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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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Erwähnung oder Schmeichelei eines Ichs, des
fremden so gut wie des eignen ausschliesset,
und sogar historischer Personen nur als Be¬
dingungen von Sachen gedenkt -- so daß
zwei solche Nicht-Ichs mit ihrer grimmigen
Kälte, nur zwei sprechende Logiken oder Wis¬
senschaften zu seyn scheinen, aber keine Wesen
mit schlagenden Herzen: o! wie sanft floß es,
wie eine weiche Tonart in Albanos liebewun¬
des Herz, -- das der hellere und lauere Mond
und der insularische dämmernde Kindergarten
seiner ersten Vorzeit, und die in seiner Seele
laut fort- und nachklingende Stimme seiner
Mutter gewaltsam auflöseten, -- als nun der
Vater sagte: "Das hab' ich von der Gräfinn
"zu sagen. Von mir hab' ich dir nichts zu sa¬
"gen, als meine bisherige Zufriedenheit mit
"deinem bisherigen Leben." -- "O geben Sie,
"theuerster Vater, meinem künftigen Gebote,
"Lehre und Rath" sagte der begeisterte Mensch,
und Gaspards rechter Hand, die nach dem
schnellern Herzen zuckte, folgt' er mit seiner
Linken an die sieche Stelle und drückte heftig
das hysterische Herz, als könn' er diesem berg¬

Erwähnung oder Schmeichelei eines Ichs, des
fremden ſo gut wie des eignen ausſchlieſſet,
und ſogar hiſtoriſcher Perſonen nur als Be¬
dingungen von Sachen gedenkt — ſo daß
zwei ſolche Nicht-Ichs mit ihrer grimmigen
Kälte, nur zwei ſprechende Logiken oder Wiſ¬
ſenſchaften zu ſeyn ſcheinen, aber keine Weſen
mit ſchlagenden Herzen: o! wie ſanft floß es,
wie eine weiche Tonart in Albanos liebewun¬
des Herz, — das der hellere und lauere Mond
und der inſulariſche dämmernde Kindergarten
ſeiner erſten Vorzeit, und die in ſeiner Seele
laut fort- und nachklingende Stimme ſeiner
Mutter gewaltſam auflöſeten, — als nun der
Vater ſagte: „Das hab' ich von der Gräfinn
„zu ſagen. Von mir hab' ich dir nichts zu ſa¬
„gen, als meine bisherige Zufriedenheit mit
„deinem bisherigen Leben.“ — „O geben Sie,
„theuerſter Vater, meinem künftigen Gebote,
„Lehre und Rath“ ſagte der begeiſterte Menſch,
und Gaſpards rechter Hand, die nach dem
ſchnellern Herzen zuckte, folgt' er mit ſeiner
Linken an die ſieche Stelle und drückte heftig
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[61/0081] Erwähnung oder Schmeichelei eines Ichs, des fremden ſo gut wie des eignen ausſchlieſſet, und ſogar hiſtoriſcher Perſonen nur als Be¬ dingungen von Sachen gedenkt — ſo daß zwei ſolche Nicht-Ichs mit ihrer grimmigen Kälte, nur zwei ſprechende Logiken oder Wiſ¬ ſenſchaften zu ſeyn ſcheinen, aber keine Weſen mit ſchlagenden Herzen: o! wie ſanft floß es, wie eine weiche Tonart in Albanos liebewun¬ des Herz, — das der hellere und lauere Mond und der inſulariſche dämmernde Kindergarten ſeiner erſten Vorzeit, und die in ſeiner Seele laut fort- und nachklingende Stimme ſeiner Mutter gewaltſam auflöſeten, — als nun der Vater ſagte: „Das hab' ich von der Gräfinn „zu ſagen. Von mir hab' ich dir nichts zu ſa¬ „gen, als meine bisherige Zufriedenheit mit „deinem bisherigen Leben.“ — „O geben Sie, „theuerſter Vater, meinem künftigen Gebote, „Lehre und Rath“ ſagte der begeiſterte Menſch, und Gaſpards rechter Hand, die nach dem ſchnellern Herzen zuckte, folgt' er mit ſeiner Linken an die ſieche Stelle und drückte heftig das hyſteriſche Herz, als könn' er dieſem berg¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/81>, abgerufen am 29.03.2024.