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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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"mel und der Zypressenwald drüben seine Prin¬
"zessinsteuer in Kühle -- die Schiffe werden
"ihren Rhein- und Neckarzoll nicht defraudiren
"sondern ihn dadurch erlegen, daß sie sich von
"weitem zeigen." -- --

Es wird mir nicht schwer zu merken, daß
Schoppe durch diese scherzhaften Vexierzüge die
heftigen Bewegungen in Cesarens Kopf und
Herzen brechen wollte; denn noch immer gieng
der Glanz der Morgenentzückung, wiewohl der
Jüngling über kleinere Dinge unbefangen
sprach, nicht von dessen Gesicht. In ihm zit¬
terte jede Erschütterung lange -- und eine am
Morgen den ganzen Tag -- und zwar darum
nach, weswegen eine Sturmglocke länger nach¬
summt als eine Schafglocke; gleichwohl konn¬
te ein solcher Nachklang weder seine Aufmerk¬
samkeit noch seine Werke und Gespräche stören.

Mittags wollte der Ritter kommen. Bis
dahin schwärmten und sumseten sie stiller-genies¬
send mit Bienenflügeln und Bienenrüsseln durch
die honigreiche Flora der Insel; und sie hatten
jene heitere Unbefangenheit der Kinder, der Künst¬
ler, und der südlichen Völker, die nur den Ho¬

mel und der Zypreſſenwald drüben ſeine Prin¬
„zeſſinſteuer in Kühle — die Schiffe werden
„ihren Rhein- und Neckarzoll nicht defraudiren
„ſondern ihn dadurch erlegen, daß ſie ſich von
„weitem zeigen.“ — —

Es wird mir nicht ſchwer zu merken, daß
Schoppe durch dieſe ſcherzhaften Vexierzüge die
heftigen Bewegungen in Ceſarens Kopf und
Herzen brechen wollte; denn noch immer gieng
der Glanz der Morgenentzückung, wiewohl der
Jüngling über kleinere Dinge unbefangen
ſprach, nicht von deſſen Geſicht. In ihm zit¬
terte jede Erſchütterung lange — und eine am
Morgen den ganzen Tag — und zwar darum
nach, weswegen eine Sturmglocke länger nach¬
ſummt als eine Schafglocke; gleichwohl konn¬
te ein ſolcher Nachklang weder ſeine Aufmerk¬
ſamkeit noch ſeine Werke und Geſpräche ſtören.

Mittags wollte der Ritter kommen. Bis
dahin ſchwärmten und ſumſeten ſie ſtiller-genies¬
ſend mit Bienenflügeln und Bienenrüſſeln durch
die honigreiche Flora der Inſel; und ſie hatten
jene heitere Unbefangenheit der Kinder, der Künſt¬
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[26/0046] „mel und der Zypreſſenwald drüben ſeine Prin¬ „zeſſinſteuer in Kühle — die Schiffe werden „ihren Rhein- und Neckarzoll nicht defraudiren „ſondern ihn dadurch erlegen, daß ſie ſich von „weitem zeigen.“ — — Es wird mir nicht ſchwer zu merken, daß Schoppe durch dieſe ſcherzhaften Vexierzüge die heftigen Bewegungen in Ceſarens Kopf und Herzen brechen wollte; denn noch immer gieng der Glanz der Morgenentzückung, wiewohl der Jüngling über kleinere Dinge unbefangen ſprach, nicht von deſſen Geſicht. In ihm zit¬ terte jede Erſchütterung lange — und eine am Morgen den ganzen Tag — und zwar darum nach, weswegen eine Sturmglocke länger nach¬ ſummt als eine Schafglocke; gleichwohl konn¬ te ein ſolcher Nachklang weder ſeine Aufmerk¬ ſamkeit noch ſeine Werke und Geſpräche ſtören. Mittags wollte der Ritter kommen. Bis dahin ſchwärmten und ſumſeten ſie ſtiller-genies¬ ſend mit Bienenflügeln und Bienenrüſſeln durch die honigreiche Flora der Inſel; und ſie hatten jene heitere Unbefangenheit der Kinder, der Künſt¬ ler, und der ſüdlichen Völker, die nur den Ho¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/46>, abgerufen am 19.04.2024.