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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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Vorbericht von der Juristen
könte dergleichen mit viel bessern Grund aus der Biebel her-
hohlen. Die Mosaische Policey wird allen andern vorgehen.
(a) Moses hat die Jüdische Republique auff GOttes Anord-
nung
eingerichtet. Die bey derselben Einrichtung vorgestellte
göttliche Weißheit/ verdienet allerdings genauer als bishero
geschehen/ erwogen zu werden. Wer will es also einem Juristen
vor übel nehmen/ wenn er die Bücher Mosis nach seinem vor-
gesetzten Zweck erleutert? Man solte einem/ der die hier zu
benöthigte Eigenschafften besässe allen Danck abstatten/ wenn
er dergleichen unternehme. Sie würde auch mehr Nutzen
schaffen/ als viele mystische und phantastische Erklärungen, die
man bishero über den Pentateuchum gemacht. Was vor eine
Menge politischer Anmerckungen aus denen Büchern der Kö-
nige/ Chronicken und andern gezogen werden können/ über-
lasse andern zu beurtheilen. (b) Handelte also ein Jurist un-

recht/
(a) Nützliche Be-
trachtung der
Mosaischen
Republique
und Gesetze,
Wenn ich von der Weißheit und Wichtigkeit der Mesaischen Gesetze und
der Mosaischen Republique genugsam überzeuget bin, so habe ich ver-
schiedene Vortheile davon. Jch erkenne deutlich, daß der Pentateuchus
von GOTT eingegeben worden. Jch erlange eine Erkenntniß von der
wahren Politic und der gemeinen Jrrthümer. Man findet hin und wie-
der bey einigen gute Gedancken von dieser Sache, aber niemand hat sol-
che nach Würden abgehandelt. Iosephus, Philo, Fleury, Jaquelot und
andere sind hierbey zu gebrauchen. Am gründlichsten aber hat biß hieher
der Herr Thomasius in seiner prudentia legislatoria cap. 7. 8. und 9. ge-
handelt. Gewißlich wenn man diese Einrichtung der Jüdischen Repu-
blique
und Gesetze derselben genau Acht giebet, so werden sich noch viele
verschtedene nützliche Anmerckungen heraus ziehen lassen. Conf.
Thomasius cit. loc.
(b) unnd Esdrä unnd
Nehemiä Re-
formation.
So kan man auch bey der Reformation die Esdras und Nehemias un-
ternommen, allerhand nützliche Anmerckungen machen. Man kan unter an-
dern daraus lernen, wie man einen verderbten Staat bessern muß. Man
siehet, daß nicht alles mit Gesetzen und Schärffe ausgerichtet. Man muß
Gütigkeit, Gelindigkeit, Bitten und Vermahnen dabey gebrauchen.
Vornehmlich aber muß man mit guten Exempeln vorgehen, und was der-
gleichen mehr ist.

Vorbericht von der Juriſten
koͤnte dergleichen mit viel beſſern Grund aus der Biebel her-
hohlen. Die Moſaiſche Policey wird allen andern vorgehen.
(a) Moſes hat die Juͤdiſche Republique auff GOttes Anord-
nung
eingerichtet. Die bey derſelben Einrichtung vorgeſtellte
goͤttliche Weißheit/ verdienet allerdings genauer als bishero
geſchehen/ erwogen zu werden. Wer will es alſo einem Juriſten
vor uͤbel nehmen/ wenn er die Buͤcher Moſis nach ſeinem vor-
geſetzten Zweck erleutert? Man ſolte einem/ der die hier zu
benoͤthigte Eigenſchafften beſaͤſſe allen Danck abſtatten/ wenn
er dergleichen unternehme. Sie wuͤrde auch mehr Nutzen
ſchaffen/ als viele myſtiſche und phantaſtiſche Erklaͤrungen, die
man bishero uͤber den Pentateuchum gemacht. Was vor eine
Menge politiſcher Anmerckungen aus denen Buͤchern der Koͤ-
nige/ Chronicken und andern gezogen werden koͤnnen/ uͤber-
laſſe andern zu beurtheilen. (b) Handelte alſo ein Juriſt un-

