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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.

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Die Grössenverhältnisse des Beckens und der Gliedmassen.
Länge des Armes schwankte bei weissen Amerikanern und Euro-
päern je nach den Mitteln der einzelnen Staaten von o,429 der
Körpergrösse (Michigan, Wisconsin, Illinois) bis zu o,441 (Skandi-
navien 1). Vollneger der Sklavenstaaten (o,452) zeigten einen ver-
hältnissmässig längeren Arm als Neger der Freistaaten (o,447) 2),
ein Verhältniss, welches sich in gleicher Weise bei Mulatten (o,445
und o,460) wiederholte. Der Werth von Mitteln aus grossen Zahlen
wird uns abermals fühlbar, denn wir gewahren hier viel geringere
Schwankungen, als andre Racenmessungen sie erwarten liessen.
Bei Weisbach 3) finden wir den Arm der Deutschen zu o,469, der
Slaven zu o,467, der Romanen zu o,452, bei einem Stewartsinsu-
laner zu o,511 und bei einem von Wilkes gemessenen Sulumalayen
zu o,409 der Körpergrösse berechnet. Solange wir also bei einem
solchen Betrage der individuellen Schwankungen nicht für die ver-
schiednen Menschenstämme Messungen besitzen, die den jetzigen
Schatz um das hundertfache übertreffen, lassen sich aus den vor-
handnen Angaben keine verlässigen Merkmale für die Völkerbe-
schreibung gewinnen.

Endlich ist auch noch das Längenverhältniss des Vorderarmes
zum Oberarm bei den Körpermessungen auf der Erdumsegelung
der Fregatte Novara statistisch ermittelt worden. Für den Orang
ergab sich ein Verhältniss von 877 : 1000. Genau die nämlichen
Werthe wurden bei den Maduresen angetroffen, bei den Romanen
erreicht der Vorderarm sogar eine relative Länge von 883, bei den
Slaven wenigstens eine von 868. Dem Orang stehen im Maassver-
hältnisse auch die Australier, Sundanesen und Neger noch nahe,
am weitesten entfernen sich die deutschen Männer (835) und bei
den deutschen Frauen sinkt das Verhältniss sogar auf 822 4). Auch
hier müssen wir zunächst über die dürftige Zahl der Messungen
klagen. Gewiss aber ergibt sich aus den bisherigen Erfahrungen
der Satz, dass auch die Grössenverhältnisse der menschlichen Glied-
massen innerhalb der Völkerschaften einer Race und individuell
wieder innerhalb der Völkerschaften höchst beträchtlich schwanken,

1) Gould, Investigations. p. 337--339.
2) l. c. p. 351.
3) Weisbach, a. a. O. S. 251.
4) Weisbach, a. a. O. S. 242--243.

Die Grössenverhältnisse des Beckens und der Gliedmassen.
Länge des Armes schwankte bei weissen Amerikanern und Euro-
päern je nach den Mitteln der einzelnen Staaten von o,429 der
Körpergrösse (Michigan, Wisconsin, Illinois) bis zu o,441 (Skandi-
navien 1). Vollneger der Sklavenstaaten (o,452) zeigten einen ver-
hältnissmässig längeren Arm als Neger der Freistaaten (o,447) 2),
ein Verhältniss, welches sich in gleicher Weise bei Mulatten (o,445
und o,460) wiederholte. Der Werth von Mitteln aus grossen Zahlen
wird uns abermals fühlbar, denn wir gewahren hier viel geringere
Schwankungen, als andre Racenmessungen sie erwarten liessen.
Bei Weisbach 3) finden wir den Arm der Deutschen zu o,469, der
Slaven zu o,467, der Romanen zu o,452, bei einem Stewartsinsu-
laner zu o,511 und bei einem von Wilkes gemessenen Sulumalayen
zu o,409 der Körpergrösse berechnet. Solange wir also bei einem
solchen Betrage der individuellen Schwankungen nicht für die ver-
schiednen Menschenstämme Messungen besitzen, die den jetzigen
Schatz um das hundertfache übertreffen, lassen sich aus den vor-
handnen Angaben keine verlässigen Merkmale für die Völkerbe-
schreibung gewinnen.

