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Perthes, Friedrich Christoph: Der deutsche Buchhandel als Bedingung des Daseyns einer deutschen Literatur. 1816.

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nig Jahren sich dergestalt aufreiben müssen, daß kein
neues Buch verlegt, kein altes wieder gedruckt wer¬
den kann. Der Buchhandel wird aufhören und mit
ihm das Leben der deutschen Literatur; der Nach¬
druck wird ein gleiches Schicksal haben, und nur
spät, nach kostbaren, bittern Erfahrungen wird man
ein neues, einigeres Leben beginnen.

Vielleicht aber glaubt man, daß die Ausbildung
in den deutschen Staaten so gedeihen werde, daß Au¬
toren wie Spittler, Storr, Plouquet etc. nur für
Würtemberg, Thibaut, Martin, Hebel etc. nur für
Baden zu schreiben brauchen, und diese souverainen
Staaten auch die Kosten solcher Schriften und Werke
allein und gänzlich werden tragen können? Das wäre
freylich vortrefflich! Dann hätten wir eine Königl.
Würtembergische, eine Großherzogl. Badensche u. s. w.
Literatur, jede für sich fest und geschlossen; allein dies
Ziel scheint nicht so nahe zu liegen.

Oder man sieht auch Privilegien, die ja immer
gnädigst ertheilt werden, als Sicherungsmittel des
Verlags-Eigenthums an? Aber, selbst wenn es zu
erlangen wäre, daß diese Privilegien unentgeldlich ge¬
geben würden, so könnte es doch auf keinen Fall spor¬
telfrey
geschehen und diese Sporteln allein würden
mehr betragen, als Honorar und Druck zusammen,
da der Privilegien nicht etwan nur 17 (so viel als
Stimmen auf dem Bundestage sind) sondern 36

nig Jahren ſich dergeſtalt aufreiben muͤſſen, daß kein
neues Buch verlegt, kein altes wieder gedruckt wer¬
den kann. Der Buchhandel wird aufhoͤren und mit
ihm das Leben der deutſchen Literatur; der Nach¬
druck wird ein gleiches Schickſal haben, und nur
ſpaͤt, nach koſtbaren, bittern Erfahrungen wird man
ein neues, einigeres Leben beginnen.

Vielleicht aber glaubt man, daß die Ausbildung
in den deutſchen Staaten ſo gedeihen werde, daß Au¬
toren wie Spittler, Storr, Plouquet ꝛc. nur fuͤr
Wuͤrtemberg, Thibaut, Martin, Hebel ꝛc. nur fuͤr
Baden zu ſchreiben brauchen, und dieſe ſouverainen
Staaten auch die Koſten ſolcher Schriften und Werke
allein und gaͤnzlich werden tragen koͤnnen? Das waͤre
freylich vortrefflich! Dann haͤtten wir eine Koͤnigl.
Wuͤrtembergiſche, eine Großherzogl. Badenſche u. ſ. w.
Literatur, jede fuͤr ſich feſt und geſchloſſen; allein dies
Ziel ſcheint nicht ſo nahe zu liegen.

Oder man ſieht auch Privilegien, die ja immer
gnaͤdigſt ertheilt werden, als Sicherungsmittel des
Verlags-Eigenthums an? Aber, ſelbſt wenn es zu
erlangen waͤre, daß dieſe Privilegien unentgeldlich ge¬
geben wuͤrden, ſo koͤnnte es doch auf keinen Fall ſpor¬
telfrey
geſchehen und dieſe Sporteln allein wuͤrden
mehr betragen, als Honorar und Druck zuſammen,
da der Privilegien nicht etwan nur 17 (ſo viel als
Stimmen auf dem Bundestage ſind) ſondern 36

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[34/0040] nig Jahren ſich dergeſtalt aufreiben muͤſſen, daß kein neues Buch verlegt, kein altes wieder gedruckt wer¬ den kann. Der Buchhandel wird aufhoͤren und mit ihm das Leben der deutſchen Literatur; der Nach¬ druck wird ein gleiches Schickſal haben, und nur ſpaͤt, nach koſtbaren, bittern Erfahrungen wird man ein neues, einigeres Leben beginnen. Vielleicht aber glaubt man, daß die Ausbildung in den deutſchen Staaten ſo gedeihen werde, daß Au¬ toren wie Spittler, Storr, Plouquet ꝛc. nur fuͤr Wuͤrtemberg, Thibaut, Martin, Hebel ꝛc. nur fuͤr Baden zu ſchreiben brauchen, und dieſe ſouverainen Staaten auch die Koſten ſolcher Schriften und Werke allein und gaͤnzlich werden tragen koͤnnen? Das waͤre freylich vortrefflich! Dann haͤtten wir eine Koͤnigl. Wuͤrtembergiſche, eine Großherzogl. Badenſche u. ſ. w. Literatur, jede fuͤr ſich feſt und geſchloſſen; allein dies Ziel ſcheint nicht ſo nahe zu liegen. Oder man ſieht auch Privilegien, die ja immer gnaͤdigſt ertheilt werden, als Sicherungsmittel des Verlags-Eigenthums an? Aber, ſelbſt wenn es zu erlangen waͤre, daß dieſe Privilegien unentgeldlich ge¬ geben wuͤrden, ſo koͤnnte es doch auf keinen Fall ſpor¬ telfrey geſchehen und dieſe Sporteln allein wuͤrden mehr betragen, als Honorar und Druck zuſammen, da der Privilegien nicht etwan nur 17 (ſo viel als Stimmen auf dem Bundestage ſind) ſondern 36

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Zitationshilfe: Perthes, Friedrich Christoph: Der deutsche Buchhandel als Bedingung des Daseyns einer deutschen Literatur. 1816, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/perthes_buchhandel_1816/40>, abgerufen am 19.03.2024.