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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.

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Haut und Haar des Menschen.
stoffzellen in der Schleimschicht der Unterhaut, so kann die Dunkelung
der Lappen und Finnen ihrer Unsauberkeit, der unreinen Luft ihrer
Behausung und der ungesunden Nahrung zugeschrieben werden,
insofern auch sie auf die Gallenabsonderungen Einfluss ausüben1).

Längst hatte man erkannt, dass Negerstämme im äquatorialen
Afrika sich völliger Gesundheit erfreuen, während Küstenfieber
rasch die Europäer hinwegraffen. Das gelbe Fieber verschont in
Amerika die Neger, selbst die Mulatten. Sollte nun ein ursäch-
licher Zusammenhang zwischen der Hautdunkelung und dem
Schutze vor örtlichen Krankheiten sich erkennen lassen, so würden
bei der ersten Besiedelung von Fiebergebieten einerseits alle die-
jenigen Leute, welche schon gebräunt waren oder sich bräunten,
besser die Gefahren des Aufenthaltes überstanden haben, andrer-
seits die bleicheren unter ihnen früher hinweggerafft worden sein
und in Folge dieser Ausmusterung hätte eine Hautdunkelung all-
mählich erblich werden können2). Damit wird freilich nur eine
Vermuthung ausgesprochen, welche der strengeren Beglaubigung
entbehrt und nur den Vorzug besitzt, dass sie bis jetzt den ein-
zigen Versuch einer Erklärung enthält. Doch muss sogleich hin-
zugefügt werden, dass Dr. Nachtigal nach den Ueberschwemmungen
in Kuka die schwarzen Eingebornen des Sudan den Sumpffiebern
eben so rasch erliegen sah, als die zugewanderten Fremden3).

Zu den strenger vererbten Körpermerkmalen des Menschen
gehört seine Haarbekleidung. Schwankend ist freilich die Farbe
des Haares, die von einem Pigment herrührt, dessen Verschwinden
im Alter das Weisswerden nach sich zieht. Rothe Haare kommen
mit Ausnahme Amerikas fast in allen Welttheilen vor, selbst unter
Australiern will sie Dumont d'Urville4) bemerkt haben. Sie sind
nicht ungewöhnlich bei finnischen Völkern, so wie unter den Berbern
Nordafrikas. Unter diesen gibt es auch helläugige und blond-
haarige in Marokko5) und schon Skylax kennt blonde Libyer, die

1) Richard Owen, Anatomy of vertebrates. London 1868. tom. III,
p. 615.
2) Aus einem Vortrage des Dr. Wells vor der Royal Society im Jahre
1813; bei Darwin, Entstehung der Arten, S. 3 und Abstammung des Men-
schen, Bd. 1. S. 214.
3) Zeitschrift für Erdkunde, Berlin 1871. Bd. 6. Heft 4. S. 335,
4) Voyage de l'Astrolabe, tom. I. p. 404.
5) G. Rohlfs, Erster Aufenthalt in Marokko. Bremen 1873. S. 60.

Haut und Haar des Menschen.
stoffzellen in der Schleimschicht der Unterhaut, so kann die Dunkelung
der Lappen und Finnen ihrer Unsauberkeit, der unreinen Luft ihrer
Behausung und der ungesunden Nahrung zugeschrieben werden,
insofern auch sie auf die Gallenabsonderungen Einfluss ausüben1).

Längst hatte man erkannt, dass Negerstämme im äquatorialen
Afrika sich völliger Gesundheit erfreuen, während Küstenfieber
rasch die Europäer hinwegraffen. Das gelbe Fieber verschont in
Amerika die Neger, selbst die Mulatten. Sollte nun ein ursäch-
licher Zusammenhang zwischen der Hautdunkelung und dem
Schutze vor örtlichen Krankheiten sich erkennen lassen, so würden
bei der ersten Besiedelung von Fiebergebieten einerseits alle die-
jenigen Leute, welche schon gebräunt waren oder sich bräunten,
besser die Gefahren des Aufenthaltes überstanden haben, andrer-
seits die bleicheren unter ihnen früher hinweggerafft worden sein
und in Folge dieser Ausmusterung hätte eine Hautdunkelung all-
mählich erblich werden können2). Damit wird freilich nur eine
Vermuthung ausgesprochen, welche der strengeren Beglaubigung
entbehrt und nur den Vorzug besitzt, dass sie bis jetzt den ein-
zigen Versuch einer Erklärung enthält. Doch muss sogleich hin-
zugefügt werden, dass Dr. Nachtigal nach den Ueberschwemmungen
in Kuka die schwarzen Eingebornen des Sudan den Sumpffiebern
eben so rasch erliegen sah, als die zugewanderten Fremden3).

