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Perthes, Friedrich Christoph: Der deutsche Buchhandel als Bedingung des Daseyns einer deutschen Literatur. 1816.

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spiele widerlegen.

Wo sind die Autoren, die seit funfzig Jahren
durch ihre Schriften Vermögen erwarben?

Wahr ist's, es haben in diesem Zeitraum Auto¬
ren durch Honorare anständig gelebt, die ohne dasselbe
Hunger gelitten oder nicht geschrieben hätten; mehr
aber ist nicht zu erweisen. Blicken wir unter Ver¬
storbenen auf solche, die sich nicht allein der Achtung
der Nation, sondern auch einer besondern Gunst des
Publikums viele Jahre hindurch zu erfreuen hatten,
auf die Klopstock, Wieland, Herder, Claudius, Schil¬
ler -- starben sie reich? Und doch lebte keiner von ihnen
allein von der Schriftstellerei.

Ueber die Verhältnisse Lebender hier öffentlich
zu sprechen, wäre unschicklich; eine Anführung indessen
sey hier erlaubt.

Kaum ein Schriftsteller möchte von seinen Schrif¬
ten als Autor und Selbstverleger so viel Gewinn ge¬
zogen haben, als Hr. Rath Campe zu Braunschweig.
Hat er aber nicht, als deutscher Gelehrter, dies Er¬
worbene bey Herausgabe seines deutschen Wörterbuchs
größtentheils wieder aufgeopfert? Und wenn Kritiker
dasselbe noch nicht als ein Vollendetes ansehen, wird
das Opfer nicht um so größer, da es einem Versuch
gebracht wurde, wodurch das Ideal nicht erreicht, nur
näher gerückt ist? Und warum drucken diejenigen,

von andern Seiten aus Erfahrung und durch Bey¬
ſpiele widerlegen.

Wo ſind die Autoren, die ſeit funfzig Jahren
durch ihre Schriften Vermoͤgen erwarben?

Wahr iſt's, es haben in dieſem Zeitraum Auto¬
ren durch Honorare anſtaͤndig gelebt, die ohne daſſelbe
Hunger gelitten oder nicht geſchrieben haͤtten; mehr
aber iſt nicht zu erweiſen. Blicken wir unter Ver¬
ſtorbenen auf ſolche, die ſich nicht allein der Achtung
der Nation, ſondern auch einer beſondern Gunſt des
Publikums viele Jahre hindurch zu erfreuen hatten,
auf die Klopſtock, Wieland, Herder, Claudius, Schil¬
ler — ſtarben ſie reich? Und doch lebte keiner von ihnen
allein von der Schriftſtellerei.

Ueber die Verhaͤltniſſe Lebender hier oͤffentlich
zu ſprechen, waͤre unſchicklich; eine Anfuͤhrung indeſſen
ſey hier erlaubt.

Kaum ein Schriftſteller moͤchte von ſeinen Schrif¬
ten als Autor und Selbſtverleger ſo viel Gewinn ge¬
zogen haben, als Hr. Rath Campe zu Braunſchweig.
Hat er aber nicht, als deutſcher Gelehrter, dies Er¬
worbene bey Herausgabe ſeines deutſchen Woͤrterbuchs
groͤßtentheils wieder aufgeopfert? Und wenn Kritiker
daſſelbe noch nicht als ein Vollendetes anſehen, wird
das Opfer nicht um ſo groͤßer, da es einem Verſuch
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[24/0030] von andern Seiten aus Erfahrung und durch Bey¬ ſpiele widerlegen. Wo ſind die Autoren, die ſeit funfzig Jahren durch ihre Schriften Vermoͤgen erwarben? Wahr iſt's, es haben in dieſem Zeitraum Auto¬ ren durch Honorare anſtaͤndig gelebt, die ohne daſſelbe Hunger gelitten oder nicht geſchrieben haͤtten; mehr aber iſt nicht zu erweiſen. Blicken wir unter Ver¬ ſtorbenen auf ſolche, die ſich nicht allein der Achtung der Nation, ſondern auch einer beſondern Gunſt des Publikums viele Jahre hindurch zu erfreuen hatten, auf die Klopſtock, Wieland, Herder, Claudius, Schil¬ ler — ſtarben ſie reich? Und doch lebte keiner von ihnen allein von der Schriftſtellerei. Ueber die Verhaͤltniſſe Lebender hier oͤffentlich zu ſprechen, waͤre unſchicklich; eine Anfuͤhrung indeſſen ſey hier erlaubt. Kaum ein Schriftſteller moͤchte von ſeinen Schrif¬ ten als Autor und Selbſtverleger ſo viel Gewinn ge¬ zogen haben, als Hr. Rath Campe zu Braunſchweig. Hat er aber nicht, als deutſcher Gelehrter, dies Er¬ worbene bey Herausgabe ſeines deutſchen Woͤrterbuchs groͤßtentheils wieder aufgeopfert? Und wenn Kritiker daſſelbe noch nicht als ein Vollendetes anſehen, wird das Opfer nicht um ſo groͤßer, da es einem Verſuch gebracht wurde, wodurch das Ideal nicht erreicht, nur naͤher geruͤckt iſt? Und warum drucken diejenigen,

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Zitationshilfe: Perthes, Friedrich Christoph: Der deutsche Buchhandel als Bedingung des Daseyns einer deutschen Literatur. 1816, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/perthes_buchhandel_1816/30>, abgerufen am 25.04.2024.