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Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801.

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kühle Weltmeer allgemeiner Gespräche ein, in
das nur zuweilen der Sohn eine grüne warme
Insel herauf trieb. Alban sah zu, wie Liane
ihre musivischen Blumenstücke wachsen ließ; wie
die kleine weisse Hand auf dem schwarzen At¬
lasgrunde (Froulays Thorax soll an seinem
Geburtstage die Blumen anziehen) lag, und
wie ihre reine Stirn, von gekräuselten Haaren
durchsichtig überwebt, sich vorbückte und wie
sich ihr Angesicht, wenn sie sprach oder wenn
sie neue seidene Farben suchte, mit dem höhern
Feuer der Arbeit im Auge und auf der Wange
beseelet aufrichtete. Karl streckte ihr zuweilen
hastig die Hand entgegen. Sie reichte ihre wil¬
lig hinüber, er legte sie zwischen seine beiden
und wandte sie um, sah in die inwendige,
drückte sie mit beiden und die Geschwister lä¬
chelten einander liebreich an. Und da lächelte
Albano allemal treuherzig aus den Gesprächen
mit der Mutter mit herein. Aber armer Held! --
Schon an sich ists herkulische Arbeit, neben ei¬
ner feinen müßig zu sitzen, neben Sticken, Mi¬
niaturmalen u. s. w.; aber vollends mit dei¬
nem Geiste, der so viele Seegel nebst einem

kühle Weltmeer allgemeiner Geſpräche ein, in
das nur zuweilen der Sohn eine grüne warme
Inſel herauf trieb. Alban ſah zu, wie Liane
ihre muſiviſchen Blumenſtücke wachſen ließ; wie
die kleine weiſſe Hand auf dem ſchwarzen At¬
lasgrunde (Froulays Thorax ſoll an ſeinem
Geburtstage die Blumen anziehen) lag, und
wie ihre reine Stirn, von gekräuſelten Haaren
durchſichtig überwebt, ſich vorbückte und wie
ſich ihr Angeſicht, wenn ſie ſprach oder wenn
ſie neue ſeidene Farben ſuchte, mit dem höhern
Feuer der Arbeit im Auge und auf der Wange
beſeelet aufrichtete. Karl ſtreckte ihr zuweilen
haſtig die Hand entgegen. Sie reichte ihre wil¬
lig hinüber, er legte ſie zwiſchen ſeine beiden
und wandte ſie um, ſah in die inwendige,
drückte ſie mit beiden und die Geſchwiſter lä¬
chelten einander liebreich an. Und da lächelte
Albano allemal treuherzig aus den Geſprächen
mit der Mutter mit herein. Aber armer Held! —
Schon an ſich iſts herkuliſche Arbeit, neben ei¬
ner feinen müßig zu ſitzen, neben Sticken, Mi¬
niaturmalen u. ſ. w.; aber vollends mit dei¬
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[42/0050] kühle Weltmeer allgemeiner Geſpräche ein, in das nur zuweilen der Sohn eine grüne warme Inſel herauf trieb. Alban ſah zu, wie Liane ihre muſiviſchen Blumenſtücke wachſen ließ; wie die kleine weiſſe Hand auf dem ſchwarzen At¬ lasgrunde (Froulays Thorax ſoll an ſeinem Geburtstage die Blumen anziehen) lag, und wie ihre reine Stirn, von gekräuſelten Haaren durchſichtig überwebt, ſich vorbückte und wie ſich ihr Angeſicht, wenn ſie ſprach oder wenn ſie neue ſeidene Farben ſuchte, mit dem höhern Feuer der Arbeit im Auge und auf der Wange beſeelet aufrichtete. Karl ſtreckte ihr zuweilen haſtig die Hand entgegen. Sie reichte ihre wil¬ lig hinüber, er legte ſie zwiſchen ſeine beiden und wandte ſie um, ſah in die inwendige, drückte ſie mit beiden und die Geſchwiſter lä¬ chelten einander liebreich an. Und da lächelte Albano allemal treuherzig aus den Geſprächen mit der Mutter mit herein. Aber armer Held! — Schon an ſich iſts herkuliſche Arbeit, neben ei¬ ner feinen müßig zu ſitzen, neben Sticken, Mi¬ niaturmalen u. ſ. w.; aber vollends mit dei¬ nem Geiſte, der ſo viele Seegel nebſt einem

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 2. Berlin, 1801, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan02_1801/50>, abgerufen am 28.03.2024.