Zu den strenger vererbten Körpermerkmalen des Menschen
gehört seine Haarbekleidung. Schwankend ist freilich die Farbe
des Haares, die von einem Pigment herrührt, dessen Verschwinden
im Alter das Weisswerden nach sich zieht. Rothe Haare kommen
mit Ausnahme Amerikas fast in allen Welttheilen vor, selbst unter
Australiern will sie Dumont d’Urville4) bemerkt haben. Sie sind
nicht ungewöhnlich bei finnischen Völkern, so wie unter den Berbern
Nordafrikas. Unter diesen gibt es auch helläugige und blond-
haarige in Marokko5) und schon Skylax kennt blonde Libyer, die

1) Richard Owen, Anatomy of vertebrates. London 1868. tom. III,
p. 615.
2) Aus einem Vortrage des Dr. Wells vor der Royal Society im Jahre
1813; bei Darwin, Entstehung der Arten, S. 3 und Abstammung des Men-
schen, Bd. 1. S. 214.
3) Zeitschrift für Erdkunde, Berlin 1871. Bd. 6. Heft 4. S. 335,
4) Voyage de l’Astrolabe, tom. I. p. 404.
5) G. Rohlfs, Erster Aufenthalt in Marokko. Bremen 1873. S. 60.
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[96/0114] Haut und Haar des Menschen. stoffzellen in der Schleimschicht der Unterhaut, so kann die Dunkelung der Lappen und Finnen ihrer Unsauberkeit, der unreinen Luft ihrer Behausung und der ungesunden Nahrung zugeschrieben werden, insofern auch sie auf die Gallenabsonderungen Einfluss ausüben 1). Längst hatte man erkannt, dass Negerstämme im äquatorialen Afrika sich völliger Gesundheit erfreuen, während Küstenfieber rasch die Europäer hinwegraffen. Das gelbe Fieber verschont in Amerika die Neger, selbst die Mulatten. Sollte nun ein ursäch- licher Zusammenhang zwischen der Hautdunkelung und dem Schutze vor örtlichen Krankheiten sich erkennen lassen, so würden bei der ersten Besiedelung von Fiebergebieten einerseits alle die- jenigen Leute, welche schon gebräunt waren oder sich bräunten, besser die Gefahren des Aufenthaltes überstanden haben, andrer- seits die bleicheren unter ihnen früher hinweggerafft worden sein und in Folge dieser Ausmusterung hätte eine Hautdunkelung all- mählich erblich werden können 2). Damit wird freilich nur eine Vermuthung ausgesprochen, welche der strengeren Beglaubigung entbehrt und nur den Vorzug besitzt, dass sie bis jetzt den ein- zigen Versuch einer Erklärung enthält. Doch muss sogleich hin- zugefügt werden, dass Dr. Nachtigal nach den Ueberschwemmungen in Kuka die schwarzen Eingebornen des Sudan den Sumpffiebern eben so rasch erliegen sah, als die zugewanderten Fremden 3). Zu den strenger vererbten Körpermerkmalen des Menschen gehört seine Haarbekleidung. Schwankend ist freilich die Farbe des Haares, die von einem Pigment herrührt, dessen Verschwinden im Alter das Weisswerden nach sich zieht. Rothe Haare kommen mit Ausnahme Amerikas fast in allen Welttheilen vor, selbst unter Australiern will sie Dumont d’Urville 4) bemerkt haben. Sie sind nicht ungewöhnlich bei finnischen Völkern, so wie unter den Berbern Nordafrikas. Unter diesen gibt es auch helläugige und blond- haarige in Marokko 5) und schon Skylax kennt blonde Libyer, die 1) Richard Owen, Anatomy of vertebrates. London 1868. tom. III, p. 615. 2) Aus einem Vortrage des Dr. Wells vor der Royal Society im Jahre 1813; bei Darwin, Entstehung der Arten, S. 3 und Abstammung des Men- schen, Bd. 1. S. 214. 3) Zeitschrift für Erdkunde, Berlin 1871. Bd. 6. Heft 4. S. 335, 4) Voyage de l’Astrolabe, tom. I. p. 404. 5) G. Rohlfs, Erster Aufenthalt in Marokko. Bremen 1873. S. 60.

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Zitationshilfe: Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/114>, abgerufen am 18.04.2024.