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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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"ger!" -- Das Herz des Fürsten sollte hier
zur Asche werden im Altare.

Ach nach diesen starren Szenen linderte es
seine Seele bis zu Thränen, hier Menschen¬
worte zu finden und einen Menschenschlaf und
die Erinnerung an Gott; aber als er gerührt
dem Schläfer zusah, sagte ihm plötzlich die
Schwesterstimme, die er auf Isola bella gehört,
leise ins Ohr: Linda de Romeiro geb' ich dir. --
-- Ach guter Gott! rief er und fuhr herum --
und nichts war um ihn -- und er hielt sich an die
Altarecke -- "Linda de Romeiro geb' ich dir"
sagte es wieder -- fürchterlich packte ihn der Ge¬
danke, der schwebende Leichenkopf rede neben
ihm -- und er riß am festen Schläfer, der nicht
erwachte -- und riß und rief noch gewaltsa¬
mer, als die Stimme zum drittenmale sprach.

"Wie? -- (sagte der Schlaftrunkene) Gleich!
"-- Was will Er? -- Sie?" und richtete sich
unwillig und gähnend auf, aber er fiel bei dem
Anblicke des nackten Degens wieder auf die
Kniee und sagte: "Barmherzigkeit! ich will ja
"alles hergeben!" --

"Zesara!" rief es im Walde, "Zesara, wo

„ger!“ — Das Herz des Fürſten ſollte hier
zur Aſche werden im Altare.

Ach nach dieſen ſtarren Szenen linderte es
ſeine Seele bis zu Thränen, hier Menſchen¬
worte zu finden und einen Menſchenſchlaf und
die Erinnerung an Gott; aber als er gerührt
dem Schläfer zuſah, ſagte ihm plötzlich die
Schweſterſtimme, die er auf Isola bella gehört,
leiſe ins Ohr: Linda de Romeiro geb' ich dir. —
— Ach guter Gott! rief er und fuhr herum —
und nichts war um ihn — und er hielt ſich an die
Altarecke — „Linda de Romeiro geb' ich dir“
ſagte es wieder — fürchterlich packte ihn der Ge¬
danke, der ſchwebende Leichenkopf rede neben
ihm — und er riß am feſten Schläfer, der nicht
erwachte — und riß und rief noch gewaltſa¬
mer, als die Stimme zum drittenmale ſprach.

„Wie? — (ſagte der Schlaftrunkene) Gleich!
„— Was will Er? — Sie?“ und richtete ſich
unwillig und gähnend auf, aber er fiel bei dem
Anblicke des nackten Degens wieder auf die
Kniee und ſagte: „Barmherzigkeit! ich will ja
„alles hergeben!“ —

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[503/0523] „ger!“ — Das Herz des Fürſten ſollte hier zur Aſche werden im Altare. Ach nach dieſen ſtarren Szenen linderte es ſeine Seele bis zu Thränen, hier Menſchen¬ worte zu finden und einen Menſchenſchlaf und die Erinnerung an Gott; aber als er gerührt dem Schläfer zuſah, ſagte ihm plötzlich die Schweſterſtimme, die er auf Isola bella gehört, leiſe ins Ohr: Linda de Romeiro geb' ich dir. — — Ach guter Gott! rief er und fuhr herum — und nichts war um ihn — und er hielt ſich an die Altarecke — „Linda de Romeiro geb' ich dir“ ſagte es wieder — fürchterlich packte ihn der Ge¬ danke, der ſchwebende Leichenkopf rede neben ihm — und er riß am feſten Schläfer, der nicht erwachte — und riß und rief noch gewaltſa¬ mer, als die Stimme zum drittenmale ſprach. „Wie? — (ſagte der Schlaftrunkene) Gleich! „— Was will Er? — Sie?“ und richtete ſich unwillig und gähnend auf, aber er fiel bei dem Anblicke des nackten Degens wieder auf die Kniee und ſagte: „Barmherzigkeit! ich will ja „alles hergeben!“ — „Zeſara!“ rief es im Walde, „Zeſara, wo

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/523>, abgerufen am 24.04.2024.