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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.

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Die Grössenverhältnisse des Beckens und der Gliedmassen.
das o,444 fache der Körpergrösse sinken und bei Buschmännern
auf das o,515 fache sich erheben.

Weit bedeutsamer aber sind die Grössenverhältnisse der obern
Gliedmassen, da ihre Verkürzung ein Merkmal ist, welches den
Menschen von den ihm zunächst stehenden Thieren scheidet. Carl
Vogt hat dieses Verhältniss dadurch ausgedrückt, dass der Orang
bei aufrechter Stellung mit den Fingerspitzen seine Knöchel, der
Gorill die Mitte seiner Unterschenkel, der Tschimpanse die Kniee
berühren, der Mensch nur über die Mitte der Oberschenkel reichen
kann 1). Bei den Rekruten im Unionskrieg wurde auf diesen Aus-
druck der menschlichen Grössenverhältnisse besondere Rücksicht
genommen und der Abstand des Mittelfingers bei soldatisch straffer
Stellung vom obern Rande der Kniescheibe gemessen. Bei weissen
Amerikanern und Europäern betrug das Mittel 5"036 2), bei Negern
der Freistaaten etwas mehr (3"298) als bei Negern der Sklaven-
staaten (2"832), ja bei diesen waren die Schwankungen so beträcht-
lich, dass in einzelnen Fällen die Fingerspitzen sogar den Rand
der Kniescheibe überragten 3).

Abstand der Fingerspitzen vom obern
Rand der Kniescheibe.

[Tabelle]
Ueberrascht werden wir zugleich von der Thatsache, dass die
Lebensgewohnheiten diese Schwankungen hervorrufen können, denn
bei 1146 Matrosen war der Zwischenraum im Mittel etwas grösser
als bei der Bevölkerung des flachen Landes 4).

Abstand der Fingerspitzen vom obern Rand der Kniescheibe.

[Tabelle]
Es waren nämlich die Arme der Matrosen kürzer, ihre Beine aber
länger als bei den Rekruten, die sich zum Felddienste stellten. Die

1) Vorlesungen über den Menschen. Bd. 1. S. 193.
2) Gould, Investigations. p. 279.
3) Gould, l. c. p. 298. p. 299.
4) Gould, l. c. p: 287.

Die Grössenverhältnisse des Beckens und der Gliedmassen.
das o,444 fache der Körpergrösse sinken und bei Buschmännern
auf das o,515 fache sich erheben.

Weit bedeutsamer aber sind die Grössenverhältnisse der obern
Gliedmassen, da ihre Verkürzung ein Merkmal ist, welches den
Menschen von den ihm zunächst stehenden Thieren scheidet. Carl
Vogt hat dieses Verhältniss dadurch ausgedrückt, dass der Orang
bei aufrechter Stellung mit den Fingerspitzen seine Knöchel, der
Gorill die Mitte seiner Unterschenkel, der Tschimpanse die Kniee
berühren, der Mensch nur über die Mitte der Oberschenkel reichen
kann 1). Bei den Rekruten im Unionskrieg wurde auf diesen Aus-
druck der menschlichen Grössenverhältnisse besondere Rücksicht
genommen und der Abstand des Mittelfingers bei soldatisch straffer
Stellung vom obern Rande der Kniescheibe gemessen. Bei weissen
Amerikanern und Europäern betrug das Mittel 5″036 2), bei Negern
der Freistaaten etwas mehr (3″298) als bei Negern der Sklaven-
staaten (2″832), ja bei diesen waren die Schwankungen so beträcht-
lich, dass in einzelnen Fällen die Fingerspitzen sogar den Rand
der Kniescheibe überragten 3).

Abstand der Fingerspitzen vom obern
Rand der Kniescheibe.

[Tabelle]
Ueberrascht werden wir zugleich von der Thatsache, dass die
Lebensgewohnheiten diese Schwankungen hervorrufen können, denn
bei 1146 Matrosen war der Zwischenraum im Mittel etwas grösser
als bei der Bevölkerung des flachen Landes 4).

Abstand der Fingerspitzen vom obern Rand der Kniescheibe.

[Tabelle]
Es waren nämlich die Arme der Matrosen kürzer, ihre Beine aber
länger als bei den Rekruten, die sich zum Felddienste stellten. Die

1) Vorlesungen über den Menschen. Bd. 1. S. 193.
2) Gould, Investigations. p. 279.
3) Gould, l. c. p. 298. p. 299.
4) Gould, l. c. p: 287.
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[89/0107] Die Grössenverhältnisse des Beckens und der Gliedmassen. das o,444 fache der Körpergrösse sinken und bei Buschmännern auf das o,515 fache sich erheben. Weit bedeutsamer aber sind die Grössenverhältnisse der obern Gliedmassen, da ihre Verkürzung ein Merkmal ist, welches den Menschen von den ihm zunächst stehenden Thieren scheidet. Carl Vogt hat dieses Verhältniss dadurch ausgedrückt, dass der Orang bei aufrechter Stellung mit den Fingerspitzen seine Knöchel, der Gorill die Mitte seiner Unterschenkel, der Tschimpanse die Kniee berühren, der Mensch nur über die Mitte der Oberschenkel reichen kann 1). Bei den Rekruten im Unionskrieg wurde auf diesen Aus- druck der menschlichen Grössenverhältnisse besondere Rücksicht genommen und der Abstand des Mittelfingers bei soldatisch straffer Stellung vom obern Rande der Kniescheibe gemessen. Bei weissen Amerikanern und Europäern betrug das Mittel 5″036 2), bei Negern der Freistaaten etwas mehr (3″298) als bei Negern der Sklaven- staaten (2″832), ja bei diesen waren die Schwankungen so beträcht- lich, dass in einzelnen Fällen die Fingerspitzen sogar den Rand der Kniescheibe überragten 3). Abstand der Fingerspitzen vom obern Rand der Kniescheibe. Ueberrascht werden wir zugleich von der Thatsache, dass die Lebensgewohnheiten diese Schwankungen hervorrufen können, denn bei 1146 Matrosen war der Zwischenraum im Mittel etwas grösser als bei der Bevölkerung des flachen Landes 4). Abstand der Fingerspitzen vom obern Rand der Kniescheibe. Es waren nämlich die Arme der Matrosen kürzer, ihre Beine aber länger als bei den Rekruten, die sich zum Felddienste stellten. Die 1) Vorlesungen über den Menschen. Bd. 1. S. 193. 2) Gould, Investigations. p. 279. 3) Gould, l. c. p. 298. p. 299. 4) Gould, l. c. p: 287.

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Zitationshilfe: Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/107>, abgerufen am 19.04.2024.