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Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874.

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Die Grössenverhältnisse des Beckens und der Gliedmassen.

Innerhalb jedes Menschenstammes wird der Volksmund Leute von
ungewöhnlichem Wuchs als Riesen bezeichnen. Angaben über
solche äusserste Fälle haben jedoch keinen Werth für die Völker-
kunde 1). Wichtiger war es, dass das alte, von Pigafetta, Magalhaes'
Begleiter, verbreitete anthropologische Märchen von der über-
menschlichen Grösse der Patagonier fast jedem neuen Erdumsegler
einen Widerspruch entlockt hat. Wohl gehören jene südamerika-
nischen Stämme jedenfalls zu den Völkern von stattlichem Körper-
wuchs, wie die nachfolgenden Messungen bezeugen:
Körpergrösse der Patagonier.

[Tabelle]
doch stehen ihnen die Polynesier an heldenhafter Gestalt durchaus
nicht nach. Die hohen vulkanischen Südseeinseln und die beiden
Festlande von Amerika sind vielmehr diejenigen Lebensräume,
wo örtlich das Menschengeschlecht den höchsten Körperwuchs
erreicht hat 2).

Das niedrigste Höhenmaass bei Männern kann in vereinzelten
Fällen auf überraschende Werthe herabsinken, denn Zwerge von
920, ja 750 Mm. werden uns noch als völlig wohlgebildet bezeichnet 3).
Aber auch hier ist der Völkerkunde nur mit den Mitteln aus
grossen Ziffern zu dienen. Als die kleinsten unter den Menschen
galten bisher immer die Buschmänner Südafrikas, deren Grösse
Barrow nur zu 1300 Mm. angibt, während durch ihre Messungen
Knox zu 1372 und der gewissenhafte Fritsch zu 1444 Mm. ge-

1) Nach Gould, Investigations p. 153 finden sich unter je einer Million
der für den Kriegsdienst gemessenen Männer
je 47 über 2007 Mm.
" 22 " 2032 "
" 11 " 2057 "
" 7 " 2083 "
" 6 " 2108 "
" 2 " 2134 "
2) Unter den 500 Irokesen bei Gould, Investigations, p. 152, erreichten
159 Männer von 31 Jahren und darüber eine Höhe von 68,6 Zoll.
3) Gould, l. c. p. 153.
Die Grössenverhältnisse des Beckens und der Gliedmassen.

Innerhalb jedes Menschenstammes wird der Volksmund Leute von
ungewöhnlichem Wuchs als Riesen bezeichnen. Angaben über
solche äusserste Fälle haben jedoch keinen Werth für die Völker-
kunde 1). Wichtiger war es, dass das alte, von Pigafetta, Magalhães’
Begleiter, verbreitete anthropologische Märchen von der über-
menschlichen Grösse der Patagonier fast jedem neuen Erdumsegler
einen Widerspruch entlockt hat. Wohl gehören jene südamerika-
nischen Stämme jedenfalls zu den Völkern von stattlichem Körper-
wuchs, wie die nachfolgenden Messungen bezeugen:
Körpergrösse der Patagonier.

[Tabelle]
doch stehen ihnen die Polynesier an heldenhafter Gestalt durchaus
nicht nach. Die hohen vulkanischen Südseeinseln und die beiden
Festlande von Amerika sind vielmehr diejenigen Lebensräume,
wo örtlich das Menschengeschlecht den höchsten Körperwuchs
erreicht hat 2).

Das niedrigste Höhenmaass bei Männern kann in vereinzelten
Fällen auf überraschende Werthe herabsinken, denn Zwerge von
920, ja 750 Mm. werden uns noch als völlig wohlgebildet bezeichnet 3).
Aber auch hier ist der Völkerkunde nur mit den Mitteln aus
grossen Ziffern zu dienen. Als die kleinsten unter den Menschen
galten bisher immer die Buschmänner Südafrikas, deren Grösse
Barrow nur zu 1300 Mm. angibt, während durch ihre Messungen
Knox zu 1372 und der gewissenhafte Fritsch zu 1444 Mm. ge-

1) Nach Gould, Investigations p. 153 finden sich unter je einer Million
der für den Kriegsdienst gemessenen Männer
je 47 über 2007 Mm.
„ 22 „ 2032 „
„ 11 „ 2057 „
„ 7 „ 2083 „
„ 6 „ 2108 „
„ 2 „ 2134 „
2) Unter den 500 Irokesen bei Gould, Investigations, p. 152, erreichten
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3) Gould, l. c. p. 153.
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[85/0103] Die Grössenverhältnisse des Beckens und der Gliedmassen. Innerhalb jedes Menschenstammes wird der Volksmund Leute von ungewöhnlichem Wuchs als Riesen bezeichnen. Angaben über solche äusserste Fälle haben jedoch keinen Werth für die Völker- kunde 1). Wichtiger war es, dass das alte, von Pigafetta, Magalhães’ Begleiter, verbreitete anthropologische Märchen von der über- menschlichen Grösse der Patagonier fast jedem neuen Erdumsegler einen Widerspruch entlockt hat. Wohl gehören jene südamerika- nischen Stämme jedenfalls zu den Völkern von stattlichem Körper- wuchs, wie die nachfolgenden Messungen bezeugen: Körpergrösse der Patagonier. doch stehen ihnen die Polynesier an heldenhafter Gestalt durchaus nicht nach. Die hohen vulkanischen Südseeinseln und die beiden Festlande von Amerika sind vielmehr diejenigen Lebensräume, wo örtlich das Menschengeschlecht den höchsten Körperwuchs erreicht hat 2). Das niedrigste Höhenmaass bei Männern kann in vereinzelten Fällen auf überraschende Werthe herabsinken, denn Zwerge von 920, ja 750 Mm. werden uns noch als völlig wohlgebildet bezeichnet 3). Aber auch hier ist der Völkerkunde nur mit den Mitteln aus grossen Ziffern zu dienen. Als die kleinsten unter den Menschen galten bisher immer die Buschmänner Südafrikas, deren Grösse Barrow nur zu 1300 Mm. angibt, während durch ihre Messungen Knox zu 1372 und der gewissenhafte Fritsch zu 1444 Mm. ge- 1) Nach Gould, Investigations p. 153 finden sich unter je einer Million der für den Kriegsdienst gemessenen Männer je 47 über 2007 Mm. „ 22 „ 2032 „ „ 11 „ 2057 „ „ 7 „ 2083 „ „ 6 „ 2108 „ „ 2 „ 2134 „ 2) Unter den 500 Irokesen bei Gould, Investigations, p. 152, erreichten 159 Männer von 31 Jahren und darüber eine Höhe von 68,6 Zoll. 3) Gould, l. c. p. 153.

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Zitationshilfe: Peschel, Oscar: Völkerkunde. Leipzig, 1874, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/peschel_voelkerkunde_1874/103>, abgerufen am 25.04.2024.