Endlich ist auch noch das Längenverhältniss des Vorderarmes
zum Oberarm bei den Körpermessungen auf der Erdumsegelung
der Fregatte Novara statistisch ermittelt worden. Für den Orang
ergab sich ein Verhältniss von 877 : 1000. Genau die nämlichen
Werthe wurden bei den Maduresen angetroffen, bei den Romanen
erreicht der Vorderarm sogar eine relative Länge von 883, bei den
Slaven wenigstens eine von 868. Dem Orang stehen im Maassver-
hältnisse auch die Australier, Sundanesen und Neger noch nahe,
am weitesten entfernen sich die deutschen Männer (835) und bei
den deutschen Frauen sinkt das Verhältniss sogar auf 822 4). Auch
hier müssen wir zunächst über die dürftige Zahl der Messungen
klagen. Gewiss aber ergibt sich aus den bisherigen Erfahrungen
der Satz, dass auch die Grössenverhältnisse der menschlichen Glied-
massen innerhalb der Völkerschaften einer Race und individuell
wieder innerhalb der Völkerschaften höchst beträchtlich schwanken,

1) Gould, Investigations. p. 337—339.
2) l. c. p. 351.
3) Weisbach, a. a. O. S. 251.
4) Weisbach, a. a. O. S. 242—243.
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[90/0108] Die Grössenverhältnisse des Beckens und der Gliedmassen. Länge des Armes schwankte bei weissen Amerikanern und Euro- päern je nach den Mitteln der einzelnen Staaten von o,429 der Körpergrösse (Michigan, Wisconsin, Illinois) bis zu o,441 (Skandi- navien 1). Vollneger der Sklavenstaaten (o,452) zeigten einen ver- hältnissmässig längeren Arm als Neger der Freistaaten (o,447) 2), ein Verhältniss, welches sich in gleicher Weise bei Mulatten (o,445 und o,460) wiederholte. Der Werth von Mitteln aus grossen Zahlen wird uns abermals fühlbar, denn wir gewahren hier viel geringere Schwankungen, als andre Racenmessungen sie erwarten liessen. Bei Weisbach 3) finden wir den Arm der Deutschen zu o,469, der Slaven zu o,467, der Romanen zu o,452, bei einem Stewartsinsu- laner zu o,511 und bei einem von Wilkes gemessenen Sulumalayen zu o,409 der Körpergrösse berechnet. Solange wir also bei einem solchen Betrage der individuellen Schwankungen nicht für die ver- schiednen Menschenstämme Messungen besitzen, die den jetzigen Schatz um das hundertfache übertreffen, lassen sich aus den vor- handnen Angaben keine verlässigen Merkmale für die Völkerbe- schreibung gewinnen. Endlich ist auch noch das Längenverhältniss des Vorderarmes zum Oberarm bei den Körpermessungen auf der Erdumsegelung der Fregatte Novara statistisch ermittelt worden. Für den Orang ergab sich ein Verhältniss von 877 : 1000. Genau die nämlichen Werthe wurden bei den Maduresen angetroffen, bei den Romanen erreicht der Vorderarm sogar eine relative Länge von 883, bei den Slaven wenigstens eine von 868. Dem Orang stehen im Maassver- hältnisse auch die Australier, Sundanesen und Neger noch nahe, am weitesten entfernen sich die deutschen Männer (835) und bei den deutschen Frauen sinkt das Verhältniss sogar auf 822 4). Auch hier müssen wir zunächst über die dürftige Zahl der Messungen klagen. Gewiss aber ergibt sich aus den bisherigen Erfahrungen der Satz, dass auch die Grössenverhältnisse der menschlichen Glied- massen innerhalb der Völkerschaften einer Race und individuell wieder innerhalb der Völkerschaften höchst beträchtlich schwanken, 1) Gould, Investigations. p. 337—339. 2) l. c. p. 351. 3) Weisbach, a. a. O. S. 251. 4) Weisbach, a. a. O. S. 242—243.

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Zitationshilfe: Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/108>, abgerufen am 29.03.2024.