zu. Bei den Cafusos, wie solche Mischlinge in Brasilien genannt werden, entwickelt sich eine üppige vom Haupt abstehende Haarkrone, die ihnen eine trügerische Aehnlichkeit mit den Papuanen verleiht 1). Diese letzteren stehen in Bezug auf die Dichtheit des Wuchses wahrscheinlich unter allen Völkern am höchsten. An Länge des Haupthaares dagegen werden die Jägerstämme Nordamerikas nicht übertroffen. Bei den Männern der Schwarzfüsse und der Sioux oder Dacota reicht es fasst bis zu den Fersen 2), ja ein Krähenhäüptling brachte es sogar bis zu einem Längenwachsthum von 10 Fuss 7 Zoll engl. 3) Die Haarbekleidung andrer Körpertheile als der Kopfhaut ist mehr oder minder reichlich vorhanden oder fehlt oft gänzlich bei beiden Geschlechtern. Am seltensten verschwindet die Bedeckung in den Sexualgegenden. Ihre Spärlichkeit oder ihr gänzlicher Mangel bei nordasiatischen Mongolen, bei amerikanischen und malayischen Stämmen sowie bei Hottentotten und Buschmännern gehört zu den beharrlichsten und bewährtesten Racenkennzeichen, nur muss hinzu- gefügt werden, dass die natürliche Kahlheit des Körpers noch durch sorgsames Auszupfen vereinzelter Haare künstlich gesteigert zu werden pflegt. Auch der Bartwuchs mangelt oder ist auf das äusserste beschränkt bei allen Völkern mit straffem groben Haar, also bei Amerikanern, Nord- und Ostasiaten, sowie bei Malayen. Kümmerlich entwickelt ist er bei den Hottentotten, reichlicher und häufiger kommt er bei mittel- wie südafrikanischen Negern vor. Bei allen diesen Menschenstämmen ist obendrein der Backenbart nicht oder nur als Seltenheit anzutreffen. Durch einen mässigen Bartwuchs können die Australier, durch reichlichen Bartwuchs die Papuanen leicht von ihren malayo-polynesischen Nachbarn unter- schieden werden. Eine üppige Haarbekleidung des Körpers gehört zu den Kennzeichen der Semiten wie der indoeuropäischen Völker- 1) Ueber den Ursprung des Namens Cafuz s. Martius, Ethnographie. I, 150. In Guayana werden sie Cabocles oder Capucres genannt. Appun im Aus- land. 1872. S. 967. 2) Pruner Bey, Chevelure. p. 4. 3) Catlin, Indianer Nordamerika’s. 2. Ausgabe. 1851. S. 34.

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Zitationshilfe: Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/118>, abgerufen am 25.04.2024.