recht/
(a) Nuͤtzliche Be-
trachtung der
Moſaiſchen
Republique
und Geſetze,
Wenn ich von der Weißheit und Wichtigkeit der Meſaiſchen Geſetze und
der Moſaiſchen Republique genugſam uͤberzeuget bin, ſo habe ich ver-
ſchiedene Vortheile davon. Jch erkenne deutlich, daß der Pentateuchus
von GOTT eingegeben worden. Jch erlange eine Erkenntniß von der
wahren Politic und der gemeinen Jrrthuͤmer. Man findet hin und wie-
der bey einigen gute Gedancken von dieſer Sache, aber niemand hat ſol-
che nach Wuͤrden abgehandelt. Ioſephus, Philo, Fleury, Jaquelot und
andere ſind hierbey zu gebrauchen. Am gruͤndlichſten aber hat biß hieher
der Herr Thomaſius in ſeiner prudentia legislatoria cap. 7. 8. und 9. ge-
handelt. Gewißlich wenn man dieſe Einrichtung der Juͤdiſchen Repu-
blique
und Geſetze derſelben genau Acht giebet, ſo werden ſich noch viele
verſchtedene nuͤtzliche Anmerckungen heraus ziehen laſſen. Conf.
Thomaſius cit. loc.
(b) ũnd Esdraͤ ũnd
Nehemiaͤ Re-
formation.
So kan man auch bey der Reformation die Eſdras und Nehemias un-
ternommen, allerhand nuͤtzliche Anmerckungen machen. Man kan unter an-
dern daraus lernen, wie man einen verderbten Staat beſſern muß. Man
ſiehet, daß nicht alles mit Geſetzen und Schaͤrffe ausgerichtet. Man muß
Guͤtigkeit, Gelindigkeit, Bitten und Vermahnen dabey gebrauchen.
Vornehmlich aber muß man mit guten Exempeln vorgehen, und was der-
gleichen mehr iſt.
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[18/0037] Vorbericht von der Juriſten koͤnte dergleichen mit viel beſſern Grund aus der Biebel her- hohlen. Die Moſaiſche Policey wird allen andern vorgehen. (a) Moſes hat die Juͤdiſche Republique auff GOttes Anord- nung eingerichtet. Die bey derſelben Einrichtung vorgeſtellte goͤttliche Weißheit/ verdienet allerdings genauer als bishero geſchehen/ erwogen zu werden. Wer will es alſo einem Juriſten vor uͤbel nehmen/ wenn er die Buͤcher Moſis nach ſeinem vor- geſetzten Zweck erleutert? Man ſolte einem/ der die hier zu benoͤthigte Eigenſchafften beſaͤſſe allen Danck abſtatten/ wenn er dergleichen unternehme. Sie wuͤrde auch mehr Nutzen ſchaffen/ als viele myſtiſche und phantaſtiſche Erklaͤrungen, die man bishero uͤber den Pentateuchum gemacht. Was vor eine Menge politiſcher Anmerckungen aus denen Buͤchern der Koͤ- nige/ Chronicken und andern gezogen werden koͤnnen/ uͤber- laſſe andern zu beurtheilen. (b) Handelte alſo ein Juriſt un- recht/ (a) Wenn ich von der Weißheit und Wichtigkeit der Meſaiſchen Geſetze und der Moſaiſchen Republique genugſam uͤberzeuget bin, ſo habe ich ver- ſchiedene Vortheile davon. Jch erkenne deutlich, daß der Pentateuchus von GOTT eingegeben worden. Jch erlange eine Erkenntniß von der wahren Politic und der gemeinen Jrrthuͤmer. Man findet hin und wie- der bey einigen gute Gedancken von dieſer Sache, aber niemand hat ſol- che nach Wuͤrden abgehandelt. Ioſephus, Philo, Fleury, Jaquelot und andere ſind hierbey zu gebrauchen. Am gruͤndlichſten aber hat biß hieher der Herr Thomaſius in ſeiner prudentia legislatoria cap. 7. 8. und 9. ge- handelt. Gewißlich wenn man dieſe Einrichtung der Juͤdiſchen Repu- blique und Geſetze derſelben genau Acht giebet, ſo werden ſich noch viele verſchtedene nuͤtzliche Anmerckungen heraus ziehen laſſen. Conf. Thomaſius cit. loc. (b) So kan man auch bey der Reformation die Eſdras und Nehemias un- ternommen, allerhand nuͤtzliche Anmerckungen machen. Man kan unter an- dern daraus lernen, wie man einen verderbten Staat beſſern muß. Man ſiehet, daß nicht alles mit Geſetzen und Schaͤrffe ausgerichtet. Man muß Guͤtigkeit, Gelindigkeit, Bitten und Vermahnen dabey gebrauchen. Vornehmlich aber muß man mit guten Exempeln vorgehen, und was der- gleichen mehr iſt.

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/37>, abgerufen am 28.03.2024.